Ukraine-Krieg, Tag 103: Selenskyj spricht von heikler Lage im Osten des Landes

Kiew (Ukraine) - Seit 103 Tagen führt Russland inzwischen Krieg gegen die Ukraine. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (44) forderte erneut, dass der Krieg "so schnell wie möglich beendet werden" muss. Ein Ende der Kampfhandlungen ist jedoch noch immer nicht in Sicht. Alle aktuellen Entwicklungen findet Ihr hier im TAG24-Liveticker.

Ein beschädigtes Gebäude in einem Eisenbahnausbesserungswerk in Kiew nach einer Reihe von russischen Luftangriffen auf das Gebiet.
Ein beschädigtes Gebäude in einem Eisenbahnausbesserungswerk in Kiew nach einer Reihe von russischen Luftangriffen auf das Gebiet.  © Daniel Ceng Shou-Yi/ZUMA Press Wire/dpa

Das Verteidigungsministerium in Kiew hat erneut vor der Gefahr neuer Attacken gewarnt: "Wir haben immer offen gesagt, dass Kiew ständig der Bedrohung ausgesetzt ist", sagte Vizeverteidigungsministerin Hanna Maljar.

Auch wenn viele Menschen inzwischen zurückkehrten: "Wir sollten trotzdem begreifen, dass der Krieg in einer heißen Phase ist und Kiew als Hauptziel der Russischen Föderation erhalten bleibt."

In der Nacht zum Montag gab es erneut Luftalarm in Kiew. Russland beklagt derweil, dass die Ukraine die Verhandlungen über ein Ende der Kampfhandlungen auf Eis gelegt habe.

Hamburgs Bürgermeister Tschentscher überraschend nach Kiew gereist
Ukraine Hamburgs Bürgermeister Tschentscher überraschend nach Kiew gereist

Die wichtigsten Geschehnisse des gestrigen Tages könnt Ihr im TAG24-Ticker vom Sonntag nachlesen. Alle Entwicklungen im Zuge des Krieges in der Ukraine am heutigen Montag (6. Juni) gibt es wie gewohnt hier in unserem Liveticker.

20.47 Uhr: Selenskyj sieht heikle Lage in Ostukraine

In der Ostukraine leisten ukrainische Truppen unvermindert Widerstand gegen die russischen Angriffe, doch die Situation spitzt sich immer mehr zu.

"Wir halten die Lage, halten eben die Lage", sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj am Montag der Agentur Interfax-Ukraine zufolge mit Blick auf die Stadt Sjewjerodonezk. "Dennoch haben wir alle Chancen, in dieser Richtung weiter zu kämpfen", betonte der 44-Jährige.

Der ukrainische Armeesprecher Olexander Motusjanyk berichtete von intensiven Kämpfen "praktisch entlang der gesamten Frontlinie in den Gebieten Luhansk und Donezk". Die russische Luftwaffe habe 39 Einsätze für Luftschläge auch außerhalb der Ostukraine geflogen. Selenskyj betonte, für die ukrainischen Truppen gebe es "schrittweise" Erfolge im angrenzenden Gebiet Charkiw.

Am bedrohlichsten sei die Situation jedoch im Gebiet Saporischschja, in dem die russische Armee die Gebietshauptstadt bedrohe. Selenskyj hatte die Region am Sonntag besucht und sich auch unmittelbar an der Front aufgehalten.

Wolodymyr Selenskyj (44), Präsident der Ukraine.
Wolodymyr Selenskyj (44), Präsident der Ukraine.  © Uncredited/Ukrainian Presidential Press Office/AP/dpa

20.20 Uhr: UN-Vertreter Russlands verlässt während Rede von EU-Ratschef den Raum

Während einer Rede von EU-Ratschef Charles Michel hat Russlands UN-Botschafter Wassili Nebensja den UN-Sicherheitsrat verlassen.

Michel hatte den russischen Vertreter bei dem Treffen des Rates zum Krieg in der Ukraine am Montag in New York zuvor direkt adressiert und dem Kreml unter anderem den Diebstahl von Getreide aus der Ukraine vorgeworfen. Daraufhin verließ Nebensja, der zuvor schon eine Rede gehalten und auch von Vertretern anderer Länder gegen Russland vorgebrachte Vorwürfe zum wiederholten Mal zurückgewiesen hatte, den Rat.

"Sie können den Raum verlassen, lieber Herr Botschafter, vielleicht ist es einfacher, der Wahrheit nicht zuzuhören", kommentierte Michel.

20.19 Uhr: Roth will Odessa bei Bewerbung für Weltkulturerbe unterstützen

Kulturstaatsministerin Claudia Roth will der ukrainischen Stadt Odessa bei der Bewerbung zum Unesco-Welterbe helfen.

Das sicherte die Grünen-Politikerin am Montag dem ukrainischen Kulturminister Olexandr Tkatschenko und dem Bürgermeister der südwestukrainischen Stadt, Hennadij Truchanow, zu. "Deutschland unterstützt diese Bewerbung", sagte Roth im Namen der Bundesregierung.

Die Stadt sei offensichtlich in einer Notsituation, überall sei zu sehen, wie Kunstwerke vor den Angriffen beschützt würden. "Die ukrainische Regierung ist nicht allein", versicherte Roth. Sie wolle sich auch bei ihren Kolleginnen und Kollegen anderer Länder für die Bewerbung Odessas stark machen.

18.50 Uhr: Athen: Schützenpanzer an Ukraine nur nach Erhalt deutscher Panzer

Griechenland wird seine rund 100 Schützenpanzer sowjetischer Bauart aus DDR-Beständen nur dann an die Ukraine liefern, wenn die dafür versprochenen deutschen Schützenpanzer auch tatsächlich in Griechenland angekommen sind. Das betonte Regierungssprecher Giannis Oikonomou bei einer Pressekonferenz am Montag in Athen.

Hintergrund ist der Konflikt des Landes mit der Türkei: Athen hatte bereits im Mai angekündigt, man werde nur dann schwere Waffen an die Ukraine liefern, wenn diese umgehend ersetzt würden, weil die griechischen Inseln nicht ungeschützt bleiben dürften. Die Türkei stellt aktuell die Souveränität etlicher Eilande in der östlichen Ägäis in Frage. Die griechischen Streitkräfte sind deshalb in Alarmbereitschaft.

Premier Kyriakos Mitsotakis hatte Bundeskanzler Olaf Scholz den "Ringtausch" von Panzern vergangene Woche grundsätzlich zugesagt. Die griechische Regierung geriet allerdings anschließend unter Beschuss der Opposition, die kritisierte, die Inseln dürften durch den Ringtausch nicht ungeschützt bleiben.

18.16 Uhr: Ukraine meldet Erfolge gegen russische Schwarzmeer-Flotte

Der ukrainischen Armee ist es nach eigenen Angaben gelungen, die russische Flotte auf mehr als 100 Kilometer Entfernung von der Schwarzmeerküste des Landes zurückzudrängen.

Der russischen Flotte sei die "totale Kontrolle über den Nordwesten des Schwarzen Meers entzogen" worden, teilte das Verteidigungsministerium in Kiew am Montag über den Onlinedienst Telegram mit.

Russland versuche aber, die Kontrolle über das Meeresgebiet zurückzuerobern, den Städten an der Küste drohten weiterhin russische Raketenangriffe. Zudem blockiere die russische Flotte weiterhin die zivile Schifffahrt, erklärte das Ministerium. Als Reaktion auf die ukrainischen Erfolge im Schwarzen Meer hätten die russischen Streitkräfte Systeme zur Küstenverteidigung auf die Halbinsel Krim und das von Russland besetzte Gebiet rund um die Stadt Cherson verlegen müssen.

Zudem wurden nach Angaben des ukrainischen Verteidigungsministeriums zusätzliche russische Kräfte auf der russisch besetzten Schlangeninsel stationiert.

Die Schlangeninsel im Schwarzen Meer.
Die Schlangeninsel im Schwarzen Meer.  © Uncredited/Maxar Technologies/AP/dpa

18.14 Uhr: Streit um russische Äußerungen - Italien bestellt Botschafter ein

Italiens Außenministerium hat den russischen Botschafter wegen anhaltender Vorwürfe gegen italienische Medien und Vertreter von Institutionen einbestellt.

Generalsekretär Ettore Francesco Sequi habe bei dem Treffen die russischen Anschuldigungen, einige Vertreter Italiens und Medien verhielten sich unmoralisch, zurückgewiesen, teilte das italienische Außenministerium am Montag in Rom mit. Außerdem habe der Diplomat den Verdacht einer Beteiligung italienischer Medien an einer "anti-russischen Kampagne" bestritten.

In einer Mitteilung der russischen Vertretung in Italien hieß es später, man könne die "Propagandalinie" in italienischen Medien kaum anders als "feindselig" bezeichnen. Ein Bericht des russischen Außenministeriums sprach zuvor von einer "offenen anti-russischen Kampagne" in italienischen Medien. Informationen beruhten nur auf westlichen oder ukrainischen Quellen, was das Verhalten von Italienern gegenüber in Italien lebenden Russen beeinflusse.

18.12 Uhr: Lettland sperrt in Russland registrierte Fernsehkänale

Lettland stellt nach der Sperre von mehreren russischen Staatssendern die Ausstrahlung von allen in Russland registrierten Fernsehkanälen ein.

Dies sagte der Vorsitzende des Nationalen Rats für elektronische Massenmedien (NEPLP), Ivars Abolins, am Montag der lettischen Nachrichtenagentur Leta. Betroffen von der am 9. Juni in Kraft tretenden Sperre sind demnach 80 Fernsehsender.

Das Sendeverbot basiert nach Angaben von Abolins auf Änderungen am Gesetz zu elektronischen Massenmedien. Demnach dürften TV-Kanäle, die in einem Land registriert sind, das die territoriale Unversehrtheit und Unabhängigkeit eines anderen Landes bedroht, in Lettland nicht ausgestrahlt werden. Die Sperre bleibe solange in Kraft, bis Russland seinen Krieg gegen die Ukraine beendet und die annektierte Krim an die Ukraine zurückgibt.

Lettland hatte nach Russlands Angriff auf die Ukraine bereits mehrere russischsprachige Fernsehsender gesperrt. Damit sollen nach Angaben des NEPLP Gefahren für die nationale Sicherheit des baltischen EU- und Nato-Landes mit großer russischer Minderheit verhindert werden.

18.10 Uhr: Russisches Flugzeug darf Sri Lanka wieder verlassen

Ein zeitweise auf Sri Lanka festgesetztes russisches Passagierflugzeug hat den Inselstaat wieder verlassen dürfen. Ein Gericht in der Hauptstadt Colombo erlaubte dies am Montag.

Noch vergangene Woche hatte das Gericht dem Flieger der Fluggesellschaft Aeroflot verboten, das Land zu verlassen. Der Grund für das Verbot war nach Angaben des Gerichts ein hängendes Schiedsgerichtsverfahren in Großbritannien, bei dem eine irische Leasingfirma, die Anspruch auf das Flugzeug erhebt, wegen Nicht-Zahlung von Leasinggebühren gegen Aeroflot vorgehe.

Der Flieger verließ den Bandaranaike International Airport am Montagabend (Ortszeit), wie Daten auf Flugtracking-Seiten zeigten. Ursprünglich sollte die Maschine am vergangenen Donnerstag mit 191 Passagieren nach Russland fliegen.

Sri Lanka positioniert sich zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine neutral. Das stark vom Tourismus abhängige und verschuldete Land erlebt derzeit seine schlimmste Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten. Colombo hat Moskau um Treibstoffhilfe gebeten. Außerdem sind russische Touristen wichtig für das Land.

17.57 Uhr: Zwei Ukrainerinnen unter Todesopfern von Garmisch-Partenkirchen

Unter den vier beim Zugunglück von Garmisch-Partenkirchen getöteten Frauen sind auch zwei Mütter aus der Ukraine, die mit ihren Kindern nach Bayern geflüchtet waren.

Das fünfte Todesopfer sei ein 14-Jähriger aus der Region, sagte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Pfingstmontag dem Bayerischen Rundfunk. Eine Person schwebe weiterhin in Lebensgefahr.

Eine Frau war auf dem Weg ins Krankenhaus gestorben. Die drei anderen Frauen und der Junge konnten erst am Samstag unter den umgestürzten Waggons geborgen werden.

Nach dem Zugunglück bei Garmisch-Partenkirchen gehen die Aufräumarbeiten weiter.
Nach dem Zugunglück bei Garmisch-Partenkirchen gehen die Aufräumarbeiten weiter.  © Uwe Lein/dpa

17.55 Uhr: Scholz besucht deutsche Soldaten an der Nato-Ostflanke

Erstmals seit Beginn des Ukraine-Kriegs besucht Bundeskanzler Olaf Scholz am Dienstag mit Litauen ein Nato-Land, das an Russland grenzt und sich durch die Atommacht besonders stark bedroht fühlt.

Am Dienstag wird der SPD-Politiker in der Hauptstadt Vilnius zusammen mit dem litauischen Präsidenten Gitanas Nauseda die Regierungschefs aller drei baltischen Staaten treffen, zu denen neben Litauen auch Lettland und Estland zählen. Anschließend besucht er auf dem Truppenübungsplatz bei Prabade Bundeswehrsoldaten, die in Litauen zur Sicherung der Nato-Ostflanke stationiert sind.

Titelfoto: Uncredited/Ukrainian Presidential Press Office/AP/dpa

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