Ukraine-Krieg, Tag 74: Selenskyj glaubt momentan nicht an Chance auf Befreiung von Mariupol

Ukraine - Seit 74 Tagen führt Russland Krieg gegen die Ukraine. Dort wächst die Angst vor verstärkten russischen Luftangriffen im Zusammenhang mit dem bevorstehenden 9. Mai. Alle aktuellen Entwicklungen im TAG24-Liveticker.

Eine Frau im Rollstuhl wartet im Bahnhof von Pokrowsk auf ihre Evakuierung in die Stadt Dnipro.
Eine Frau im Rollstuhl wartet im Bahnhof von Pokrowsk auf ihre Evakuierung in die Stadt Dnipro.  © Celestino Arce Lavin/ZUMA Press Wire/dpa

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (44) hat die Zerstörung von Kulturgütern in der Ukraine durch russische Truppen beklagt.

In dem seit zweieinhalb Monaten dauernden Angriffskrieg seien 200 Kulturerbestätten getroffen worden, sagte Selenskyj in einer Videoansprache vom Samstagabend in Kiew.

Als ein Beispiel nannte er den Raketentreffer auf das Museum des bedeutenden ukrainischen Dichters und Philosophen Hryhorij Skoworoda (1722-94) im Gebiet Charkiw in der Nacht zuvor.

Berliner Bürgermeister eröffnen Prothesenzentrum für Kriegsverletzte aus der Ukraine
Ukraine Berliner Bürgermeister eröffnen Prothesenzentrum für Kriegsverletzte aus der Ukraine

"Leider kehrt das Böse zurück, wenn Menschen die Rechte anderer Menschen missachten, das Gesetz missachten und die Kultur zerstören", sagte Selenskyj.

Deshalb verteidige die Ukraine ihr Volk, ihre Städte und ihre Museen gegen Russland. Am Sonntag und Montag gedenke die Welt des Sieges über den Nationalsozialismus im Zweiten Weltkrieg. Doch das russische Vorgehen zeige, "dass es unmöglich ist, das Böse ein für alle Mal zu besiegen".

Die Geschehnisse des gestrigen Tages (7. Mai) könnt Ihr im TAG24-Ticker vom Samstag nachlesen. Alle neuen Entwicklungen im Zuge des Krieges in der Ukraine am heutigen Sonntag, 8. Mai, gibt es wie gewohnt hier in unserem Liveticker.

21.35 Uhr: Selenskyj glaubt momentan nicht an Chance auf Befreiung von Mariupol

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (44) hat eine Befreiung der von russischen Truppen besetzten Hafenstadt Mariupol derzeit ausgeschlossen.

"Die Ukraine hat nicht genügend schwere Waffen, um Mariupol auf militärischem Wege zu befreien", sagte Selenskyj bei einer Pressekonferenz mit Kanadas Regierungschef Justin Trudeau (50), der am Sonntag in Kiew zu einem Solidaritätsbesuch angereist war.

Immerhin sei es auf diplomatischem Wege gelungen, Zivilisten aus dem belagerten Stahlwerk Azovstal herauszuholen, sagte Selenskyj. Für die verbliebenen ukrainischen Soldaten gestalte sich eine Evakuierung aber schwierig.

"Die russischen Soldaten, die russische Armee, die Armeeführung und die politische Führung der Russischen Föderation wollen unsere Soldaten nicht herauslassen", sagte der ukrainische Staatschef. Kiew habe die Türkei, Israel, Frankreich, die Schweiz, die Vereinten Nationen und das Internationale Komitee vom Roten Kreuz um Vermittlung gebeten.

Zuletzt hatte auch der Vorsteher der größten ukrainisch-orthdoxen Kirche des Moskauer Patriarchats, Onufrij, den russischen Präsidenten Wladimir Putin (69) gebeten, den ukrainischen Soldaten freien Abzug zu gewähren.

Die südostukrainische Hafenstadt Mariupol ist seit mehreren Wochen weitgehend unter russischer Kontrolle. Am Wochenende wurden die letzten eingeschlossenen Zivilisten aus dem Stahlwerk der Stadt evakuiert. Hunderte ukrainische Verteidiger sollen sich aber noch in den Bunkeranlagen des Werks verschanzt haben. Sie betonten am Sonntag einmal mehr, nicht kapitulieren zu wollen.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (r., 44) und Kanadas Regierungschef Justin Trudeau (50) nehmen an einer Pressekonferenz nach ihrem Treffen teil.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (r., 44) und Kanadas Regierungschef Justin Trudeau (50) nehmen an einer Pressekonferenz nach ihrem Treffen teil.  © Efrem Lukatsky/AP/dpa

20.29 Uhr: Habeck hat Ukraine-Reise für Wiederaufbau im Blick

Vizekanzler Robert Habeck (52, Grüne) hat eine Reise in die Ukraine zur wirtschaftlichen Unterstützung des Landes im Blick. Es sei richtig, dass Außenministerin Annalena Baerbock (41, Grüne) nun als erste fahre, dann würden andere fahren, sagte der Wirtschaftsminister am Sonntagabend im ZDF.

"Ich werde auch fahren, und zwar dann vor allem, um den Wiederaufbau der Ukraine zu organisieren." In seinem Ressort gehe es um wirtschaftliche Unterstützung und die Energiesicherheit der Ukraine. Eine Wirtschaftsdelegation zusammenzustellen sei dann die Aufgabe, um einen Beitrag zur Ertüchtigung des Landes zu leisten.

Habeck verurteilte es, dass der russische Präsident Wladimir Putin (69) den Tag des Sieges im Zweiten Weltkrieg am 9. Mai missbrauchen wolle, um seinen völkerrechtswidrigen Krieg gegen die Ukraine zu rechtfertigen. "Im Grunde nimmt Putin den Russen diesen Feiertag weg. Er entwürdigt diesen Feiertag."

Vizekanzler Robert Habeck (52, Grüne).
Vizekanzler Robert Habeck (52, Grüne).  © Marcus Brandt/dpa

19.13 Uhr: Experten weltweit rätseln: Was verkündet Putin am Montag?

Überschattet vom Krieg gegen die Ukraine feiert Russland an diesem Montag den Sieg über Hitler-Deutschland vor 77 Jahren. Neben der Militärparade auf dem Roten Platz in Moskau wird mit besonderer Spannung die Rede von Präsident Wladimir Putin (69) erwartet.

Seit Wochen rätseln Experten weltweit, was Putin zum Krieg gegen das Nachbarland sagen wird. Der Kreml spricht dabei nicht von Krieg, sondern von einer "militärischen Spezial-Operation". Es gibt Spekulationen, dass Putin etwa eine General- oder Teilmobilmachung in Russland anordnen könnte - auch wenn der Kreml das bereits als "Unsinn" zurückgewiesen hat.

Bei der traditionellen Parade in Moskau sollen rund 11.000 Soldaten marschieren. Außerdem werden Panzer und andere Militärtechnik gezeigt. Acht Kampfflugzeuge sollen darüber hinaus am Himmel den Buchstaben "Z" formen, der das offizielle Symbol für Russlands Militäreinsatz in der Ukraine ist. Das "Z" steht dabei für "Za Pobedu- Für den Sieg". Anders in den Jahren zuvor wird dieses Mal kein ausländischer Staatschef bei der Parade zu Gast sein.

Was wird der russische Präsident Wladimir Putin (69) am Montag sagen?
Was wird der russische Präsident Wladimir Putin (69) am Montag sagen?  © Mikhail Klimentyev / SPUTNIK / AFP

18.07 Uhr: G7-Staaten verhängen neue Sanktionen gegen Russland

Vor den Feierlichkeiten zum "Tag des Sieges" in Moskau verhängen die G7-Staaten wegen des Angriffskriegs gegen die Ukraine neue Sanktionen gegen Russland.

Das teilte das Weiße Haus in Washington am Sonntag mit. Zuvor hatten die Regierungschefs der G7-Staaten in einer Schaltkonferenz mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gesprochen.

Das Weiße Haus teilte mit, alle G7-Staaten hätten sich am Sonntag dazu verpflichtet, die Einfuhr von russischem Öl auslaufen zu lassen oder zu verbieten - die USA selber haben bereits ein entsprechendes Importverbot verhängt. In Brüssel verhandeln die EU-Länder ebenfalls über ein Öl-Embargo gegen Russland und weitere Strafmaßnahmen.

Streit gab es zuletzt noch über Ausnahmeregeln von dem Importstopp für Länder wie Ungarn, Tschechien, die Slowakei und Bulgarien. Gespräche dazu sollen nächste Woche fortgesetzt werden.

Ein US-Regierungsvertreter kündigte außerdem ein Verbot für unternehmerische Dienstleistungen für Firmen oder Personen in Russland an. Betroffen seien etwa Dienstleistungen im Bereich Buchhaltung, Management, Beratung oder Marketing.

Die USA würden darüber hinaus Sanktionen gegen drei der wichtigsten Fernsehsender verhängen, die direkt oder indirekt von der Regierung von Präsident Wladimir Putin kontrolliert würden: Perwy Kanal. Rossija-1 und NTW. An diese "Sprachrohre des Kreml" dürften weder Werbeaufträge aus den USA erteilt noch US-Technik zum Sendebetrieb geliefert werden.

Der US-Regierungsvertreter sagte weiter, die USA würden ihre Exportkontrollen weiter verschärfen, um Russlands Kriegsanstrengungen zu schwächen.

Betroffen seien etwa Holzprodukte, Industriemotoren und Räumfahrzeuge. Außerdem würden Sanktionen verhängt gegen Manager der größten und der drittgrößten russischen Bank, Sberbank und Gazprombank. "Die Botschaft ist, dass es keinen Rückzugsort für die russische Wirtschaft geben wird, wenn Putins Invasion andauert."

Das Weiße Haus teilte mit: "Unsere beispiellosen Sanktionen fordern bereits einen immensen Tribut von Russlands Wirtschaft." Die Exportkontrollen würden Russland von wichtiger Technologie abschneiden. "Putins Krieg wird voraussichtlich die wirtschaftlichen Errungenschaften der letzten 15 Jahre in Russland zunichte machen."

Zwei wichtige russische Panzerfabriken hätten die Arbeit eingestellt, weil ihnen ausländische Komponenten fehlten. Fast 1000 Unternehmen hätten Russland verlassen. "Putin hat sein ursprüngliches militärisches Ziel, die Ukraine zu beherrschen, nicht erreicht - aber er hat es geschafft, Russland zu einem weltweiten Paria zu machen."

US-Präsident Joe Biden (79).
US-Präsident Joe Biden (79).  © Andrew Harnik/AP/dpa

18.03 Uhr: TV-Ansprache des Bundeskanzlers: Scholz ist sich sicher - Putin wird den Krieg nicht gewinnen!

Bundeskanzler Olaf Scholz (63, SPD) hat die historische Verantwortung Deutschlands bei der Unterstützung der Ukraine gegen Russlands Angriffskrieg hervorgehoben.

Mehr Infos unter: "TV-Ansprache des Bundeskanzlers: Scholz ist sich sicher - Putin wird den Krieg nicht gewinnen!"

Laut Bundeskanzler Olaf Scholz (63, SPD) wird Deutschland auch weiterhin "die Ukraine im Kampf gegen den Aggressor unterstützen".
Laut Bundeskanzler Olaf Scholz (63, SPD) wird Deutschland auch weiterhin "die Ukraine im Kampf gegen den Aggressor unterstützen".  © Christian Charisius/dpa

17.01 Uhr: Überraschungs-Auftritt in der Ukraine: U2-Musiker spielen in Kiew im Luftschutzbunker!

Musiker der irischen Rockband U2 sind Medienberichten zufolge am Sonntag überraschend in einer als Luftschutzbunker genutzten U-Bahn-Station in Kiew aufgetreten.

Mehr Infos unter: "Überraschungs-Auftritt in der Ukraine: U2-Musiker spielen in Kiew im Luftschutzbunker!"

16.26 Uhr: Kanadischer Regierungschef Trudeau besucht laut Agentur Ukraine

Der kanadische Regierungschef Justin Trudeau (50) ist ukrainischen Angaben zufolge unangekündigt in die Ukraine gereist.

Trudeau habe die Stadt Irpin im Großraum Kiew besucht, meldete die ukrainische Nachrichtenagentur Ukrinform am Sonntag unter Berufung auf den Bürgermeister von Irpin. Sie veröffentlichte auch ein Foto, das den Regierungschef des Nato-Landes vor zerstörten Häusern zeigt.

16.19 Uhr: Kämpfer aus Stahlwerk in Mariupol: "Kapitulation ist keine Option"

Ungeachtet ihrer äußerst schwierigen Lage wollen die letzten ukrainischen Kämpfer im belagerten Stahlwerk Azovstal in der Hafenstadt Mariupol nicht aufgeben.

"Kapitulation ist keine Option für uns, weil Russland kein Interesse an unserem Leben hat", sagte Illja Samojlenko vom Asow-Regiment am Sonntag bei einer Online-Pressekonferenz, bei der er eigener Aussage zufolge aus dem Inneren des Werks zugeschaltet war. Er und die anderen Kämpfer würden Azovstal weiter gegen die russische Armee verteidigen, versicherte der Offizier. "Wir brauchen die Unterstützung der ganzen Welt."

16.17 Uhr: First Lady Jill Biden trifft in Ukraine auf Selenskyjs Frau

US-Präsidentengattin Jill Biden (70) hat überraschend die Ukraine besucht. Mitreisende US-Journalisten berichteten, die First Lady sei am Sonntag von der Slowakei aus in die Ukraine eingereist und knapp zwei Stunden dort geblieben.

In der Stadt Uschorod sei sie mit Flüchtlingen zusammengekommen. Sie habe außerdem die Ehefrau des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj (44), Olena Selenska (44), getroffen. Biden und Selenska hätten rund eine Stunde lang ein bilaterales Gespräch geführt.

Jill Biden sagte den mitreisenden Journalisten zufolge: "Ich wollte zum Muttertag kommen. Ich dachte, es sei wichtig, dem ukrainischen Volk zu zeigen, dass dieser Krieg aufhören muss." Die USA stünden an der Seite der Ukraine. Selenska habe Biden für den "mutigen" Besuch gedankt und über einen Übersetzer gesagt: "Denn wir verstehen, was es für die First Lady der USA bedeutet, während eines Krieges hierher zu kommen, wo jeden Tag Militäraktionen stattfinden, wo auch heute noch jeden Tag die Luftsirenen ertönen."

In der Slowakei hatte Biden zuvor mit Regierungschef Eduard Heger den Grenzübergang zur Ukraine in Vysne Nemecke besucht. Am Morgen hatte die First Lady in Kosice im Osten des Landes ein von der Stadt betriebenes Erstaufnahmelager besucht. Anschließend war sie in einer Grundschule, wo ukrainische Frauen und Kinder untergebracht sind. Am Montag steht ein Treffen mit der slowakischen Präsidentin Zuzana Caputova auf dem Programm.

Biden absolviert derzeit eine mehrtägige Tour durch die Nachbarländer der vom russischen Angriffskrieg betroffenen Ukraine. Am Freitag und Samstag war Biden in Rumänien zu Gast. Dort besuchte sie unter anderem auch US-Truppen, die in dem Nato-Land stationiert sind.

Jill Biden (l., 70), First Lady der USA, umarmt Olena Selenska (44), die Ehefrau des ukrainischen Präsidenten Selenskyj (44), vor der Schule 6, einer öffentlichen Schule, die durch den Ukraine-Krieg vertriebene Schüler aufgenommen hat.
Jill Biden (l., 70), First Lady der USA, umarmt Olena Selenska (44), die Ehefrau des ukrainischen Präsidenten Selenskyj (44), vor der Schule 6, einer öffentlichen Schule, die durch den Ukraine-Krieg vertriebene Schüler aufgenommen hat.  © Susan Walsh/AP POOL/dpa

15.09 Uhr: Viele zerstörte Wohnungen nach russischem Raketenangriff in Odessa

Die Verwaltung der ukrainischen Hafenstadt Odessa hat nach russischen Angriffen von zahlreichen zerstörten Wohnhäusern berichtet. Mehr als 250 Wohnungen seien durch Raketenbeschuss beschädigt worden, teilte der Stadtrat der Schwarzmeer-Metropole am Sonntag auf Telegram mit.

Davon sei nur noch ein Viertel derzeit bewohnbar. Über mögliche Todesopfer war zunächst nichts bekannt. Ukrainische Behörden hatten am Samstag mehrere Raketeneinschläge in Odessa gemeldet. Aus dem russischen Verteidigungsministerium hieß es später, mit Langstreckenwaffen sei Kriegsgerät der ukrainischen Luftwaffe zerstört worden.

Titelfoto: Efrem Lukatsky/AP/dpa

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