Ukraine-Krieg, Tag 116: Deutscher Ministerpräsident wirft Putin Desinformation vor

Kiew (Ukraine) - 116 Tage nach dem russischen Überfall auf die Ukraine toben im Osten des Landes sehr schwere Kämpfe. Russische Truppen dringen dabei langsam weiter vor. Alle aktuellen Entwicklungen gibt es im TAG24-Liveticker.

Kurze Kampfpause neben einem zerstörten russischen Panzer.
Kurze Kampfpause neben einem zerstörten russischen Panzer.  © Anatolii STEPANOV / AFP

In dem erbitterten Kampf um die ostukrainische Stadt Sjewjerodonezk haben russische Truppen Geländegewinne erzielt und sind in einen Vorort eingedrungen. "Durch Beschuss und die Erstürmung hat der Feind in der Ortschaft Metjolkine einen Teilerfolg erzielt und versucht sich dort festzusetzen", teilte der ukrainische Generalstab in seinem Lagebericht am Samstagabend mit.

Das große Dorf Metjolkine liegt südöstlich von Sjewjerodonezk. Dort seien Offiziere und Soldaten des ukrainischen Bataillons Ajdar freiwillig in Gefangenschaft gegangen, meldete die russische Agentur Tass unter Berufung auf die prorussischen Separatisten der Volksrepublik Luhansk. Diese Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.

Russische Truppen haben das weitgehend zerstörte Sjewjerodonezk immer noch nicht unter Kontrolle. Dort sind auch weiterhin unzählige Zivilisten und suchen Schutz.

Hamburgs Bürgermeister Tschentscher überraschend nach Kiew gereist
Ukraine Hamburgs Bürgermeister Tschentscher überraschend nach Kiew gereist

Die Geschehnisse des gestrigen Tages könnt Ihr im TAG24-Ticker vom Samstag nachlesen. Alle aktuellen Entwicklungen im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine vom heutigen Sonntag, den 19. Juni, gibt es hier im Liveticker.

22.59 Uhr: Lars Klingbeil kritisiert Verhalten der Union

SPD-Parteichef Lars Klingbeil (44) hat Kritik am Verhalten der Union im Ukraine-Konflikt geübt und den CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz (66) scharf attackiert.

Merz sei "andauernd am Kritisieren", sagte Klingbeil am Sonntag in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin". "Und er muss ein bisschen aufpassen, dass man nicht irgendwann so der verstimmte, der nörgelnde Onkel ist, der alles kritisiert. Irgendwann hört man gar nicht mehr hin, was die Union eigentlich will."

19.32 Uhr: Rundschreiben an britische Soldaten Kriegsvorbereitungen betreffend.

Die britischen Streitkräfte haben per Rundschreiben die Info erhalten, dass Vorbereitung auf einen Kriegseinsatz in Europa gefordert wird. Mehr dazu lest Ihr im Artikel: "Neuer britischer Armeechef mahnt Soldaten zu Vorbereitungen auf Krieg gegen Russland".

Droht in der Ukraine eine weitere Eskalation des Konflikts?
Droht in der Ukraine eine weitere Eskalation des Konflikts?  © Alexander Zemlianichenko/AP/dpa

16.48 Uhr: Hendrik Wüst betont Bedeutung von unabhängigem Journalismus

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (46, CDU) hat die Bedeutung von unabhängigem Journalismus vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs hervorgehoben.

Putins Krieg gegen die Ukraine sei auch ein Krieg der Desinformation und der Propaganda, betonte Wüst in einem Videogrußwort zum Global Media Forum, das am Montag in Bonn eröffnet wird. "Dieser Informationskrieg zeigt auf schreckliche Weise, wie wichtig ein freier und unabhängiger Journalismus ist", sagte Wüst.

Putins Krieg sei ein Krieg der Desinformation und Propaganda sagte Hendrik Wüst (46, CDU).
Putins Krieg sei ein Krieg der Desinformation und Propaganda sagte Hendrik Wüst (46, CDU).  © Oliver Berg/dpa

11.38 Uhr: Kasachstan ruft zur vollständigen Vernichtung von Atomwaffen auf

Die Führung der Ex-Sowjetrepublik Kasachstan in Zentralasien hat vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs dazu aufgerufen, bis 2045 weltweit alle Atomwaffen zu vernichten.

"Der derzeitige militärische Konflikt auf dem Gebiet der Ukraine, die Gespräche über die atomare Wiederbewaffnung und gegenseitige Drohungen über die Anwendung der Atomwaffen, zwingen uns mehr als je zuvor dazu, darüber nachzudenken, wie verwundbar die Menschheit und wie dringend nötig ein Verbot und die Vernichtung dieser tödlichen Waffe ist", schrieb der kasachische Außenminister Muchtar Tleuberdi in einem Artikel, der am Sonntag auf der Webseite der Tageszeitung "Liter" erschien.

Er rufe alle Staaten, darunter auch die Atommächte, dazu auf, einen Etappenplan zu erarbeiten, um bis 2045 weltweit das gesamte Atomwaffenarsenal zu liquidieren. Das Jahr 2045 sei wegen des 100. Geburtstag der Vereinten Nationen ein wichtiges Datum, so Tleuberdi.

Seit Beginn des Ukraine-Kriegs ist die Gefahr eines Atomkriegs gewachsen, fürchten viele Menschen. (Archivbild)
Seit Beginn des Ukraine-Kriegs ist die Gefahr eines Atomkriegs gewachsen, fürchten viele Menschen. (Archivbild)  © -/dpa

11.10 Uhr: Fahnenflucht auch Problem aufseiten der Ukraine?

Die intensiven Gefechte im Donbass setzen nach Einschätzung britischer Geheimdienstexperten der Kampfmoral der Truppen beider Seiten im Ukraine-Krieg zu. "Ukrainische Kräfte haben wahrscheinlich in den vergangenen Wochen unter Desertionen gelitten, allerdings ist höchstwahrscheinlich insbesondere die russische Moral weiterhin mit Problemen belastet", hieß es in dem täglichen Geheimdienst-Update zum Ukraine-Krieg des Verteidigungsministeriums in London.

Seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine vor rund vier Monaten hatte es immer wieder Berichte über russische Soldaten gegeben, die Fahnenflucht begingen. "Es gibt weiterhin Fälle, in denen gesamte russische Einheiten Befehle verweigern, und es kommt weiterhin zu bewaffneten Konfrontationen zwischen Offizieren und Soldaten" so die Mitteilung weiter.

Hintergrund für die niedrige russische Moral seien unter anderem eine als schlecht wahrgenommene Führung, begrenzte Möglichkeiten zur Ablösung von der Front, sehr schwere Verluste, Stress, schlechte Logistik und Probleme mit der Bezahlung.

Beide Seiten setzten den Briten zufolge in den vergangenen Tagen ihre schweren Artilleriebeschüsse auf den Achsen nördlich, östlich und südlich des Kessels von Sjewjerodonezk im Osten des Landes fort. Die Frontlinie habe sich aber kaum verändert.

10.57 Uhr: Neue Luftangriffe auf ukrainische Hauptstadt Kiew

Die ukrainische Hauptstadt Kiew ist am Sonntagmorgen erneut aus der Luft angegriffen worden - es waren Sirenen des Luftalarms und Explosionen zu hören. Nach offiziellen Angaben schoss die ukrainische Luftabwehr russische Raketen über der Stadt jedoch ab.

"Im Stadtbezirk Wyschhorod waren heute Morgen Explosionen zu hören. Die Luftabwehr hat feindliche Flugziele beschossen", teilte der Militärgouverneur des Gebiets Kiew, Olexij Kuleba, am Sonntag auf seinem Telegram-Kanal mit.

Seinen Angaben zufolge gab es keine Schäden und Verletzten in der Stadt. Er bat die Kiewer allerdings darum, weiterhin nach dem Luftalarm die Schutzkeller aufzusuchen. In verschiedenen sozialen Netzwerken tauchten später Fotos auf, die Spuren einer Rakete am Himmel über dem Gebiet Kiew zeigen sollen.

Kiew wurde erneut angegriffen.
Kiew wurde erneut angegriffen.  © Natacha Pisarenko/AP/dpa

9.52 Uhr: Wirtschaftsminister Habeck will Gasverbrauch reduzieren

Anscheinend ist die Gasversorgung in Deutschland nicht so sicher, wie bislang kommuniziert. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (52, Grüne) setzt auf hohe Einsparungen und greift dazu sogar auf Kohlekraftwerke zurück.

Was der Minister plant, lest Ihr im Artikel "Wird es im Winter eng? So will Habeck jetzt bei Gasversorgung gegensteuern".

9 Uhr: FDP will Fracking statt russischem Erdgas

Angesichts des russischen Kriegs gegen die Ukraine denkt die FDP über eine Rücknahme des Fracking-Verbots nach.

Das Ziel: mögliche heimische Gasreserven anzapfen, um die Abhängigkeit von Russland zu reduzieren. Mehr dazu lest Ihr im Artikel "Liberale Energiewende: FDP will Fracking-Verbot kippen".

6.26 Uhr: Selenskyj verspricht Rückeroberung der Südukraine

Nach der Rückkehr von seiner Reise in den Süden Landes hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (44) den bedrohten Regionen dort Schutz versprochen und die Rückeroberung der bereits von russischen Truppen besetzten Gebiete angekündigt.

"Wir werden niemandem den Süden abgeben. Alles, was uns gehört, holen wir zurück", sagte Selenskyj in einer Videoansprache in der Nacht zum Sonntag. Die Ukraine werde dabei auch den sicheren Zugang zum Meer wiederherstellen, versicherte er.

Wolodymyr Selenskyj (44) hat am Samstag vom Krieg zerstörte Gebiete im Süden der Ukraine besucht.
Wolodymyr Selenskyj (44) hat am Samstag vom Krieg zerstörte Gebiete im Süden der Ukraine besucht.  © -/Ukrainian Presidential Press Office/AP/dpa

4.20 Uhr: Russland schickt weitere Truppen

Russland werfe alle seine Reserven in den Kampf, um Sjewjerodonezk und die Stadt Bachmut zu erobern, sagte der Gouverneur des Gebietes Luhansk, Serhij Hajdaj zur militärischen Lage im Donbass.

Auch nach Angaben des Generalstabs gehen die Kämpfe um Sjewjerodonezk unvermindert weiter. Demnach beschossen russische Truppen das Verwaltungszentrum des Gebiets Luhansk mit schwerer Artillerie. Ein versuchter Sturm der ukrainischen Stellungen im Industriegebiet der Stadt sei aber gescheitert. Auch in Syrotyne, einem Dorf westlich von Metjolkine, blieben die russischen Sturmversuche erfolglos.

Russische Truppen setzten auch im Gebiet Charkiw gegen eine Reihe von Ortschaften Artillerie ein. In Richtung Slowjansk versuche der Feind durch den Einsatz schwerer Waffen günstige Voraussetzungen für eine Offensive zu schaffen, heißt es in dem Lagebericht. Gleichzeitig betonte die ukrainische Militärführung, dass russische Versuche, gewaltsame Aufklärung im Gebiet Krasnopillja zu betreiben, mit hohen Verlusten für die Angreifer endeten.

Der russische Vormarsch auf den Raum Slowjansk-Kramatorsk, in dem das Hauptquartier der ukrainischen Streitkräfte im Donbass liegt, stockt damit weiterhin.

Titelfoto: Oliver Berg/dpa

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