Ukraine-Krieg, Tag 124: Im Verhältnis zu Russland kann es laut Scholz kein Zurück geben

Ukraine - Der russische Angriffskrieg in der Ukraine läuft seit 124 Tagen. Der Osten des Landes ist heftig umkämpft, vor allem die Stadt Lyssytschansk steht im Fokus. Alle aktuellen Entwicklungen des Tages gibt es im TAG24-Liveticker.

Lyssytschansk im Osten der Ukraine ist vom Krieg schwer gezeichnet. Die Kämpfe um die strategisch wichtige Stadt befinden sich in vollem Gange.
Lyssytschansk im Osten der Ukraine ist vom Krieg schwer gezeichnet. Die Kämpfe um die strategisch wichtige Stadt befinden sich in vollem Gange.  © Efrem Lukatsky/AP/dpa

Nach der Einnahme von Sjewjerodonezk durch russische Truppen sind die Kämpfe um die Stadt Lyssytschansk in vollem Gange. Russland versuche verstärkt mit Unterstützung eigener Artillerie, die strategisch wichtige Stadt aus südlicher Richtung zu blockieren, teilte der ukrainische Generalstab mit.

Dabei seien auch zahlreiche zivile und militärische Infrastruktur getroffen worden. Laut ukrainischen Angaben gab es darüber hinaus Kämpfe auf der von Russland zuvor eroberten Schlangeninsel im Schwarzen Meer. Ferner wurde laut Vertretern der von Russland einverleibten Halbinsel Krim erneut eine Gasförderplattform von Militärs angegriffen.

Diese machten ukrainische Streitkräfte für den Angriff auf die Plattform verantwortlich. Es habe dabei allerdings keinerlei Verletzten gegeben, hieß es seitens der Verantwortlichen zum Zwischenfall.

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In der Nacht zum Montag gab es zudem einen Raketenangriff im Gebiet Odessa. Sechs Menschen sind laut Wehrkommando Süd der Ukraine zu Schaden gekommen. Die Rakete sei von einem russischen Bomber des Typs TU-22 abgefeuert worden.

Die wichtigsten Geschehnisse des gestrigen Tages könnt Ihr im TAG24-Ticker vom Sonntag noch einmal nachlesen. Über alle neuen Entwicklungen im Ukraine-Krieg am heutigen Montags (27. Juni) behaltet Ihr im Liveticker den Überblick.

21.41 Uhr: Raketenangriff in Ostukraine: Acht Tote in Schlange für Trinkwasser

In einer Schlange vor einem Tankwagen mit Trinkwasser in der ukrainischen Stadt Lyssytschansk sind bei einem russischen Raketenangriff nach Behördenangaben acht Menschen getötet worden.

Weitere 21 wurden verletzt, wie der Gouverneur des Gebiets Luhansk, Serhij Hajdaj, am Montag beim Nachrichtendienst Telegram schrieb. Lyssytschank ist die letzte große Stadt in der Region, die noch unter ukrainischen Kontrolle ist, nachdem das russische Militär das benachbarte Sjewjerodonezk eroberte.

In der Stadt Charkiw wurden nach Angaben der regionalen ukrainischen Befehlshabers Oleg Sinegubow bei russischem Beschuss 5 Zivilisten getötet und 22 weitere verletzt. Unter den Verletzten seien fünf Kinder, schrieb Sinegubow bei Telegram.

19.53 Uhr: Amnesty kritisiert Litauen wegen Umgangs mit Flüchtlingen

Amnesty International wirft Litauen vor, im Umfang mit Flüchtlingen verschiedener Nationalitäten aus dem Nachbarland Belarus gegen Menschenrechte zu verstoßen.

Während man Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine in Litauen mit offenen Armen empfange, würden Schutzsuchende aus Ländern wie dem Irak oder Syrien rechtswidrig inhaftiert, schwer misshandelt und abgeschoben. Dies ergebe sich aus der Befragung von Migranten in zwei litauischen Haftzentren, heißt es in einem am Montag veröffentlichten Bericht der Menschenrechtsorganisation. Zugleich warf Amnesty der EU vor, das Vorgehen in dem baltischen Mitgliedsland untätig zu dulden.

Dem Bericht zufolge klagten Migranten in den Befragungen über Erniedrigungen durch die Behörden und unmenschliche Haftbedingungen. "Die litauischen Behörden halten Tausende von Menschen monatelang willkürlich in heruntergekommenen Haftzentren unter Militärführung fest, wo sie Folter und anderen Misshandlungen ausgesetzt sind", kritisierte Amnesty. "Ihnen wird der Zugang zu fairen Asylverfahren verwehrt, damit sie "freiwillig" in die Länder zurückkehren, aus denen sie geflohen sind."

18.29 Uhr: Scholz: Im Verhältnis zu Russland kann es kein Zurück geben

Bundeskanzler Olaf Scholz erwartet wegen des russischen Kriegs gegen die Ukraine lang anhaltende und tiefe Einschnitte in den internationalen Beziehungen.

Russland habe alle Vereinbarungen über die Zusammenarbeit von Staaten gebrochen, betonte der SPD-Politiker am Montag nach Beratungen der Staats- und Regierungschefs der G7-Staaten mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Die G7 seien sich einig, dass das die Beziehungen lange prägen werde. "Im Verhältnis zu Russland kann es kein Zurück geben in die Zeit vor dem russischen Überfall auf die Ukraine", sagte Scholz beim G7-Gipfel auf Schloss Elmau in Bayern.

Alle G7-Staaten seien bereit, die notwendigen Entscheidungen zu treffen. Die Veränderung könne jedoch am besten gemeistert werden, wenn man eng und vertrauensvoll zusammenarbeitet.

Bundeskanzler Olaf Scholz (64, SPD) sieht ein stark verändertes Verhältnis zu Russland.
Bundeskanzler Olaf Scholz (64, SPD) sieht ein stark verändertes Verhältnis zu Russland.  © Nicolas Maeterlinck/BELGA/dpa

18.05 Uhr: Tote und Verletzte bei russischem Angriff auf Einkaufszentrum in der Ukraine

In der zentralukrainischen Stadt Krementschuk ist ein Einkaufszentrum nach ukrainischen Angaben von einer russischen Rakete getroffen worden.

Mehr dazu hier: Tote und Verletzte bei russischem Angriff auf Einkaufszentrum in der Ukraine

17.17 Uhr: Möglicher Nuklearangriff: EU liefert der Ukraine Notfall-Ausrüstung

Die EU-Kommission will als Vorbereitung auf einen möglichen russischen Angriff mit Massenvernichtungswaffen Spezialausstattung in die Ukraine schicken.

"Medizinische Ausrüstung sowie Ausrüstung, die auf chemische, biologische oder nukleare Notfälle zugeschnitten ist, befinden sich auf dem Weg in die Ukraine", erklärte der EU-Kommissar für Krisenmanagement, Janez Lenarcic, am Montag in Brüssel. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte zuletzt angekündigt, man wolle Boden-Raketen vom Typ Iskander nach Belarus verlegen, die auch mit atomwaffenfähigen Sprengköpfen bestückt werden können.

Die Lieferung in die Ukraine im Wert von 11,3 Millionen Euro umfasst nach Angaben der Kommission unter anderem 300.000 Spezialschutzanzüge, 5600 Liter Dekontaminierungsmittel und 850 Geräte für Dekontaminierungsmaßnahmen.

17.08 Uhr: Moskau: Mehr als 40 ukrainische Soldaten bei Angriff getötet

Russische Truppen haben bei Angriffen auf die Region Mykolajiw im Südosten der Ukraine nach eigenen Angaben mehr als 40 ukrainische Soldaten getötet.

In der Nähe des Dorfes Wyssunsk sei am Sonntag zudem Militärtechnik zerstört worden, teilte das russische Verteidigungsministerium am Montag in Moskau mit. Zudem seien in mehreren Gebieten insgesamt 24 Kommandoposten zerstört worden. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

Moskau bestätigte unterdessen auch Raketenangriffe auf die ukrainische Hauptstadt Kiew vom Sonntag - bestritt aber, ein Wohnhaus getroffen zu haben. Der Angriff habe der Rüstungsfabrik Artem gegolten. Die Ukraine habe vermutlich Luftabwehrraketen eingesetzt, wovon eine dann wohl in ein Wohnhaus gestürzt sei, hieß es aus Moskau.

Die ukrainische Seite wiederum hatte russische Raketen verantwortlich gemacht und von mehreren verletzten Hausbewohnern sowie einem Toten gesprochen.

17 Uhr: Moldaus Präsidentin besucht Kiew: "Unvorstellbare Tragödie"

Die Präsidentin der Republik Moldau, Maia Sandu, hat sich bei einem Besuch in der Ukraine erschüttert über die Folgen des russischen Angriffskriegs gezeigt.

Die Staatschefin der kleinen, an die Ukraine grenzenden Ex-Sowjetrepublik besuchte am Montag eigenen Angaben zufolge die zerstörten Kiewer Vororte Butscha, Borodjanka und Irpin. "Ich war sprachlos von dem Ausmaß an Gewalt und Zerstörung, das wir gesehen haben", schrieb Sandu auf Twitter. "Es ist eine unvorstellbare Tragödie." Dazu veröffentlichte sie Fotos, die sie vor zerstörten Wohnhäusern zeigen.

Sandu traf zudem den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Dieser erklärte im Nachrichtendienst Telegram: "Wir haben mit Moldau nicht nur eine gemeinsame Grenze, sondern auch Werte und Ziele." Die zwei Länder verbindet, dass sie kürzlich von der Europäischen Union den Status eines Beitrittskandidaten zugestanden bekamen. Beide Staaten hatten nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine entsprechende Anträge eingereicht.

Ursula von der Leyen (r.), Präsidentin der Europäischen Kommission, und Maia Sandu, Präsidentin der Republik Moldau, stehen vor einem Treffen am Sitz der Europäischen Kommission.
Ursula von der Leyen (r.), Präsidentin der Europäischen Kommission, und Maia Sandu, Präsidentin der Republik Moldau, stehen vor einem Treffen am Sitz der Europäischen Kommission.  © Johanna Geron/Reuters Pool/AP/dpa

16.36 Uhr: Putin will laut Kreml an G20-Gipfel im Herbst teilnehmen

Russlands Präsident Wladimir Putin (69) will am G20-Gipfel im Herbst in Indonesien teilnehmen.

Mehr dazu hier: Trotz Angriffskrieg: Putin will an G20-Gipfel im Herbst teilnehmen

15.23 Uhr: Ukrainer importieren über 200.000 Gebrauchtwagen nach Kriegsbeginn

Aufgrund einer Sonderregelung haben die Ukrainer seit April mehr als 211.000 Gebrauchtwagen zollfrei in ihr Land eingeführt. Dem klammen ukrainischen Budget seien so umgerechnet über 630 Millionen Euro entgangen, schrieb der Parlamentsabgeordnete Jaroslaw Schelesnjak am Montag auf seinem Telegram-Kanal.

Weil die Zollbefreiung am kommenden Freitag ausläuft, stiegen die täglichen Einfuhrzahlen zuletzt auf durchschnittliche 4700 Fahrzeuge am Tag. Der Massenimport hat zudem kilometerlange Warteschlangen vor allem an den Grenzen zum EU-Nachbarn Polen verursacht.

Die Zollbefreiung war im April, gut einen Monat nach Kriegsbeginn, beschlossen worden, damit Ukrainer aus den umkämpften Gebieten und vor allem die Armee zerstörte Fahrzeuge ersetzen können. Jedoch machten auch viele Bürger aus nicht vom Krieg betroffenen Gebieten von der Regelung Gebrauch. Sie führten auch Fahrzeuge der Premiumklasse zollfrei ein.

14.47 Uhr: Russland sieht sich nicht als zahlungsunfähig

Der Kreml hat Berichte zurückgewiesen, wonach Russland seine Auslandsschulden nicht bezahlt haben soll. "Wir sind damit nicht einverstanden", erklärte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Montag der Agentur Interfax zufolge. Die Zahlung sei noch im Mai erfolgt.

Dass die Mittel vom Clearinghaus Euroclear wegen der westlichen Sanktionen gegen Russland blockiert worden seien, sei "nicht unser Problem", sagte Peskow. Zuvor war in der Nacht eine 30-Tage-Frist ausgelaufen, innerhalb derer fällige Zinsen auf zwei Staatsanleihen in Auslandswährung zu zahlen waren. Es geht um eine Zahlung von 100 Millionen US-Dollar (94,7 Mio Euro).

Russland betont, wirtschaftlich in der Lage und auch willens zu sein, die Schulden zu bedienen. Allerdings verhindern westliche Sanktionen die Auszahlung, da Moskau weder auf seine im Westen eingefrorenen Auslandsguthaben zurückgreifen, noch heimische Reserven an ausländische Geldinstitute überweisen kann.

Laut Kreml ist Russland auch weiterhin zahlungsfähig.
Laut Kreml ist Russland auch weiterhin zahlungsfähig.  © Kirill Kallinikov/Pool Sputnik Kremlin/AP/dpa

13.58 Uhr: Johnson vergleicht Unterstützung für Ukraine mit Kampf gegen Hitler

Der britische Premierminister Boris Johnson hat die Unterstützung für die Ukraine im Krieg gegen Russland mit dem Kampf gegen den Nazi-Diktator Adolf Hitler verglichen. Der Preis für die Freiheit sei es wert, gezahlt zu werden, sagte Johnson am Montag der BBC am Rande des G7-Gipfels auf Schloss Elmau.

Die Demokratien hätten in der Mitte des 20. Jahrhunderts lange gebraucht, um eine Antwort zu Tyrannei und Aggression zu finden, und es sei sehr teuer gewesen. "Aber mit der Niederlage der Diktatoren, vor allem von Nazi-Deutschland, brachte dies viele Jahrzehnte der Stabilität, eine Weltordnung, die sich auf ein regelbasiertes internationales System stützte", betonte Johnson. "Das ist schützenswert, das ist es wert, verteidigt zu werden, das bringt langfristigen Wohlstand."

Titelfoto: Nicolas Maeterlinck/BELGA/dpa

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