"Echo": Hier liegt nicht nur eine Moorleiche, sondern auch noch eine scharfe Fliegerbombe

Deutschland - Mord im Moor? Ab 24. November startet "Echo" in den deutschen Kinos. Mareike Wegener untergräbt darin den typischen Provinzkrimi auf anspruchsvolle Weise. Die TAG24-Kritik.

Saskia Harder (Valery Tscheplanowa, 42, M.) ermittelt zur Moorleiche gemeinsam mit der Moormeisterin (Ursula Werner, 79) und dem Dorfpolizisten (Andreas Döhler).
Saskia Harder (Valery Tscheplanowa, 42, M.) ermittelt zur Moorleiche gemeinsam mit der Moormeisterin (Ursula Werner, 79) und dem Dorfpolizisten (Andreas Döhler).  © PR/Grandfilm

Irgendwo in der deutschen Provinz liegt Friedland. Hier, zwischen tiefen Wäldern und Mooren, ist seit dem Zweiten Weltkrieg nichts mehr passiert - zumindest wenn man mal die ungeklärten Vermisstenfälle zweier Mädchen nicht mitrechnet.

Als plötzlich eine Moorleiche an die Oberfläche kommt, tritt Polizeihauptkommissarin Saskia Harder (Valery Tscheplanowa, 42) auf den Plan. Früher war sie Ausbilderin in Afghanistan, doch ihr letzter Einsatz ging auf traumatische Weise schief.

Die Aufklärung des Moorleichen-Falles scheint da einen guten Neustart zu versprechen. Unterstützt wird Harder durch den übereifrigen Dorfpolizisten Alfons Tenhagen (Andreas Döhler) und die rätselhafte Moormeisterin Edith Telaar (Ursula Werner, 79).

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Doch nicht jeder scheint daran interessiert zu sein, die Identität der Leiche festzustellen. Gerade Lorenz von Hüning (Felix Römer, 62), ein exzentrischer Adliger, dem ein Großteil Friedlands gehört, kapselt sich in seinem Herrenhaus am liebsten von der Außenwelt ab.

Je komplizierter der Fall wird, desto mehr drängen Harders Erinnerungen an die Oberfläche und bringen sie in Gefahr. Und dann wird auch noch eine scharfe Fliegerbombe im Schlossgraben des Herrenhauses gefunden und droht den gesamten Ort in die Luft zu jagen...

Originaltrailer zu "Echo" mit Valery Tscheplanowa

Mareike Wegeners "Echo" - ein Provinzkrimi der etwas anderen Art

Valery Tscheplanowa und Felix Römer (62) glänzen in ihren jeweiligen Rollen.
Valery Tscheplanowa und Felix Römer (62) glänzen in ihren jeweiligen Rollen.  © PR/Grandfilm

Auf den ersten Blick folgt "Echo" der Formel vieler deutscher Krimis mitten im Nirgendwo: Eine Ermittlerin aus der Großstadt muss zwischen lauter verschrobenen Charakteren einen Fall lösen. Untermalt von Blasmusik (gelungene Komposition: Thom Kubli) stapfen die Polizisten durch das rätselhafte Moor.

Der sonst so genretypische schwarze Humor und der Kriminalfall selbst treten hier bewusst in den Hintergrund. Zentral ist stattdessen das Thema Trauma, das vor allem Harders Leben prägt, aber auch Friedland selbst. Im Moor erheben sich Konstruktionen der Nazis, der Boden ist geprägt von alten Bombenkratern. Die Geschichte lässt den Ort einfach nicht los.

Auch Harder ist da keine Ausnahme. Ihr Trauma manifestiert sich als leuchtend pinkfarbener Rauch und nimmt ihr immer wieder die Sicht. Ein ästhetisches Highlight in "Echo" ist, wie die Farbe Pink ihre Figur von der sonst recht grauen (und stellenweise zu dunklen) Farbpalette und statischen Szenen absetzt.

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Auf nicht nur diese Weise bricht Mareike Wegener (39) in ihrem Spielfilmdebüt mit dem Vertrauten. Sie vermischt das Historische mit dem Mythischen, vor allem mit der Legende von Echo, die dazu verdammt ist, die Worte Anderer für immer zu wiederholen.

Harders Trauma lauert stets über ihr und bringt Farbe in kalte, graue Außenszenen.
Harders Trauma lauert stets über ihr und bringt Farbe in kalte, graue Außenszenen.  © PR/Grandfilm

Die deutsche Vergangenheitsbewältigung spielt in "Echo" eine große Rolle

Hervorzuheben sind die unglaublich detaillierten und vielschichtigen Kulissen in "Echo".
Hervorzuheben sind die unglaublich detaillierten und vielschichtigen Kulissen in "Echo".  © PR/Grandfilm

Dass neuere Kriegserfahrungen und die Gräuel des Zweiten Weltkriegs in "Echo" vor einem Krimi-Hintergrund zusammengeführt werden, gelingt in Wegeners Händen ungewöhnlich gut.

Nicht zuletzt ist das den Schauspielern geschuldet - allen voran Valery Tscheplanowa ("Trümmermädchen") mit ihrer verletzlichen Mimik und ihren hervorragend gesprochenen Voiceovers, an denen man die Hörspiel-Erfahrung erkennt.

Aber auch Felix Römer ("SOKO Wien"), Andreas Döhler ("Schneller als die Angst") und Ursula Werner ("Der Palast") verleihen ihren Figuren einiges an Tiefe, die für einen nur 98-minütigen Film nicht unbedingt selbstverständlich ist. Obwohl in manchen Dorfszenen unangenehm auffällt, wie klein der Cast tatsächlich ist, lenken die schauspielerische Qualität und der Plot schnell von diesem kleinen Makel ab.

Bei "Echo" handelt es sich um einen atmosphärischen, künstlerisch anspruchsvollen Film mit großartigen Kulissen, authentischen Drehorten und einer starken Besetzung. Empfehlenswert!

Titelfoto: PR/Grandfilm

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