"Kids Run": Assi-Boxer wirft süßes Katzenbaby in den Müll und attackiert seine Kinder!

Deutschland - Heftiges deutsches Drama! "Kids Run" bekommt ab dem 3. Juni unter www.alleskino.de einen digitalen Online-Kino-Start spendiert und porträtiert eine zerrüttete Familie aus der Unterschicht.

Andi Jovanovich (Jannis Niewöhner; 2.v.r.) ist mit seinen drei Kindern Fiou (Sophia Demer; r.), Nikki (Eline Doenst; l.) und Ronny (Giuseppe Bonvissuto), überfordert.
Andi Jovanovich (Jannis Niewöhner; 2.v.r.) ist mit seinen drei Kindern Fiou (Sophia Demer; r.), Nikki (Eline Doenst; l.) und Ronny (Giuseppe Bonvissuto), überfordert.  © PR/ Flare Film/Falko Lachmund

In deren Zentrum steht Andi Jovanovich (Jannis Niewöhner). Er ist der Vater von Ronny (Giuseppe Bonvissuto), Nikki (Eline Doenst) und Fiou (Sophia Demer). Da er schon mit seinem eigenen Leben mehr als genug Probleme hat, fällt es ihm schwer, sich auch noch um sie zu kümmern.

Denn er ist weitestgehend alleinerziehend, hat keinen festen Job, sondern verdingt sich als Tagelöhner. Seine Zeiten als Boxer liegen nach einer krachenden Niederlage nämlich schon hinter ihm.

Als wäre all das noch nicht genug, wohnt Andi auch noch in einer heruntergekommenen Gegend. Die Miete konnte er seit vier Monaten nicht mehr zahlen, weshalb ihm ein Mitarbeiter des Hausbesitzers mit Rausschmiss droht. Jovanovich muss deshalb dringend irgendwo Geld auftreiben und fragt seine ehemalige Freundin Sonja (Lena Tronina) und deren neuen Macker Mike (Rostyslav Bome) danach.

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Mit ihr trifft er sich ohnehin regelmäßig, weil Fiou ihr gemeinsames Baby ist. Die anderen beiden Kinder hat er mit Isabell (Carol Schuler) gezeugt, die aber ebenfalls überfordert damit ist, für sich selbst zu sorgen.

Andi lässt seine Zöglinge immer wieder allein, um in eine Bar trinken zu gehen oder sich mit Frauen zu treffen. Dazu lädt er sie tagsüber oft irgendwo ab. Wenn sie oder andere sich daneben benehmen, kann er seine Wut nicht kontrollieren. Er hat Aggressionsprobleme, attackiert seine Kinder immer wieder und wirft sogar ein Katzenbaby in den Müll! Kann er trotzdem noch die Kurve bekommen?

Trailer zu "Kids Run" mit Jannis Niewöhner

Jannis Niewöhner zeigt in "Kids Run" die beste Leistung seiner Karriere!

Andi Jovanovich (Jannis Niewöhner; l.) versucht, das Herz seiner Ex-Freundin Sonja (Lena Tronina) zurückzugewinnen.
Andi Jovanovich (Jannis Niewöhner; l.) versucht, das Herz seiner Ex-Freundin Sonja (Lena Tronina) zurückzugewinnen.  © PR/ Flare Film/Falko Lachmund

Diese Geschichte hat Barbara Ott ("Sunny") insgesamt gesehen klasse umgesetzt. Ihr ist eine eindringliche Milieustudie gelungen, die an Intensität lange Zeit nicht zu überbieten ist und emotional voll mitreißt.

So taucht man tief in die schwere Welt der Figuren ab und kann auch dabei die Handlungen von Andi nachvollziehen, der ambivalent dargestellt wird. Dank Niewöhners Charme und Menschlichkeit überschreitet seine Figur aber zu keinem Zeitpunkt die "Monster"-Grenze , wo er für keinen Zuschauer mehr emotional zu greifen gewesen wäre.

Jovanovich tut zwar widerwärtige Dinge, hat aber auch seine Stärken. Dass Ott ihn so ausgewogen darstellt, ist die wohl größte Stärke ihres Dramas. Denn so abstoßend seine Taten mitunter auch sein mögen: ein wenig Humanität schimmert dank Niewöhner immer durch.

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Sein Protagonist bzw. Antagonist tut solche Dinge nämlich nicht, weil er ein schlechter Mensch ist. Nein, ihm fehlen Intelligenz und vor allem Selbstkontrolle im Hinblick auf seine negativen Gefühle. Diese muss er direkt rauslassen, was oft in einem Desaster endet und ihn in noch größere Probleme stürzt.

Wie Niewöhner ("Asphaltgorillas", "Rubinrot", "Der Fall Collini") diese vielen Facetten minutiös herausarbeitet und darstellt, ist beeindruckend und großartig! Der deutsche Kinostar liefert in seiner komplexen Rolle einfach mal die beste Leistung seiner Karriere ab und trägt den Film in jeder Szene!

Ein seltener Glücksmoment: Andi Jovanovich (Jannis Niewöhner; M.) Sonja (Lena Tronina; l.) ganz nahe. Mit Töchterchen Fiou (Sophia Demer) wirken sie wie eine schöne kleine Familie.
Ein seltener Glücksmoment: Andi Jovanovich (Jannis Niewöhner; M.) Sonja (Lena Tronina; l.) ganz nahe. Mit Töchterchen Fiou (Sophia Demer) wirken sie wie eine schöne kleine Familie.  © PR/ Flare Film/Falko Lachmund

"Kids Run" ist ein generationsübergreifender Film über die Bedeutung der Erziehung geworden

Nikki (Eline Doenst; l.) und Ronny (Giuseppe Bonvissuto) haben es in ihrem Leben alles andere als leicht.
Nikki (Eline Doenst; l.) und Ronny (Giuseppe Bonvissuto) haben es in ihrem Leben alles andere als leicht.  © PR/ Flare Film/Falko Lachmund

Auch die Dialoge sind glaubwürdig und entsprechen der Gesellschaftsschicht der Charaktere. Andi sagt zu seiner Tochter Nikki beispielsweise in einer Sequenz: "Ey, verpiss dich von dem Zwinger jetzt!" Auch Sätze wie "Bist du behindert?" oder ähnliches passen sprachlich zu seinem sonstigen Auftreten.

Dass er so glänzen kann, liegt aber auch an den Kinderschauspielern und Tronina ("Waren einmal Revoluzzer"). Sie alle erden ihre Figuren, was entscheidend dazu beiträgt, dass man ihnen ihre Parts abkauft.

Das ist auch wichtig dafür, dass das Drama über weite Strecken herausragend gut funktioniert. Denn Ott spannt einen generationsübergreifenden Bogen und verdeutlicht eindrucksvoll, welche Auswirkungen die (schlechte) Erziehung von Kindern haben kann.

Sie werden nämlich mehrfach auf emotional grausame Weise vernachlässigt und reagieren entsprechend darauf, was Andi noch wütender und verzweifelter macht.

Denn ihm will aus seiner Höllenspirale einfach kein Ausbruch gelingen. Trotzdem werden auch schöne Augenblicke voller Hoffnung, in denen eine andere Zukunft möglich zu sein scheint, fließend in die Handlung eingebaut.

Andi Jovanovich (Jannis Niewöhner) schlägt sich im wahrsten Sinne des Wortes mühsam durch sein Leben durch.
Andi Jovanovich (Jannis Niewöhner) schlägt sich im wahrsten Sinne des Wortes mühsam durch sein Leben durch.  © PR/ Flare Film/Falko Lachmund

"Kids Run" geht in den Boxszenen leider die Puste aus

Fiou (Sophia Demer) raubt Andi mit ihrem Weinen immer wieder die Nerven.
Fiou (Sophia Demer) raubt Andi mit ihrem Weinen immer wieder die Nerven.  © PR/ Flare Film/Falko Lachmund

Doch leider geht Otts Film und ihrem Drehbuch in den letzten 20 Minuten ein wenig die Puste aus. Die Boxszenen sind - wie erst vor kurzem in "Gipsy Queen" - erschreckend schlecht choreografiert und auf Anhieb als gestellt auszumachen. Das kostet Atmosphäre und Authentizität.

Als wäre das noch nicht genug, wirkt auch das Ende inkonsequent und passt nicht wirklich zu dem, was man zuvor zu sehen bekommen hat. Das ist schade, weil natürlich der letzte Eindruck haften bleibt und man doch ein wenig enttäuscht ist.

Denn "Kids Run" hätte so erkennbar viel mehr Potenzial gehabt und beweist dies auch 85 Minuten lang. So arbeitet Ott immer wieder angemessen schockierende Momente ein, die verdeutlichen, mit was für Menschen es das Publikum zu tun hat.

Ihr Werk ist trotz der Schwächen mitreißend, weil die Locations durch ihre Trostlosigkeit die Stimmung verstärken. Auch die großartigen Kostüme, die Musikuntermalung und die Kameraführung, die nah am Geschehen dran ist, stehen für Qualität.

So ist "Kids Run" ein intelligentes, hartes und spannendes Drama geworden, dem man allerdings ein besseres Ende und stärker inszenierte Boxkämpfe gewünscht hätte. Dann wäre der Film sogar eines der besten deutschen Werke des Jahres geworden. So ist er "nur" richtig gut.

Titelfoto: PR/ Flare Film/Falko Lachmund

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