"Plan A - Was würdest du tun?": Radikale Gruppe will sich an Nazi-Deutschland rächen!

Deutschland - Wuchtiges Weltkriegsdrama! "Plan A - Was würdest du tun?" läuft am 9. Dezember in den (offenen) deutschen Kinos an und fügt dem oft bedienten Genre eine spannende Episode hinzu. Die TAG24-Kritik.

Die Körpersprache sagt alles: Max (August Diehl, 45, l.) kehrt auf sein früheres Anwesen zurück, wird aber von Clemens (Eckhard Preuß, 60) niedergeschlagen, bedroht und verscheucht.
Die Körpersprache sagt alles: Max (August Diehl, 45, l.) kehrt auf sein früheres Anwesen zurück, wird aber von Clemens (Eckhard Preuß, 60) niedergeschlagen, bedroht und verscheucht.  © PR/Camino Filmverleih GmbH

"Was, wenn ich dir sagen würde, dass deine Familie ermordet wurde? Stell dir das vor. Nur für einen Moment. Deine Kinder. Deine Brüder. Schwestern. Eltern. Freunde. Einfach alle. Und das ohne jeglichen Grund. Und jetzt frag' dich: Was würdest du tun?"

Diese nachdenklich stimmenden Sätze spricht Max (August Diehl, 45) aus dem Off. Mit ihnen startet der Film, der kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges im Jahr 1945 in Deutschland spielt, und reißt die Zuschauer direkt in die Handlung hinein.

Anschließend ist erst mal eine Frau in der Küche zu sehen, die von ihrem Sohn herbeigerufen wird. Vor dem Haus steht ein zerlumpt aussehender fremder Mann. Auf ihre Bitte hin geht der Junge seinen Vater Clemens (Eckhard Preuß, 60) holen. Er erkennt Max wieder, denn das Grundstück gehörte einst dem Rückkehrer. Dieser fragt den Nazi, ob seine Frau Ruth und der gemeinsame Sohn Benjamin wiedergekommen sind, was der verneint.

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Der neue Besitzer wird auch mit seiner unrühmlichen Vergangenheit konfrontiert. "Wieso hast du uns verraten?" Darauf antwortet er nicht. Ihn nerven die Fragen, weshalb er seine Frau und seinen Sohn ins Haus schickt, den ungebetenen Gast wuchtig mit seinem Gewehr niederschlägt und ihm hasserfüllt droht: "Runter von meinem Grundstück. Glaub' ja nicht, dass wir keine Juden mehr töten können, nur, weil der Krieg vorbei ist." So verschwindet Max und zieht obdachlos umher. Doch er ist viel schlimmere Dinge gewohnt, schließlich überlebte er die Grauen des Konzentrationslagers von Auschwitz, das ihn allerdings erkennbar zeichnete.

Wenig später trifft er unterwegs mit Avraham (Yehuda Almagor, 62) einen Gleichgesinnten, der psychische Probleme hat. Gemeinsam stoßen sie auf die Jüdische Brigade der britischen Armee um Anführer Michael (Michael Aloni, 37). Sie machen ehemalige SS-Leute ausfindig, klagen sie an und erschießen sie an Ort und Stelle. Da auch Max auf Rache sinnt, schließt er sich ihnen an - mit weitreichenden Folgen...

Deutscher Trailer zu "Plan A - Was würdest du tun?" mit August Diehl, Sylvia Hoeks und Michael Aloni

"Plan A - Was würdest du tun?" erzählt eine wichtige, weitgehend unbekannte Weltkriegsgeschichte

Max (August Diehl, 45) hat seine Frau und seinen Sohn gezeichnet, hängt das Porträt in einem Auffanglager an die Wand. Wie die vielen anderen Briefe zeigen, sind auch unzählige andere Menschen auf der Suche nach ihren Angehörigen.
Max (August Diehl, 45) hat seine Frau und seinen Sohn gezeichnet, hängt das Porträt in einem Auffanglager an die Wand. Wie die vielen anderen Briefe zeigen, sind auch unzählige andere Menschen auf der Suche nach ihren Angehörigen.  © PR/Camino Filmverleih GmbH

Diese auf wahren Begebenheiten beruhende Geschichte hat das Regie- und Skript-Duo Doron sowie Yoav Paz (43 bzw. 45, "Golem - Wiedergeburt", "JeruZalem") klasse umgesetzt. Ihnen ist ein wichtiger Beitrag zum oft bemühten Subgenre gelungen. Ihr Werk hat nämlich eine ganz eigene, faszinierende Sichtweise auf die damalige Zeit.

Denn die radikale jüdische Gruppierung mit dem Namen "Nakam" (auf Hebräisch: Rache) wollte für den Holocaust auch in der Realität Vergeltung üben und zeigen, dass man sich nicht mehr wie "Lämmer zur Schlachtbank" führen lässt.

So setzten sich die Mitglieder damals das Vorhaben in den Kopf, das Trinkwasser in Deutschland zu vergiften, weil für sie keiner unschuldig war. Die Leute hätten sie verraten, von den Lagern gewusst, gejubelt, als man sie abholte und ausbeutete, weshalb alle auf die Anklagebank gehörten.

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Diese hochgradig brisante sowie spannende Story haben die "Paz Brothers" gut recherchiert und umgesetzt, weil sie die vielen verschiedenen Fraktionen sowie ihre unterschiedlichen Perspektiven verständlich darlegen und es dem Publikum so ermöglichen, tief in ihre Filmwelt abzutauchen.

Das intelligente Drehbuch hat daran einen großen Anteil und überzeugt zudem mit seiner Hintergründigkeit.

Originaltrailer zu "Plan A - Was würdest du tun?" mit August Diehl, Nikolai Kinski und Milton Welsh

August Diehl zeigt in "Plan A - Was würdest du tun?" eine exzellente Performance

Max (August Diehl, 45, r.) heckt gemeinsam mit den drei "Nakam"-Mitgliedern Anna (Sylvia Hoeks, 38, 2.v.r.), Belkin (Milton Welsh, 52, 2.v.l.) und Tzvi (Nikolai Kinski, 45) einen gefährlichen Plan aus.
Max (August Diehl, 45, r.) heckt gemeinsam mit den drei "Nakam"-Mitgliedern Anna (Sylvia Hoeks, 38, 2.v.r.), Belkin (Milton Welsh, 52, 2.v.l.) und Tzvi (Nikolai Kinski, 45) einen gefährlichen Plan aus.  © PR/Camino Filmverleih GmbH

"Plan A" geht in die Tiefe und wirft viele Fragen um Rache, Schuld, Vergebung und Wut auf. Darüber hinaus zieht sich der Untertitel "Was würdest du tun?", der zu Beginn einprägsam erwähnt wird, wie ein roter Faden durch die 109 Minuten Laufzeit.

Denn natürlich fragt man sich: Wie hätte man selbst reagiert, wenn man in dieser furchtbaren Lage gewesen wäre? Auch deshalb holt einen das Drama mit Thriller-Elementen auf einer emotional packenden Ebene ab, sodass es eine Sogwirkung entfaltet.

Zusätzlich ist es den Paz-Brüdern sehr gut gelungen, die Charaktere zu porträtieren und zu entwickeln. Speziell Max fungiert als erdender Anker, mit dem man sich vollauf identifizieren kann, weil seine Handlungen sowie Motive nachvollziehbar inszeniert werden.

Das hängt auch mit Diehl ("Inglourious Basterds", "Die Fälscher", "Salt") zusammen, der eine überragende Leistung zeigt und viele mimische Feinheiten in sein Spiel einbaut. In seinen Augen und seinem Mienenspiel spiegelt sich wider, was seine Figur alles durchlebt haben muss. Jegliche Form von Freude ist aus seinem mitgenommenen sowie hoffnungslos wirkenden Gesicht gewichen. Hinter seiner Fassade der Gleichgültigkeit drängen immer wieder seine wahren Gefühle an die Oberfläche. Wie Diehl all das einfängt und verständlich aufzeigt, ist ganz großes Kino!

Zudem überzeugt er auch mit einer Körpersprache, die vom KZ geprägt ist und aussagt: bloß nicht auffallen! Mit all diesen und vielen weiteren Details beweist der international gefragte Berliner, der schon unter Quentin Tarantino (58) sowie Terrence Malick (77) und mit Brad Pitt (57), Christoph Waltz (65) sowie Angelina Jolie (46) drehte, weshalb er einer der besten deutschen Schauspieler überhaupt ist.

Michael (Michael Aloni, 37, r.) gewinnt Max (August Diehl, 45) für seine Sache.
Michael (Michael Aloni, 37, r.) gewinnt Max (August Diehl, 45) für seine Sache.  © PR/Camino Filmverleih GmbH

"Plan A - Was würdest du tun?" erzeugt eine beklemmende Stimmung

Anna (Sylvia Hoeks, 38, l.) hat ebenfalls schreckliche Dinge durchlebt und ist deshalb verbittert sowie wütend.
Anna (Sylvia Hoeks, 38, l.) hat ebenfalls schreckliche Dinge durchlebt und ist deshalb verbittert sowie wütend.  © PR/Camino Filmverleih GmbH

Neben ihm zeigen Sylvia Hoeks (38, "See: Reich der Blinden", "Verschwörung", "Blade Runner 2049") als radikale "Nakam"-Dame Anna und Aloni ("Shtisel") als deutlich zurückhaltenderer Brigade-Anführer Michael ebenfalls starke Leistungen. Auch der Rest des Casts füllt seine Rollen gut aus.

Unterstützt werden die Handlung und Darsteller von den zeitversetzenden Kostümen, dem smarten Schnitt, den aufwendig gestalteten sowie exzellent gefilmten Locations und der ruhigen Kameraführung, die für eindringliche Bilder auf hohem cineastischem Niveau sorgt.

Die deprimierende, in Grau-Braun gehaltene Farbgebung trägt ebenfalls ihren Teil zur beklemmenden Atmosphäre bei, durch die man den Schmerz einer gesamten Bevölkerungsgruppe bestens nachempfinden kann.

Nur eine Kategorie passt sich der sonst sehr guten Qualität nicht an. Die deutsche Fassung enttäuscht, weil hier viele Sprecher zu ausdruckslos agieren und unpassend betonen. In dieser Version verliert der Film bezogen auf die Stimmung einige Prozentpunkte. Wer die Möglichkeit hat, sollte sich daher das Original, wahlweise mit Untertiteln, anschauen.

Aus dem Gesicht von Max (August Diehl, 45, r.) ist jegliche Form von Lebensfreude gewichen. Zu tief sitzen die traumatischen Erlebnisse im KZ.
Aus dem Gesicht von Max (August Diehl, 45, r.) ist jegliche Form von Lebensfreude gewichen. Zu tief sitzen die traumatischen Erlebnisse im KZ.  © PR/Camino Filmverleih GmbH

Zusammengenommen ist "Plan A - Was würdest du tun?" ein starker, wichtiger und hinterfragender Film geworden, der dank seiner brillanten Schauspieler um Diehl, seiner unverbrauchten Geschichte und seiner packenden Atmosphäre überzeugt. Vor allem in der Originalfassung sehenswert.

Titelfoto: PR/Camino Filmverleih GmbH

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