Amateur-Vereine vor dem Bankrott? TV-Doku deckt Schwarzgeld-Skandal auf
München - Am Mittwoch zeigt das Erste die auf ARD-Recherchen basierende Doku: "Milliardenspiel Amateurfußball – Wenn das Geld im Umschlag kommt". Darin heißt es, es werden pro Saison rund 500 Millionen Euro an Schwarzgeld ausgezahlt.

Steuern und Sozialabgaben: Fehlanzeige, so der Vorwurf. Diese Zahlen seien anhand von Hochrechnungen ermittelt worden.
Über eine zusammen mit Correctiv durchgeführten Internet-Befragung wurden Amateur-Fußballer aufgerufen, freiwillige Angaben zu ihrem Verdienst zu machen. Niemand musste mitmachen - und doch gingen laut Darstellung mehr als 10.000 Nachrichten ein.
Wie repräsentativ die Daten damit sind, mag nicht ganz zweifelsfrei sein. Die Ludwig-Maximilians-Universität München bezeichnete die Befragung jedoch als "aktuell einzige Stichprobe dieses Umfangs zur Bezahl-Kultur im Amateurfußball".
Nimmt man Angaben aus der Umfrage und rechnet sie auf alle aktiven Sportler hoch, würden bundesweit etwa 100 Millionen Euro an Spielergehältern ausbezahlt werden - pro Monat. Und dabei hätten 99 Prozent der registrierten Spieler überhaupt keinen Amateur-Vertrag.
Bis in die 9. Liga, so heißt es, würden die Mannschaften zum Teil aus Söldnern bestehen, die in manchen Fällen neben Festgage auch Prämien für Siege oder fürs Auflaufen erhalten.
"Ein Teil wird aufs Konto überwiesen, ein Teil kommt im Umschlag", sagt ein Funktionär dem von den Journalisten eingesetzten Lockvogel.
Einige Fußball-Vereine könnten bankrottgehen

Viele junge Talente würden laut der Sendung ohne Bezahlung gar nicht mehr auflaufen und spielen dafür teils bei Vereinen unter ihrem eigentlichen Niveau.
Vom Bayerischen Fußball-Verband werden diese Zahlen angezweifelt: "Das ist aus meiner Sicht kein Massenphänomen", wird Jürgen Igelspacher, Geschäftsführer des BFV, vom Bayerischen Rundfunk zitiert.
Er ist sich sicher: "Die Verantwortlichen in den Vereinen haben nach meiner Erfahrung zur ganz großen Zahl überhaupt keine Lust mehr, steuerliche Risiken oder persönliche Haftungsrisiken einzugehen und arbeiten meistens sehr sorgfältig."
Der Soziologe Tim Frohwein von der Hochschule für angewandte Wissenschaften in München vermutet, dass die Verbände "genau wissen, welche Probleme damit verbunden sind" und wissen, welcher "Rattenschwanz da dran hängt", wenn "sie dich Büchse der Pandora mal öffnen".
Der Münchner Anwalt für Sportrecht, Thomas Summerer, rechnet damit, dass der TV-Beitrag ein "kleines Erdbeben" auslösen könnte. Die Schwarzgeld-Zahlungen seien Veruntreuung und damit ein Straftatbestand: "Den Vereinen droht der Entzug der Gemeinnützigkeit".
Viele kleinere Vereine stünden damit, so Summerer, vor einer Existenzbedrohung. Auch den Spielern könnte bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe drohen.
Die Dokumentation läuft am Mittwoch um 23.30 Uhr im Ersten und ist bereits jetzt in der ARD-Mediathek abrufbar.
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