Reportage: So dreist werden Haarausfall-Betroffene oft abgezockt

Leipzig - Plötzlich lichtet sich das Haar, und nach dem Duschen hält man ganze Büschel in den Händen: Für viele Menschen sind die ersten Anzeichen von Haarausfall ein Schock. Dass sie mit diesem Problem nicht alleine sind, und welche damit verbundenen Lösungen - aber auch Gefahren - es gibt, zeigt die MDR-Reportage "Betrogen und entstellt: Das Geschäft mit vollem Haar".

Jacob hat schon seit seiner Jugend mit Haarausfall zu kämpfen.
Jacob hat schon seit seiner Jugend mit Haarausfall zu kämpfen.  © MDR/Mia Media

Im Beitrag von Filmemacher Jonas Juckemann - der selbst unter Haarausfall leidet und nach langfristigen Lösungen sucht - kommt unter anderem der Frankfurter YouTuber Jacob zu Wort.

Bereits seit seiner Jugend hat er mit lichtem Haar zu kämpfen, inzwischen dreht er aufklärende Videos zu dem noch immer tabuisierten Thema.

Doch sein Weg war nicht immer einfach: Ab dem jungen Alter von nur 18 Jahren verließ Jacob ausschließlich mit Kappe das Haus, um aus Scham seinen lichten Schopf zu verstecken. Auch eine Glatze brachte nicht die gewünschte Erleichterung.

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Von seinem Umfeld wurde das Problem nicht ernst genommen: "Man bekommt immer wieder die Antwort: 'Es sind doch nur Haare. Ist doch nicht so schlimm, ist doch egal.'"

Beim Arzt holte er sich dann schließlich Medikamente mit dem Wirkstoff Finasterid, die zwar gegen den Haarausfall halfen, gleichzeitig aber krasse Begleiterscheinungen mit sich brachten: "Die Hauptnebenwirkung, die mir wiederum viel Freude am Leben genommen hat, war die erektile Dysfunktion." Etwa jeder 100. Behandelter klagt nach Einnahme über Depressionen oder Impotenz.

Heute hat Jacob das Medikament abgesetzt und ist mit einem aufgeklebten Haarteil überglücklich. Doch die wohl bekannteste Lösung für das Problem Haarausfall ist nach wie vor die Transplantation. Auch die geht allerdings mit zahlreichen Nachteilen einher, wie der Film aufzeigt.

Jacob hat für sich eine gute Lösung gefunden: ein Haarteil.
Jacob hat für sich eine gute Lösung gefunden: ein Haarteil.  © MDR/Mia Media

Werden Haar-Transplantationen zum Massengeschäft?

Leider wird bei Transplantationen oft gepfuscht.
Leider wird bei Transplantationen oft gepfuscht.  © MDR/Mia Media

Bei den Transplantationen werden dem Patienten unter örtlicher Betäubung gesunde Haarwurzeln "rausgestanzt" und an einer kahlen Stehle wieder eingesetzt. Diese sollen dort dann wieder nachwachsen.

Diese Methode ist nicht nur aufwendig und zieht sich oftmals über mehrere Stunden oder Tage, sondern noch dazu sehr kostenintensiv. Je nach Menge der zu transplantierenden Haare muss man schon mal fünfstellige Summen auf den Tisch legen. Von der Krankenkasse wird dies "nur in Ausnahmefällen" übernommen.

Neben all den Erfolgsgeschichten solcher Transplantationen gibt es auch viele kritische Erfahrungsberichte: So erzählt Marcel B. von einem Heilpraktiker, der ihm mittels einer "neuen Methode" volles Haar versprach, dann aber irreparablen Schaden an seiner Kopfhaut anrichtete. Und all das für rund 27.000 Euro.

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"Das Grundproblem ist, dass es [Haar-Transplantation, Anm. d. Red.] ein Massengeschäft geworden ist für unseriöse Kliniken", erklärt Fachanwalt Christoph Bomke, der rund 800 Betroffene betreut. Täglich kommen mehr dazu.

Mit niedrigen Preisen und falschen Versprechungen werden die verzweifelten Patienten angelockt und dann an ungeschultes Personal vermittelt. Auch an Aufklärung vor den Eingriffen mangelt es seiner Einschätzung nach oft.

Fest steht: Kliniken, die Haar-Transplantationen anbieten, werden oftmals nicht ausreichend kontrolliert und überwacht. Das muss sich ändern, findet auch Marcel. Nach dem Pfusch an seinem Schopf befindet er sich in psychologischer Betreuung: "Ich hoffe, dass ich wieder glücklich werde."

Bei Haartransplantationen werden Haarfollikel entnommen und neu eingesetzt.
Bei Haartransplantationen werden Haarfollikel entnommen und neu eingesetzt.  © MDR/Mia Media/Lars Langer

Die Reportage "Betrogen und entstellt: Das Geschäft mit vollem Haar" der Reihe "Exakt - Die Story" könnt Ihr ab sofort in der ARD-Mediathek angucken.

Titelfoto: Montage MDR/Mia Media ; MDR/Mia Media/Lars Langer

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