Was für ein Tatort-"Elend": "Der Mörder in mir" wird heftig!
Stuttgart - Was für ein "Elend"! Es regnet doll - es schifft! Er fährt, telefoniert - dienstlich. Plötzlich ein Aufprall. Nein, es war kein Wildunfall. Das wird schnell klar...
Er hätte auf der nassen, dunklen Straße nur ein paar Schritte bis zum Straßengraben gehen müssen, denn dort liegt der Fahrradfahrer, den er angefahren hat.
Genau dort, wo vor 100 Jahren legendäre Autorennen Zuschauer an die Strecke lockten, steht auf dem Ortsschild "Elend" - passender kann man ein Setting nicht setzen. "Elend" ist gleichzeitig Tatort-Programm...
Ben, der Unfallfahrer, fährt weiter, verdrängt, was er wohl ahnt. Der Babysitter muss abgelöst, ein Auftrag noch zu Ende geführt werden - er steht unter Druck, will schnell ins traute Heim.
Tags darauf werden die Kommissare Lannert und Bootz ihre Ermittlungen wegen Fahrerflucht und fahrlässiger Tötung aufnehmen. So der Plot des neuen Tatorts.
Kurz: Wir alle wissen, was los ist. Warum nur hat er nicht angehalten? Angst, Hoffnung, dass es gut ausgeht? Ben, dem Anwalt und Familienvater, ist sicherlich klar, dass das ein Fehler war. Trotzdem zieht er es vor, die Spuren des Unfalls zu vertuschen, statt sich zu stellen.
"Der Mörder in mir": Fahrerflucht als Psycho-Drama
Schließlich würde das den toten Obdachlosen auch nicht wieder lebendig machen, aber das Leben der Familie zerstören, da sind sich Ben und seine Frau Johanna einig.
Die akribische Beweisaufnahme von Lannert, Bootz und Gerichtsmediziner Vogt zahlt sich aus, sie kommen Ben immer näher.
Kleine Nebenspuren werden dem Zuschauer gelegt, ein Basecap wird zum Beweisstück. Mehr und mehr gerät Ben in die Enge, spürt, aus diesem "Elend" gibt es kein Entrinnen mehr.
Unangenehm und wenig sympathisch erscheint Bens Ehefrau, die vieles unternimmt, um das "Familien-Glück" zu retten...
Lohnt sich das Einschalten?
Ja. Oder auch nein. Doch!
Denn das Lohnende dieses Tatorts ist nicht der "Mörder", also der Unfallverursacher, der hätte anhalten können und müssen, sondern die Ehefrau, die mit aller Kälte versucht, die heile Familien-Welt aufrechtzuerhalten. Sie kommt im Laufe des Krimis dermaßen unsympathisch daher, dass man als Zuschauer versucht ist, auf des "Mörders" Seite zu stehen, der mit seiner Fehlentscheidung bis zum Schluss ringt...
Auch die Geschichte des Obdachlosen lässt uns als Zuschauer nicht kalt!
Titelfoto: SWR/Benoît Linder