ZDF-Reportage über Berliner Plattenbau: Vom Leben in der Betonwüste von Marzahn
Berlin/Mainz - Ob Hartz IV, Tristesse oder soziale Isolation: Kaum ein architektonisches Konzept ist so sehr mit Klischees und Vorurteilen behaftet wie die Plattenbauten in Berlin-Marzahn. Viele Menschen in den berüchtigten Wohnsilos kämpfen mit dem schlechten Ruf der als graue Stein- und Betonwüste und ästhetisches Verbrechen gebrandmarkten Wohnlage. Die "ZDF.reportage: Zuhause in der Platte - Ein Dorf auf 20 Stockwerken" beleuchtet den Alltag in dem "Dorf hochkant". Ein Blick hinter die Fassade zeigt: Die Wüste lebt!

"Das Plattenbau-Viertel von Berlin-Marzahn wurde 1986 als Prestigeprojekt des Wohnungsbaus in der DDR fertiggestellt", hieß es seitens des Mainzer Senders in einer Mitteilung.
Innerhalb von fünfzehn Jahren seien dort stolze 100.000 Wohnungen aus dem Boden gestampft worden.
Wegen der modernen Ausstattung rissen sich die Menschen um eine Unterkunft, während die geschmähten Altbauten vor sich hin marodierten. In der Nachwendezeit flaute die Attraktivität der Großwohnsiedlung dann ab.
Nun, in Zeiten von explodierenden Mieten, einem eklatanten Wohnungsmangel und mit Blick auf die ungebrochene Anziehungskraft von Berlin, ist eine Trendwende zu erkennen. Die Platte schüttelt langsam ihr Schmuddel-Image ab und erfreut sich bedingt durch Zuzug und Bevölkerungswachstum nicht nur bei Menschen mit niedrigem Einkommen steigender Beliebtheit.
Der Film von Sebastian Kentner erzählt von Menschen in der Marzahner Promenade 14. Dort leben rund 350 Menschen in 144 Wohnungen, verteilt auf 20 Stockwerke. Kettner spürt der Frage nach, wie sich das Zusammenleben im Haus nach der Wende verändert hat.
"Zu Hause in der Platte – Ein Dorf auf 20 Stockwerken"

Auf engem Raum sind Konflikte programmiert. Vandalismus, Unrat, Stunk und Lärm prägen nicht selten den Alltag der Menschen in der Plattenbau-Einöde im Osten der Hauptstadt. Mitten im Zentrum steht Hausmeister Thorsten Hauff. Über fehlende Arbeit kann sich Hauff in dem "Dorf hochkant" nicht beschweren.
Das goldene Handwerk ist gefragt. Hauff kümmert sich um die großen und kleinen Nöte der Bewohner und versucht, das Chaos kleinzuhalten. Er ist die regulierende Instanz in diesem funktionierenden Mikrokosmos.
Auch Bernd Engling lebt in der Platte. Der 74-Jährige ist laut Sender "Haus-Chronist, Mietervorstand und Chorleiter der 'Marzahner Promenaden-Mischung'". Seit 34 Jahren setzt sich der Rentner für die Gemeinschaft im Haus ein.
Er ist nicht nur Teil des Mieterbeirats, sondern "leistet mit dem liebevoll eingerichteten Haus-Klub im 20. Stock einen unschätzbaren Beitrag zur Kultur im Gebäude", gab der Sender weiter an. Seit der Corona-Krise ist es jedoch kulturell eher still in der Platte geworden, wäre da nicht die abendliche Jam-Session im Klub.
Weitere Protagonisten der Plattenbauwelt sind die zehnjährige Glorias Mukami aus Kenia, die erst seit 2019 in dem Haus wohnt, und Familie Rokosz aus Polen, für die die Hochhauswohnung in Marzahn überraschend zum neuen Zuhause wurde.
TV-Tipp: Die "ZDF.reportage: Zuhause in der Platte - Ein Dorf auf 20 Stockwerken" läuft am 18. April 2021 um 18 Uhr im ZDF. Der Film von Sebastian Kentner ist bereits ab Freitag, 16. April 2021, um 9 Uhr, in der ZDFmediathek abrufbar.
Titelfoto: Mike Auerbach/ZDF