Diese Mordfälle ließen Dresden erschauern

Henner Kotte: "Bonnie & Clyde vom Sachsenplatz“. 

Dresden - Jede Stadt hat ihre dunklen Geheimnisse, ihre gruseligen Legenden. Schaurige Verbrechen zumeist, die in ihrer Zeit hohe Wellen schlugen. 

Drei solcher authentischen Kriminalfälle aus Dresden schildert Henner Kotte in seinem Buch „Bonnie & Clyde vom Sachsenplatz“. Der Autor beweist: Auch in den Anfangsjahren des Sozialismus gab es Verbrechen, die Schlagzeilen machten.

Henner Kotte rekonstruiert die Nachkriegs-Verbrechen anhand von Vernehmungsprotokollen, Presseberichten und detaillierten Tatortbeschreibungen. Dieser sachliche Ansatz ist wohl gewählt - denn die ausführlich geschilderten Taten sind wahrlich nichts für schwache Nerven.

Mit dem ersten Fall führt Kotte zurück in die dunkelste Zeit Dresdens, in den Winter 1946. Die schnell als „Schlächterin von der Talstraße“ berüchtigte Kriegswitwe Frieda Lehmann hatte in ihrer Wohnung eine Arbeitskollegin erstochen - weil sie deren Mantel begehrte. Auch den kleinen Sohn des Opfers brachte die Frau um, zerstückelte die Leichen in ihrer Küche, verteilte sie in der Neustadt; im Alaunpark, am Bahnhof.

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Bis 1990 waren die Knochen der 1947 hingerichteten Doppelmörderin Frieda Lehmann öffentlich im Museum zu sehen (F. oben). Kindergärtnerin Anita Görke (kl. F. unten) hatte viele Verehrer.1949 ließ sie sich auf den Falschen ein - und traf ihren Mörder.    © DPA

Kurz nach der bestialischen Tat gab es Gerüchte von Menschenfleisch, das verkauft worden sei. Ein Fall von Menschenfresserei? Das blieb so ungeklärt wie die Frage, ob die Frau einen Mordgehilfen hatte - wie sie behauptete.

Frieda Lehmann wurde zum Tode verurteilt, starb unter dem Fallbeil. Doch noch bis nach dem Mauerfall blieb die Doppelmörderin seltsam „lebendig“: Ihre Knochen hingen bis 1990 im Deutschen Hygiene-Museum, als Teil einer Dauerausstellung, heißt es. Erst dann verschwand das Skelett. Wohin? Das weiß niemand.

Stiller verlief das Schicksal der jungen Kindergärtnerin Anita Görke, die in Kaditz aufwuchs. 1949 traf sie ihren Mörder. Die Leiche der jungen Frau wurde in der Gartenkolonie „Immer vorwärts“ gefunden, wo heute der Elbepark steht. Sie hatte Sex, dann wurde sie brutal erschlagen, mit Hammer und einem Spaten. Bis tief in den Westen wurde der Mann gesucht, auf den sich das lebenslustige Opfer eingelassen hatte. Gefunden wurde er nie, die grausige Tat blieb ungeklärt.

Eine Liebesgeschichte aus dem Jahre 1955 schließlich ist der Fall des Räuberpärchens Pit Jänisch und Nonka Honnert, den titelgebenden Bonnie und Clyde. Sie schmökerten Groschenhefte, träumten vom Hochglanzleben beim Klassenfeind, bis sie - gerade 19 und 20 Jahre alt - einen skrupellosen Raubmord begingen.

Auch ihr Prozess fand unter riesigem Publikumsinteresse statt. Es waren Kriminalskandale, die die frühe DDR aufwühlten. „Bonnie & Clyde vom Sachsenplatz“ von Henner Kotte ist erschienen im Verlag Bild und Heimat und kostet 12,99 Euro.