25 Prozent mehr Schusswaffen innerhalb eines Jahres: Chemnitzer rüsten massiv auf

Chemnitz - Es sind alarmierende Zahlen: Innerhalb eines Jahres ist die Zahl der registrierten Schusswaffen in der Stadt um fast 25 Prozent gestiegen - von 4858 auf 6067.

Bernd Pohlers (67) verkauft in der Elisenstraße Jagd- und Sportwaffen. Von einer erhöhten Nachfrage bemerkte er nichts, im Gegenteil.
Bernd Pohlers (67) verkauft in der Elisenstraße Jagd- und Sportwaffen. Von einer erhöhten Nachfrage bemerkte er nichts, im Gegenteil.  © Uwe Meinhold

Seit 2016 hat die Zahl der Waffen in Chemnitz kontinuierlich zugenommen, durchschnittlich um rund 200 jährlich. Voriges Jahr schnellte der Zuwachs auf 1200 Waffen hoch.

Die Zahl der Personen, die zum Umgang mit Schusswaffen berechtigt sind, blieb mit 1145 fast unverändert.

Das teilte Ordnungsbürgermeister Miko Runkel (60, parteilos) jetzt auf Anfrage von Susanne Schaper (43, Linke) mit.

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Die Stadträtin ist alarmiert: "Wenn die Zahlen so stimmen, bewaffnen sich einige Menschen immer mehr. Das ist besorgniserregend."

Büchsenmachermeister Bernd Bohlers (67) ist überrascht: "Für mich sind die Zahlen nicht nachvollziehbar. Meine Kunden sind überwiegend Sportschützen."

"Die Nachfrage ist eher gesunken, weil auch die Schießstände geschlossen haben", fügt Bohlers an.

Für Waffen wie diese Pistole Typ CZ Shadow brauchen Käufer eine waffenrechtliche Erlaubnis.
Für Waffen wie diese Pistole Typ CZ Shadow brauchen Käufer eine waffenrechtliche Erlaubnis.  © Uwe Meinhold
Stadträtin Susanne Schaper (40, Linke) findet den Zuwachs an Waffen in der Stadt Besorgnis erregend.
Stadträtin Susanne Schaper (40, Linke) findet den Zuwachs an Waffen in der Stadt Besorgnis erregend.  © Uwe Meinhold

Polizei-Gewerkschaftsvorsitzender vermutet: "Menschen fühlen sich subjektiv gefährdeter"

Hagen Husgen (56), Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, mahnt mehr Kontrollen bei Waffenbesitzern an.
Hagen Husgen (56), Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, mahnt mehr Kontrollen bei Waffenbesitzern an.  © Christian Suhrbier

Joachim Horn (72) vom Chemnitzer Schützenverein Schützenhof glaubt nicht, dass der Verein einen Anteil am Waffenboom hat: "Wir legen Wert darauf, dass bei uns nur Sportschützen aktiv sind und der Verein nicht zur Waffenbeschaffung genutzt wird."

Der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Hagen Husgen (56), vermutet: "Eine Ursache könnte sein, dass sich Menschen subjektiv gefährdeter fühlen. Dabei erhöht die Verfügbarkeit einer Waffe immer die Gefahr für Menschen, anstatt diese zu schützen."

Heißt: Ist eine Waffe griffbereit, könnte sie bei Konflikten auch genutzt werden. Wie vor zwei Wochen in Limbach-Oberfrohna, als ein Senior (73) seinen Stiefsohn mit einer Pistole erschoss (TAG24 berichtete).

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Oder vor sechs Wochen in Lichtenstein, als ein Mann (69) seinen Nachbarn mit der Schrotflinte tötete (TAG24 berichtete).

Kaum Kontrollen bei Chemnitzer Waffenbesitzern

Waffenbesitzer müssen einige Regeln einhalten. In Chemnitz wird das jedoch kaum kontrolliert. "Im Jahr 2020 konnten coronabedingt lediglich zwei Kontrollen durchgeführt werden", so Ordnungsbürgermeister Miko Runkel (59, parteilos).

Linke-Stadträtin Susann Schaper (43) will das nicht hinnehmen: "Kontrollen sollten trotzdem möglich sein - besonders auch vor dem Hintergrund der jüngsten Geschehnisse im Umland. Ich werde dazu noch einmal nachfragen."

Auch GdP-Chef Hagen Husgen fordert striktere Prüfungen: "Wer Waffen zulässt, muss auch kontrollieren. Außerdem sollten angesichts der stark gestiegenen Zahlen häuslicher Gewalt die Kriterien einer charakterlichen Eignung strenger ausgelegt werden", sagt Husgen.

Titelfoto: Uwe Meinhold, Christian Suhrbier

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