Dresden erlebt wohl spektakulärstes Ausstellungsprojekt seit langer Zeit

Dresden - Sein 70. Geburtstag liegt nicht ganz ein halbes Jahr zurück, das vielleicht schönste Geschenk erhält der südafrikanische Künstler William Kentridge dieser Tage mit einem Ausstellungsfestival zu seinen Ehren im Essener Folkwang-Museum und bei den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden in Albertinum, Kupferstich-Kabinett und Puppentheatersammlung. Der Dresdner Teil eröffnete Freitagabend mit einer Prozession von Künstlern und Musikern durch Dresdens Altstadt.

Ein Besucher betrachtet die Prozession "More Sweetly Play the Dance."  © Norbert Neumann

Vier Ausstellungen eines Künstlers zu selben Zeit - ein Gesamtkunstwerk wie dieses habe es in der Geschichte der SKD noch nicht gegeben, so Generaldirektor Bernd Ebert. Der zur Eröffnung angereiste Künstler freute sich über diese "Birthdayparty with four slices of cake" (Geburtstagsfeier mit vier Stück Kuchen).

Die Idee zur Ausstellung kam von Stephanie Buck, Direktorin des Kupferstich-Kabinetts. Im Kontakt zu Folkwang-Kurator Tobias Burg nahm die Kooperation Dresden/Essen Gestalt an. Und die Dimensionen wuchsen, da sich der Künstler offen und interessiert zeigte.

Er kenne Dresdens Geschichte, wisse von der Zerstörung im Krieg und dem Wiederaufbau nach dem Krieg und später der Wiedervereinigung. Überhaupt die Wiedervereinigung, das Ende des Kalten Krieges mit dem Wandel in Osteuropa, es sei zeitgleich verlaufen mit dem Ende der Apartheid und dem Einigungsprozess in Südafrika. Parallele Entwicklung erzeugt Nähe.

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William Kentridge ist berühmt geworden für seine animierten Kohlezeichnungen, politisch engagierte Werke in Auseinandersetzung mit Kolonialismus und Apartheid. Seine Kunst verbindet Zeichnung, Film, Theater und Oper zu poetisch-fragmentarischen Bildwelten.

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Künstler William Kentridge (70) mit einer Auswahl von Prozessions-Bronzen.  © Norbert Neumann

Sieben Großleinwände sorgen für überwältigendes Erlebnis

Die großformatigen Vorzeichnungen zum Fürstenzug.  © Norbert Neumann

Große Bedeutung für sein Werk und auch für die Dresdner Ausstellungen haben Prozessionen. Sie stehen in seinem Werk für Migration, Flucht und Vertreibung, auch für Trauerzüge, politische Demonstrationen und Arbeitsmärsche. "Derartiges war in Südafrika zurzeit der Apartheid unmöglich", sagte der Künstler am Freitag.

Im Albertinum zu sehen sind zwei etwa viertelstündige Filme, "Oh To Believe in Another World" (2022) und "More Sweetly Play the Dance" (2015). Der Erstgenannte wurde geschaffen als Illustration zu Dmitri Schostakowitschs 10. Sinfonie, die sich mit der Zeit des Stalinismus beschäftigt.

Der Zweitgenannte ist eine Projektion im Rundlauf, begleitet von Brassband-Untermalung – ein filmisch-performatives Gesamtkunstwerk aus Zeichnung, Tanz und Musik.

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Übertragen auf sieben nebeneinanderstehende, teils leicht verkantete Großleinwände ergibt sich ein überwältigendes Erlebnis. Kontrastiert wird das zu den gleichfalls riesenformatigen Entwurfszeichnungen zum Dresdner Fürstenzug, angebracht auf Stellwänden oder ausgerollt auf einem großen Tisch.

Neue Arbeiten von Kentridge als Puppentheaterregisseur dabei

"Listen to the Echo" in der Puppentheatersammlung.  © Norbert Neumann

Im Kupferstich-Kabinett zu sehen sind eine Auswahl von Kentridges experimentellen Druckgrafiken seit den 70er-Jahren. Zentrales Motiv auch hier die Prozession. Die Arbeiten werden im Dialog gezeigt mit Werken aus der Dresdner Sammlung, etwa von Callot, Dürer, Holbein.

Ergänzt wird das durch zwei Filme, die zeigen, wie Kentridges Druckgrafik visuell weitergedacht wird. Im angrenzenden Studiolo ausgestellt sind unter anderem die "Drawings for Projection" (1989–2020) – Kentridges frühen animierten Kohlezeichnungen.

In der Puppentheatersammlung war das von Kentridge und Bronwyn Lace gegründete "Centre for the Less Good Idea" aus Johannesburg eingeladen, historische Puppen der Sammlung auf experimentelle Weise zum Leben zu erwecken.

Fünf Schaukästen auf Grundlage der Theatertricktechnik "Pepper's Ghost" sind dafür entwickelt worden, die mithilfe einer semitransparenten Glasscheibe "Geister" erscheinen lassen.

Auch neue Arbeiten von Kentridge als Puppentheaterregisseur werden gezeigt.

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Albertinum-Direktorin Hilke Wagner hellauf begeistert

"Listen to the Echo" im Kupferstich-Kabinett.  © Norbert Neumann

William Kentridge ist ein weltbekannter Künstler, der im Bestand der SKD bisher nur mit einer großformatigen Arbeit im Kupferstich-Kabinett und drei Arbeiten in der Schenkung Sammlung Hoffmann vertreten war.

Hinzu kommen nun mit dem Ausstellungsfestival eine der fünf "Pepper's Ghost"-Boxen sowie Fotos und Filmaufnahmen sowie ein gutes Dutzend sogenannter "Props" (Properties = Performance-Requisiten) der Eröffnungs-Prozession durch die Altstadt, die in Zusammenarbeit mit dem "Centre for the Less Good Idea" geschaffen wurden.

Insgesamt erlebt Dresden sein spektakulärstes Ausstellungsprojekt seit langer Zeit. Albertinum-Direktorin Hilke Wagner: "Ein Traum wird wahr."

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