Ausgerechnet in Plattenbauvierteln! Dresdner Jugendkunstschule muss Angebote "eindampfen"

Dresden - Die städtische Jugendkunstschule (JKS) will Dresdens Nachwuchs Kunst und Kultur nahebringen. Seit 2005 auch in Prohlis und Gorbitz mit mehr als 6000 Schülern allein im vergangenen Jahr. Nun sind die beiden Standorte in der Platte von drastischen Kürzungen betroffen.

Robert Lewetzky (42) leitet den Standort Gorbitz, der auf Darstellende Kunst spezialisiert ist.
Robert Lewetzky (42) leitet den Standort Gorbitz, der auf Darstellende Kunst spezialisiert ist.  © Thomas Türpe

Das hängt mit dem Herrenberg-Urteil des Bundessozialgerichts zusammen, in dessen Folge die Kriterien zur Feststellung einer Selbständigkeit von Honorarkräften verschärft wurden.

Prüfergebnis nach den neuen Regeln: Die Mehrzahl der 38 Honorarkräfte der Jugendkunstschule galt als scheinselbstständig. Weil die Stadt deren Festanstellungen nicht bezahlen kann, musste die Schule das Angebot drastisch kürzen.

Besonders hart trifft das den Standort Palitzschhof in Prohlis. Der alte Dreiseitenhof (1867 erbaut) lockt mit Werkstätten, etwa für Keramik, Ledern, Siebdruck und Näharbeiten, beschäftigte darin bis zu 15 Lehrkräfte auf Honorarbasis. Seit die wegfallen, ist die Weberei geschlossen.

Dresden: Sarrasani verzaubert Senioren in Dresdner Altersheim
Dresden Kultur & Leute Sarrasani verzaubert Senioren in Dresdner Altersheim

Und auch die anderen Werkstätten können nur sporadisch besetzt werden.

"Es ist schlimm, dass so viele Angebote wegfallen", sagt Ricarda Schleier (43), die seit fünf Jahren als eine der wenigen Festangestellten in Prohlis arbeitet, die Zusammenarbeit mit den Honorarlehrern immer schätzte.

Ein Kleinod zwischen Plattenbauten: Im Prohliser Palitzschhof wird seit knapp 20 Jahren Kunsthandwerk gelehrt.
Ein Kleinod zwischen Plattenbauten: Im Prohliser Palitzschhof wird seit knapp 20 Jahren Kunsthandwerk gelehrt.  © Thomas Türpe
Jahrelang gab eine Honorarlehrerin in der Weberei traditionelles Handwerkswissen weiter. Jetzt steht die Werkstatt leer.
Jahrelang gab eine Honorarlehrerin in der Weberei traditionelles Handwerkswissen weiter. Jetzt steht die Werkstatt leer.  © Thomas Türpe

Dresdner Stadtrat muss richtungsweisende Entscheidung treffen

Nur noch sporadisch können im Keramikatelier Kurse stattfinden. Das findet auch Keramikerin Sarah Domaratius (35) schade.
Nur noch sporadisch können im Keramikatelier Kurse stattfinden. Das findet auch Keramikerin Sarah Domaratius (35) schade.  © Thomas Türpe

Um den Verlust etwas zu kompensieren, muss sie, die eigentlich im Büro tätig ist, vermehrt in der Lehre einspringen.

Dort ist die studierte Kunstpädagogin erschrocken über die rückläufigen motorischen Fähigkeiten und mangelnde Fantasie vieler Kinder. "Prohlis ist als Brennpunkt bekannt. Gerade hier ist es wichtig, kulturelle Bildung zu verankern", sagt sie.

Nicht nur in Prohlis, auch in Gorbitz arbeitet die Jugendkunstschule verstärkt mit Schulen und Kindergärten zusammen, um Nachwuchs aus der Umgebung anzulocken.

Dresden: Wolle Förster löst Versprechen ein: Zweiter TV für die Arche
Dresden Kultur & Leute Wolle Förster löst Versprechen ein: Zweiter TV für die Arche

Laut Gorbitzer Standortleiter Robert Lewetzky (42) mit Erfolg: "Zuletzt haben wir mehr Kinder aus bildungsfernen Haushalten erreicht. Manche haben sich nur einen Dresden-Pass besorgt, um bei uns mitmachen zu können."

Trotzdem musste er jüngst drei von vormals fünf Tanzkursen aus dem Programm nehmen. Die einst zuständigen Honorarkräfte darf die Stadt nicht mehr beschäftigen, die kurzfristig geschaffenen acht Teilzeitstellen (für ganz Dresden) reichen als Übergangslösung nicht aus. Ob das Problem gelöst werden kann, zeigt der nächste Doppelhaushalt.

Darüber entscheidet der Stadtrat im Februar 2025.

Titelfoto: Thomas Türpe

Mehr zum Thema Dresden Kultur & Leute: