Das Hygiene-Museum und seine DDR-Geschichte: Große Sonderausstellung "VEB Museum"

Dresden - Auch mehr als 35 Jahre nach dem Ende der DDR wird leidenschaftlich über die Erinnerung an und das Leben in der Diktatur diskutiert und gestritten. Mit der großen Sonderausstellung "VEB Museum" schaut das Deutsche Hygiene-Museum Dresden (DHMD) in diese Phase seiner Geschichte zurück.

Papierschnitt-Arbeit "Sieger der Geschichte" (2005, r.) von Annette Schröter: Welche Macht hatten die Arbeiter im Sozialismus?
Papierschnitt-Arbeit "Sieger der Geschichte" (2005, r.) von Annette Schröter: Welche Macht hatten die Arbeiter im Sozialismus?  © Eric Münch

Es geht nicht um Nostalgie, sondern Fragen wie: Was war das für ein Haus, an das sich so viele Ostdeutsche bis heute lebhaft erinnern, welche Themen hat es attraktiv gemacht und was kann seine DDR-Geschichte über die Gesellschaft und Arbeitswelt eines Staates erzählen, den es nicht mehr gibt?

"Die Aufarbeitung der DDR fand anfangs nur zwischen Unrechtsaspekten und 'Ostalgie' statt", sagt Professor Thomas Lindenberger, Direktor des Hannah Arendt Instituts für Totalitarismusforschung der TU Dresden.

Viele Menschen aber hätten individuell ein sinnvolles Leben in der DDR geführt, an das sie sich zu Recht erinnern wollten. Um heute Diktatur und Alltag zu rekonstruieren und zu verknüpfen, gäbe es kaum eine geeignetere Institution als den Betrieb: "Die VEBs waren oft die stärksten Verbindungen für die meisten."

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"VEB Museum" gibt Einblick in die Arbeitswelt des Sozialismus, die eng mit dem Alltag der Menschen, Gesellschaft und Staat verwoben war. Die zeitliche Spanne reicht von der Nachkriegszeit bis zum Umbruch 1989 und in die Jahre danach.

Original-Maskottchen Kundi ist dabei

Das einstige Kinder-Maskottchen Kundi (l.) und andere Export-Schlager des Hygiene-Museums in DDR-Zeiten.
Das einstige Kinder-Maskottchen Kundi (l.) und andere Export-Schlager des Hygiene-Museums in DDR-Zeiten.  © Eric Münch

DHMD-Direktorin Iris Edenheiser: "Wir sind überzeugt, dass es die Auseinandersetzung mit und die Anerkennung von unterschiedlichen, auch widersprüchlichen Erfahrungen in all ihrer Komplexität braucht."

Das Hygiene-Museum war kein "Volkseigener Betrieb" im engeren Sinne, aber neben seiner Funktion als staatliches "Institut für Gesundheitserziehung" und Ausstellungsort vor allem Produktionsbetrieb für anatomische Modelle sowie Lehr- und Aufklärungsmittel, die weltweit in 70 Länder geliefert wurden. Die Ausstellungsabteilungen "Netzwerke" und "Produktion" zeugen davon.

In einer Art "Werksbesichtigung" machen Objekte aus der Sammlung des Hauses, Dokumente und Fotos sowie Zeitzeugen-Interviews die Produktion in Werkstätten und Ateliers erlebbar, wo Exportschlager wie die gläsernen Figuren entstanden.

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Auch Kundi, das Original-Maskottchen, das Kindern Hygieneregeln und Gesundheitstipps näherbringen sollte, wurde aus dem Depot geholt.

Hygiene-Museum: Ausstellung soll nicht nur der Erinnerung dienen

Gasthaus-Impressionen sind nur ein Teil der Freizeit-Abteilung zum Museums-Klubhaus.
Gasthaus-Impressionen sind nur ein Teil der Freizeit-Abteilung zum Museums-Klubhaus.  © Eric Münch

Neben Stationen zu Leitungsstrukturen, dem Thema Umweltverschmutzung oder der Situation und dem Engagement der Arbeiter führt die Tour bis ins "Klubhaus".

Im dortigen Festsaal mit Bühne und Gastraum konnten sich "Werktätige" in der Freizeit kulturell und sportlich betätigten, wie Kuratorin Sandra Mühlenberend sagt.

Nicht jeder wisse das mehr, ergänzt Ko-Kuratorin Susanne Wersing: "Die Ausstellung soll der Erinnerung dienen, aber auch zum Austausch anregen - zwischen Menschen, die in der DDR sozialisiert wurden, und solchen, die die Diktatur nicht erlebt haben, weil sie zu jung sind oder im Westen groß wurden."

Die Schau "VEB Museum" läuft bis 17. November.

Titelfoto: Eric Münch

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