Streit um mögliche Lea-Grundig-Straße in Dresden: Was steckt dahinter?
Dresden - Seit drei Jahren schon tobt ein Streit um 50 Meter Asphalt! Der Stadtbezirksbeirat Altstadt will eine neue Straße zwischen Käthe-Kollwitz-Ufer und Florian-Geyer-Straße in der Johannstadt nach der Dresdner Malerin Lea Grundig (1906-1977) benennen, doch die Verwaltung meldet Bedenken an.

Wiederholt votierten die Stadtbezirksbeiräte, die das Vorschlagsrecht ausüben, für Lea Grundig, Frau des Künstlers Hans Grundig (1901-1958). Die Dresdnerin wurde im Dritten Reich als Jüdin, Kommunistin und "entartete" Künstlerin verfolgt.
Sie floh nach mehreren Verhaftungen vor ihrer Deportation nach Palästina, kehrte 1949 nach Dresden zurück, erhielt eine Professur an der Hochschule der Bildenden Künste. Sie starb 1977 während einer Mittelmeerreise.
Während ihr Wirken vor ihrer Emigration gut erforscht ist, sind für die städtische "Arbeitsgruppe Straßennamen" noch viele Fragen offen, was die DDR-Zeit betrifft.
Dabei gehe es auch um ihre Rolle als Präsidentin des Verbandes Bildender Künstler (1964-1970) und "SED-Funktionärin" als Mitglied des Zentralkomitees der SED (ab 1964).
Bauausschuss spricht sich gegen Lea-Grundig-Straße aus



Ein extra eingeholtes Gutachten deckte im November auf, dass Grundig sich 1954 als "geheimer Informator" von der Stasi anheuern ließ, teils auch gegen ihr unliebsame Künstler vorging.
Andererseits half sie auch fremden Mitbürgern, nutze ihre privilegierte Stellung im Positiven. Grundigs Biografie sei stark durch Ambivalenzen und Widersprüchlichkeiten geprägt, so das Gutachten.
Nach Sichtung sprach sich jüngst auch der Bauausschuss gegen die Lea-Grundig-Straße aus.
Für Stadtrat Tilo Wirtz (55, Linke) sei das "beschämend". Grundigs Lebensgeschichte in der DDR spiele nur eine untergeordnete Rolle.
"Die Straßenbenennung wäre eine Geste der Wiedergutmachung für ihr dreifaches Verfolgungsleid während der NS-Zeit", so Wirtz. Am Donnerstag soll der Stadtrat entscheiden.
Titelfoto: Bildmontage: Ove Landgraf, picture-alliance/dpa