Neonazi-Razzia in mehreren Bundesländern: Deshalb war Eisenach Schwerpunkt!

Eisenach - In elf Bundesländern durchsuchte die Polizei am Mittwoch Wohnungen. Der Schwerpunkt lag in Eisenach, da wo es Neonazis scheinbar leicht haben. Nach der Aktion sieht Thüringens Innenminister Georg Maier (54, SPD) rechtsextreme Strukturen zerschlagen.

Auch die Eisenacher Gaststätte "Bull's Eye" wurde am Mittwoch von der Polizei durchsucht.
Auch die Eisenacher Gaststätte "Bull's Eye" wurde am Mittwoch von der Polizei durchsucht.  © Martin Wichmann TV/dpa

Die betroffenen Gruppierungen seien gefährlich, sagte Maier am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. "Die Affinität zu Waffen ist bekannt, auch Kampfsport spielt eine Rolle."

Er sei zufrieden mit dem Schlag gegen die Neonazi-Szene, es handle sich um einen Erfolg. Es sei erneut gelungen, rechtsextreme Strukturen nicht nur einzudämmen, sondern zu zerschlagen, sagte Maier.

Ermittler gingen am Mittwochmorgen in elf Bundesländern gegen rechtsextreme Gruppierungen vor. Der Schwerpunkt der Aktion lag in Eisenach. Dort wurden vier Personen im Umfeld einer Kampfsportgruppe festgenommen. Es bestehe der Verdacht der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, wie eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe sagte. Bundesweit gebe es 50 Beschuldigte.

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Maier sagte, es sei seit langem bekannt, dass Eisenach ein wichtiger Ort für die Neonazi-Szene ist. "Es ist kein Geheimnis, dass es dort rechtsextreme Strukturen verschiedener Ausprägung gibt", sagte der Minister.

Dafür spielten Immobilien eine sehr wichtige Rolle, die von Rechtsextremen betrieben würden.

Mutmaßlicher Anführer wird festgenommen

Ein Polizist trägt einen Gegenstand aus der Gaststätte "Bull's Eye" in ein Auto. Mehrere Personen der rechten Szene in Eisenach stehen in Verdacht, Mitglied in einer kriminellen Vereinigung zu sein.
Ein Polizist trägt einen Gegenstand aus der Gaststätte "Bull's Eye" in ein Auto. Mehrere Personen der rechten Szene in Eisenach stehen in Verdacht, Mitglied in einer kriminellen Vereinigung zu sein.  © Martin Wichmann TV/dpa

Ähnlich äußerte sich die Rechtsextremismus-Expertin der Thüringer Linke-Fraktion, Katharina König-Preuss (43). Neonazis könnten sich relativ unproblematisch in diesen Immobilien aufhalten, sagte sie und nannte unter anderem das "Flieder Volkshaus", das am Mittwoch auch von den Durchsuchungen betroffen war sowie die Szenekneipe "Bull's Eye". "Es stört einfach niemanden, wenn Neonazis dort sind."

Hinzu komme in Eisenach, dass sich in der Stadt Führungspersönlichkeiten der rechtsextremen Szene niedergelassen hätten. König-Preuss nannte unter anderem den mutmaßlichen Anführer der Kampfsportgruppe "Knockout 51". Er ist einer der vier am Mittwoch in Eisenach Festgenommenen.

Allen vier wird die Mitgliedschaft in einer rechtsextremistischen kriminellen Vereinigung vorgeworfen.

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Die Gruppe "Knockout 51" soll den Ermittlern zufolge "unter dem Deckmantel des gemeinsamen körperlichen Trainings junge, nationalistisch gesinnte Männer" angelockt, "diese bewusst mit rechtsextremem Gedankengut indoktriniert und für Straßenkämpfe ausbildet" haben.

Trainiert wurde den Angaben zufolge in den Räumlichkeiten der Landeszentrale der rechtsextremen NPD, dem "Flieder Volkshaus" in Eisenach. Auch hier gab es Durchsuchungen.

Mitten in Thüringen: Internationales Zentrum für Rechtsextremismus

Wie Katharina König-Preuss (43), Rechtsextremismus-Expertin der Thüringer Linke-Fraktion, mitteilte, hätten sich in Eisenach Führungspersönlichkeiten der rechtsextremen Szene niedergelassen. (Archivbild)
Wie Katharina König-Preuss (43), Rechtsextremismus-Expertin der Thüringer Linke-Fraktion, mitteilte, hätten sich in Eisenach Führungspersönlichkeiten der rechtsextremen Szene niedergelassen. (Archivbild)  © Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa

"Combat 18" hätte nach Ansicht von König-Preuss bereits im Jahr 2000 verboten werden müssen. "Man muss sich einfach klarmachen, worum es 'Combat 18' geht: Da geht es um einen bewaffneten Kampf gegen erklärte Feinde ihrer Ideologie", sagte König-Preuss. "Combat 18" wurde im Jahr 2020 durch das Bundesinnenministerium verboten.

Im Zusammenhang mit dem Schlag gegen die Neonazi-Szene am Mittwoch werden nach Angaben der Generalbundesanwaltschaft 21 Menschen aus ganz Deutschland verdächtigt, trotz des Verbots von "Combat 18" den "organisatorischen Zusammenhalt im Geheimen als Rädelsführer aufrechterhalten zu haben".

Nach Einschätzung der Thüringer Demokratieberater von Mobit ist Eisenach vor allem in den vergangenen zehn Jahren zu einem rechtsextremen Zentrum geworden - nicht nur innerhalb Thüringens, sondern bundesweit und sogar international.

Ein Grund dafür, dass Neonazis in Eisenach so stark verankert seien, sei, dass viele Menschen in der Stadt keine Berührungsängste zu ihnen hätten. "Die Neonazis sind teilweise sehr gut in der Eisenacher Bevölkerung integriert", sagte ein Sprecher von Mobit.

Titelfoto: Martin Wichmann TV/dpa

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