Staatsanwaltschaft fordert im Prozess gegen Ex-Grünen-Politiker Michael Osterburg eine Bewährungsstrafe

Hamburg - Im Untreue-Prozess gegen den früheren Bezirksfraktionschef der Grünen in Hamburg-Mitte, Michael Osterburg (55), hat die Staatsanwaltschaft eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren und eine Geldauflage von 10 000 Euro gefordert.

Der frühere Fraktionschef der Grünen im Bezirk Mitte und ehemalige Lebensgefährte von Hamburgs Justizsenatorin Gallina soll sich zwischen 2015 und 2019 private Ausgaben wie Bewirtungs- und Kinderbetreuungskosten zu Unrecht aus der Fraktionskasse erstattet haben zu lassen.
Der frühere Fraktionschef der Grünen im Bezirk Mitte und ehemalige Lebensgefährte von Hamburgs Justizsenatorin Gallina soll sich zwischen 2015 und 2019 private Ausgaben wie Bewirtungs- und Kinderbetreuungskosten zu Unrecht aus der Fraktionskasse erstattet haben zu lassen.  © Marcus Brandt/dpa

Es sei in der Verhandlung klar belegt worden, dass Osterburg sich der gewerbsmäßigen Untreue schuldig gemacht habe, teils zusammen mit Betrug und Urkundenfälschung, sagte die Staatsanwältin am Freitag vor der Großen Strafkammer des Landgerichts.

Der Verteidiger beantragte hingegen eine Geldstrafe oder eine Bewährungsstrafe von maximal einem Jahr. Das Urteil soll am Mittwoch gesprochen werden.

Osterburg bedauerte in seinem Schlusswort die Taten. Er habe im Laufe des Verfahrens viel gelernt, "was falsch gelaufen ist", und würde es heute nicht mehr so und "vieles nicht mehr mit so viel Engagement machen", sagte Osterburg.

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Seine Familie sei zu kurz gekommen. "Es tut mir leid, dass hier Menschen, die mir wichtig sind, mit hereingezogen wurden."

Die Fälle stammen aus den Jahren 2015 bis 2019 - einer Zeit, als der 55-Jährige und die frühere Grünen-Landesvorsitzende und heutige Justizsenatorin Anna Gallina (39) noch ein Paar waren. Die beiden haben eine gemeinsame Tochter und sind seit 2019 getrennt.

Osterburg soll der Fraktionskasse beträchtlichen Schaden zugefügt haben

Der angeklagte Michael Osterburg kommt zum weiteren Sitzungstag im Prozess wegen gewerbsmäßiger Untreue im Strafjustizgebäude.
Der angeklagte Michael Osterburg kommt zum weiteren Sitzungstag im Prozess wegen gewerbsmäßiger Untreue im Strafjustizgebäude.  © Marcus Brandt/dpa

Indem er sich private Ausgaben wie Restaurantbesuche, Kinderbetreuungskosten, Reisen oder Anschaffung von der Fraktion im Umfang von 26 061,11 Euro habe erstatten lassen, habe "der Angeklagte das Fraktionskonto schlicht leergeräumt", sagte die Staatsanwältin. Zeitweise hätten deshalb die Gehälter von Fraktionsmitarbeitern nicht rechtzeitig gezahlt werden können.

Die Staatsanwältin forderte außerdem, dass Osterburg 10 061,11 Euro zum Ersatz des Schadens an die Fraktionskasse der Grünen im Bezirk Mitte zahlen müsse. Am Vortag hatte Osterburg dem Gericht zufolge bereits 16 000 Euro an die Fraktion überwiesen.

Erschwerend sei im Hinblick auf das Strafmaß zu bewerten, dass Osterburg aus einem öffentlichen Amt, "dem besonders Vertrauen entgegengebracht wird", öffentliche Gelder veruntreut habe - und nicht aus Not heraus, sondern um sich "einen gewissen Luxus zu finanzieren", sagte die Staatsanwältin. Er habe der Fraktionskasse so beträchtlichen Schaden zugefügt und sich über einen längeren Zeitraum bereichert.

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Das Geständnis des Angeklagten und seine Geldzahlung an die Fraktion seien spät und offenkundig aus taktischen Gründen erfolgt, so die Staatsanwältin.

Die Verteidigung betitelt Osterburg als "nicht typischen Mandant"

Der angeklagte Michael Osterburg (r) sitzt in einem Gerichtssaal im Strafjustizgebäude neben seinem Rechtsanwalt Nils Fock.
Der angeklagte Michael Osterburg (r) sitzt in einem Gerichtssaal im Strafjustizgebäude neben seinem Rechtsanwalt Nils Fock.  © Daniel Reinhardt/dpa Pool/dpa

Der Verteidiger wiederum argumentierte in seinem Plädoyer, dass das Geständnis zwar spät gekommen sei, "aber es ist ein Geständnis". Auch dass die Geldzahlung an die Fraktion spät erfolgte, könne man sagen.

"Man kann aber auch sagen: ganz schön früh." Denn es komme selten vor, dass Angeklagte vor dem Urteil überhaupt Entschädigung leisteten.

Auch sei Osterburg nicht vorbestraft und habe eine "herausragend gute Sozialprognose". Er sei als unterhaltspflichtiger Vater einer Tochter und einer weiteren adoptierten Tochter im Erwachsenenalter sozial verwurzelt, lebe in fester Beziehung und arbeite in einem Vollzeitjob bei einem öffentlichen Unternehmen. "Er ist nicht der typische Mandant, der in diesem Saal sitzt", so der Verteidiger.

Er verwies zudem darauf, dass Osterburg mit dem umfangreichen Geständnis das Verfahren erheblich verkürzt habe. Ansonsten hätte es "deutlich, deutlich, deutlich länger dauern können".

Darüber hinaus habe das Verfahren relativ lange gedauert und die Taten lägen vergleichsweise lange zurück.

Vor den Plädoyers hatte das Gericht die Verfahren auf Antrag der Staatsanwaltschaft in acht Punkten ganz und in weiteren Punkten teilweise eingestellt, was die Schadenssumme um rund 7000 Euro reduzierte. Ursprünglich waren 121 Fälle mit einer Gesamtschadenssumme von knapp 33 000 Euro angeklagt.

Titelfoto: Marcus Brandt/dpa

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