Als Kamerafrau auf einem Kreuzfahrtschiff: Ramona filmt die ganze Welt

Langenreichenbach (Sachsen) - Ramona Harttig (33) hat wieder Land unter den Füßen! Kürzlich noch zog ihr Schiff an den Eisbergen vor den Melchior-Inseln in der Antarktis vorbei. Im Juni geht's dann in die Arktis. Dazwischen bleibt Zeit für einen Landgang in der Heimat. Die gebürtige Langenreichenbacherin (bei Torgau) hat ihren Traumjob gefunden. Sie fährt als Kamerafrau für die Hamburger Fotofilmgesellschaft CruiseVision über die Weltmeere und filmt Reisereportagen - auf luxuriösen Kreuzfahrtschiffen!

Ramona Harttig vor der Skyline von New York. Gut zu sehen: das Empire State Building.
Ramona Harttig vor der Skyline von New York. Gut zu sehen: das Empire State Building.  © Ramona Harttig

An Bord von Kreuzfahrtschiffen ist Ramona Kamerafrau, Regisseurin, Redakteurin sowie Sprecherin in Personalunion und gleichzeitig ihre eigene Ton- und Schnittassistentin. Sie begleitet die Passagiere an Bord, beim Dinner, an Tanzabenden und auf Landausflügen. Daraus wird täglich ein Journal im Bordprogramm gesendet.

Am Ende können die Gäste ein Urlaubsvideo als Souvenir von ihrer Reise kaufen. 14 Tage Abenteuerurlaub schmelzen dabei auf etwa eine Stunde Film zusammen.

"Mich hat's schon immer in die große weite Welt gezogen", gesteht die Sächsin. Nach ihrem Studium der Fernsehproduktion in Leipzig und Einsätzen bei einer Dresdner Produktionsfirma brachte ihre Cousine sie auf die Idee mit dem Schiff.

Leipzig: Leipziger Techno-Club wird 10 Jahre alt und lässt es krachen
Leipzig Kultur & Leute Leipziger Techno-Club wird 10 Jahre alt und lässt es krachen

Ihre erste Kreuzfahrt vergisst die heute 33-Jährige nie: "Am 31. August 2013 legte ich mit einem Luxusliner auf Malta ab." Mit 400 Passagieren an Bord stach das Schiff in See. "Am Anfang war ich von den Eindrücken komplett überfordert, alles hatte sich bewegt, obwohl es gar keinen Seegang gab. Das ließ aber schnell nach. Inzwischen heben mich keine Acht-Meter-Wellen mehr an."

Das Schönste sind die Landausflüge

Manche Reisebekanntschaften sind exotischer als andere.
Manche Reisebekanntschaften sind exotischer als andere.  © Ramona Harttig

Ramona arbeitet sieben Tage die Woche täglich 12 bis 14 Stunden an Bord. Sie muss ständig funktionieren, schon frühmorgens freundlich sein. Wenn Buckelwale gesichtet werden, ist sie als erste dabei und oft die letzte, wenn abends noch auf dem Deck getanzt wird.

Um die besten Bilder zu erhaschen, ist sie immer da, wo etwas los ist. Schließlich will sich jeder später einmal im Video wiederfinden.

Das Schönste sind jedoch die Landausflüge - nicht nur für eine Kamerafrau. In Papua-Neuguinea flog sie mit einem Charterflugzeug ins Hochland im Landesinneren zu den Kriegerstämmen der Ureinwohner mit Kriegsbemalung, Pfeil und Bogen. "Sie waren durch den Tourismus noch nicht verändert, bettelten nicht, waren nicht misstrauisch, die Erwachsenen nicht genervt von der Kamera. Wir näherten uns einander mit Neugierde und respektvoller Distanz - ein unvergesslicher Trip."

Leipzig: "Stadtbibliothek der Zukunft": Markkleeberg lässt mitgestalten
Leipzig Kultur & Leute "Stadtbibliothek der Zukunft": Markkleeberg lässt mitgestalten

Auf Hawaii ging's in einem offenen Heli über die Vulkaninsel, bei einem Überlandausflug zum Taj Mahal hat sie sich in indische Motive verliebt. In Panama fuhr sie mit ihrer Kamera auf Dschungelbooten. "Am Ufer kamen die Kinder winkend angerannt - aufgeschlossen. Ich habe inzwischen ein Gespür, wer gefilmt oder fotografiert werden will und wer nicht."

Fünf Weltreisen in einer 2 x 3 Meter Kabine

Auch unter Wasser wird die Sächsin mitunter "umschwärmt".
Auch unter Wasser wird die Sächsin mitunter "umschwärmt".  © Ramona Harttig

Doch Ramonas Lieblingsziele sind kalt - die Arktis und die Antarktis. Dort dürfen nur maximal 100 Gäste gleichzeitig mit kleinen Zodiac-Gummischlauchboote aufs Eis, wenn der Besuch einer Eisforschungsstation ansteht. "Traumhaft, wenn man dabei an den Kolonien der Eselspinguine entlangrauscht", schwärmt Ramona und legt Kamera und Mikro dann gar nicht mehr aus der Hand.

Tiere hat sie sowieso am liebsten vor der Linse: Riffhaie beim Schnorcheln auf den Malediven, Meeresschildkröten beim Sonnenuntergang auf den Seychellen. "In der Südsee fand ich die Menschen sympathisch, die Natur überwältigend." Bei Hafen-Übernachtungen auf der Route stürzt sie sich auch mal ins Nachtleben.

Nur künstliche Glitzer- und Shopping-Metropolen wie Dubai mag sie nicht. "Auch von einer Stippvisite in Japan war ich eher enttäuscht, da hatte ich kulturell mehr erwartet."

Bei fünf Weltreisen hat sie den Globus schon mehrfach auf den Ozeanen umrundet. Dabei tauscht sie ihre Heimat gegen eine 2 x 3 Meter große Kabine mit Nasszelle - meist auf den unteren Schiffsdecks gelegen, manchmal mit Bullauge für etwas Meeresblick.

Um wetterpassende Kleidung braucht sie sich übrigens keine Gedanken zu machen: "Wir tragen Uniform an Bord."

Zu Corona-Zeiten plante Ramona ein zweites Leben

Der Norden fasziniert Ramona immer noch und immer wieder.
Der Norden fasziniert Ramona immer noch und immer wieder.  © Ramona Harttig

Es geht immer vier bis sechs Monate am Stück auf See. Dann geht sie zwei bis drei Monate auf Landgang nach Hause. "Meine eigene Wohnung habe ich längst aufgegeben, wohne als Nomadin entweder bei Freunden, auf dem Bauernhof meiner Eltern bei Torgau oder bei meinem Freund in Schleswig-Holstein."

Der ist Küchenchef und beide haben sich an ihrem gemeinsamen Arbeitsplatz kennengelernt - auf dem Schiff!

Die Nord-Ost-Passage über Russland, die Großen Seen in Kanada und der Amazonas stehen noch auf ihrer Wunschliste. Ein Traumjob? "Viele könnten nicht mit so wenig Selbstbestimmung leben, aber ich liebe meinen Job und man hat Spaß, wenn man sich auf das spezielle Leben auf See einlässt. Immerhin erlebe ich in ein paar Monaten so viel wie andere nicht in einem ganzen Leben." Für Ramona ist jetzt die schönste Zeit ihres Lebens.

Doch zu Corona-Zeiten, als die Traumschiffe vor Anker lagen und Ramona nur an Land für "Galileo" filmte und Imagefilme drehte, plante sie ein zweites Leben: "Ich will gern noch einen zweiten Beruf erlernen, möchte Tischlerin und Möbelrestauratorin werden." Diesmal ganz bodenständig. Ohne schwankende Planken.

Kreuzfahrten sind wohl die bequemste Art, die Welt zu entdecken - jedenfalls gilt das für die Passagiere.
Kreuzfahrten sind wohl die bequemste Art, die Welt zu entdecken - jedenfalls gilt das für die Passagiere.  © nan728

Doch erstmal geht's im Juni in die Arktis. Ramona, ahoi!

Titelfoto: Montage: Ramon Harttig + nan728/123RF

Mehr zum Thema Leipzig Kultur & Leute: