200 Jahre Geschichte bald für immer weg? Letzte Rettung für Rügens Wahrzeichen Nr. 1

Sassnitz - Vor fast 200 Jahren wurde der Abstieg an den Kreidefelsen auf der Ostseeinsel Rügen eingeweiht. Nun soll die 118 Meter lange Treppe für immer verschwinden, wenn es nach dem Willen von Umweltminister Till Backhaus (59, SPD) geht.

Die Plattform soll die sicherere Variante am Königsstuhl sein und Touristen einen unvergleichlichen Ausblick über die Kreidefelsen und die Ostsee ermöglichen.
Die Plattform soll die sicherere Variante am Königsstuhl sein und Touristen einen unvergleichlichen Ausblick über die Kreidefelsen und die Ostsee ermöglichen.  © Nationalpark-Zentrum KÖNIGSSTUHL Sassnitz, sbp

Doch dagegen regt sich nicht das erste Mal großer Widerstand und nun haben es sogar die Bürger von Sassnitz in der Hand, ihr Wahrzeichen zu retten.

Der Abstieg soll einer Aussichtsplattform am Königsstuhl weichen. Erste Pläne und Entwürfe gibt es schon lange, doch in die Tat konnte das umstrittene Vorhaben noch nicht umgesetzt werden. Und vielleicht kommt der seilbrückenartige Bau auch gar nicht mehr. Denn es wird einen Bürgerentscheid geben.

Das Stadtparlament votierte am Dienstagabend für dieses Vorgehen. Die etwa 6000 abstimmungsberechtigten Einwohner der Stadt würden bis zum 30. Oktober per Brief über das Bauvorhaben abstimmen, sagte Sassnitz' Bürgermeister Frank Kracht (parteilos) am Mittwoch. Dazu werde in Kürze ein Abstimmungsausschuss gegründet.

Die geplante Konstruktion ist umstritten. Kritiker befürchten, dass der Bau den Blick auf den Königsstuhl beeinträchtigt und die Bauarbeiten die Festigkeit des Steilküstenmassivs gefährden könnten.

Seit zwei Jahren darf der Treppe an den Kreidefelsen nicht mehr benutzt werden. Zu gefährlich!
Seit zwei Jahren darf der Treppe an den Kreidefelsen nicht mehr benutzt werden. Zu gefährlich!  © DPA (Bildmontage)

Hintergrund des geplanten Neubaus ist der Zustand der Felsformation, insbesondere des auf dem Klippenrücken liegenden Königsgrabes, über das jährlich etwa 300.000 Touristen und Einheimische das 118 Meter hohe Plateau betreten.

Dieser Zugang ist nach Einschätzung des Nationalparkzentrums der Belastung dauerhaft nicht gewachsen.

Hier seien bereits Abbrüche und Materialverluste sichtbar, die seine Begehbarkeit mittelfristig gefährdeten. "Der Schutz der Besucher hat oberste Priorität", erklärte Backhaus im März (TAG24 berichtete). Die Brücke soll den Weg und den Königsstuhl entlasten.

Der Entwurf für die Brücke mit dem Namen "Könisgweg" stammt vom Architekturbüro Schlaich, Bergermann, Partner, das bereits die geschwungene Fußgängerbrücke im Stadthafen von Sassnitz entwarf.

Die Kosten für den Plattform-Neubau am Königsstuhl werden auf etwa sieben Millionen Euro geschätzt. Das Wirtschaftsministerium hatte eine Förderung signalisiert. Ein Bauantrag beim Landkreis ist nach Angaben des Sassnitzer Bürgermeisters bereits gestellt.

Jedes Jahr besuchen zwischen 500.000 und 800.000 Menschen die Kreidefelsen auf Rügen.
Jedes Jahr besuchen zwischen 500.000 und 800.000 Menschen die Kreidefelsen auf Rügen.  © DPA (Bildmontage)

Titelfoto: DPA (Bildmontage)