Von Thomas Gillmeister

Leipzig - Sie lacht, albert rum, amüsiert sich. Wie ein ausgelassener Teenager bummelt Silke Naun-Bates (48) mit ihrer Freundin durch die Leipziger City. Sie genießen den Spirit der Stadt. Doch die beiden Frauen sind ein ungleiches Paar: Silke hat keine Beine!

Die Frau ohne Beine bekommt die neugierigen Blicke mit, das Tuscheln, das Fingerzeigen. Aber sie schert sich nicht darum: „Glücklichsein ist eine Wahl“. Und sie hat gewählt, nämlich mit Lust und Liebe zu leben.

Das war nicht unbedingt klar, als sie als Achtjährige auf einem Bahnübergang aus der Bahn geworfen wurde. „Ich hatte kurz zuvor einen Hund geschenkt bekommen. Der riss sich los. Als ich ihn einfangen wollte, rutschte ich auf den Schienen aus, stürzte und schlug mir das Knie auf“, erinnert sich die gebürtige Westfälin.

In diesem Augenblick der Unachtsamkeit wurde sie von einem Güterzug erfasst, der ihre Beine zerfetzte. Um das Mädchen zu retten, amputierten Ärzte in vielen Operationen die Beinreste.

Als Silke nach mehreren Wochen aus dem Koma aufwachte, schaute sie unter die Bettdecke und war nicht entsetzt. „Ich spürte zwar, dass ich etwas verloren hatte, doch ich besitze ja noch meine Hände.“

Mit ihnen vollbringt sie wahre Wunder, wie beispielsweise ihre Liegestütz-Challenge, mit der sie mittlerweile weltberühmt ist, nachdem sie Videos ins Internet stellte.

Geht nicht, gibt’s bei ihr nicht. Selbst als Ärzte ihr prophezeiten, dass sie sich den Kinderwunsch aus den Kopf schlagen kann, machte sie einfach den Praxis-Test. Die besorgten Mediziner fürchteten, dass das Narbengewebe bei der Schwangerschaft aufreißen würde.

Doch nach der Heirat 1989 mit einem in Deutschland stationierten US-Soldaten wurde Silke schwanger - auf natürlichem Wege.

Im Juni 1990 kam Tochter Samantha auf die Welt. Sie wurde per Kaiserschnitt in der 35. Schwangerschaftswoche geholt. Mit ihrem zweiten Partner bekam Silke im August 1994 Sohn Pascal, ebenfalls per Kaiserschnitt. Tochter und Sohn sind gesund, munter und gehen inzwischen schon eigene Wege. „Ich bin so stolz auf meine zwei Kinder.“

Silke selbst ist als Glücksbotschafterin unterwegs. Vom Rednerpult verkündet sie, dass nichts unmöglich ist und zeigt dabei auf sich.

In der Leipzigerin Konstanze fand sie eine treue Freundin. „Wir laufen über glühende Kohlen und Scherben. Ich mit den Händen, Konstanze mit den Füßen...“

Fotos: Picture Point/privat