Vorwürfe: Milliarden-Geschäfte beim DRK mit Spenderblut?

In einigen Bundesländern ist die Blutspendebereitschaft der Menschen nach Angaben des Deutschen Roten Kreuzes stark zurückgegangen.
In einigen Bundesländern ist die Blutspendebereitschaft der Menschen nach Angaben des Deutschen Roten Kreuzes stark zurückgegangen.  © Sebastian Gollnow/dpa

Berlin - "Die DRK-Blutspendedienste sind verantwortlich für die Versorgung der Krankenhäuser und Kliniken mit Blutpräparaten", schreibt der Verband auf seiner Webseite. Dass Blutspenden in Wirklichkeit ein Milliardengeschäft sind, berichtet das Magazin "Stern" in seiner aktuellen Ausgabe (45/2017).

Nach Angaben des DRK werden in Deutschland täglich zirka 15.000 Blutspenden benötigt. Mithilfe der Blutspender, die als Dankeschön für ihren Lebenssaft ein Käsebrot bekommen, wird die "Versorgung der Patienten in Deutschland", die auf Blutpräparate angewiesen sind, sichergestellt.

Doch der Verkauf des Blutes spült dem DRK viel Geld in die Kassen: So zahlen Krankenhäuser für einen Liter 270 Euro.

International geht es sogar um noch mehr Geld. Besonders begehrt ist Spenderblut etwa in Krisengebieten.

Der Stern wirft dem DRK nun vor, Handel mit Spenderblut zu betreiben. Es sei für den Wohlfahrtsverein ein besonders lukratives Geschäft.

Der Autor erklärt: "Meine Spende wird vom DRK in ihre Bestandteile aufgespalten und getrennt vermarktet. Nur einen Teil benötigen die Krankenhäuser bei Operationen oder Notfällen. So wird das Plasma überwiegend an internationale Firmen verkauft, die es in Fabriken im Ausland weiterverarbeiten."

Und weiter: "Über eine halbe Milliarde Euro setzt die Branche in Deutschland pro Jahr um. Rund 70 Prozent des Markts beherrscht das DRK." Für regelmäßigen Nachschub sorgen rund 1,7 Millionen regelmäßige Spender.

Das DRK präsentiert sich gerne als wohltätiger, gemeinnütziger Verein ohne finanzielle Interessen oder gar Reichtümer.
Das DRK präsentiert sich gerne als wohltätiger, gemeinnütziger Verein ohne finanzielle Interessen oder gar Reichtümer.  © Maja Hitij/dpa

Obwohl in Deutschland ein gemeinnütziger Verein keine Gewinne erzielen darf, liegt der Jahresumsatz der DRK-Blutspendedienste bei 467 Millionen Euro. Laut Stern-Recherche verfügen alle DRK-Blutspendedienste sogar über ein Gesamtvermögen von fast 600 Millionen Euro.

"Ich vermute, dass die Gemeinnützigkeit des Blutspendedienstes von den Finanzämtern noch nie grundsätzlich geprüft wurde", zitiert "Apotheke adhoc" in diesem Zusammenhang den Vorsitzenden der Deutschen Steuer-Gewerkschaft, Thomas Eigenthaler.

Er sieht im DRK-Blutspendedienst ein "Paradebeispiel für den Missbrauch von Steuerschlupflöchern". Mit Eigennützigkeit habe das Vorgehen beim DRK nichts mehr zu tun.

Das sieht der Stern-Autor genauso und benennt das Problem: "Das Gesetz behandelt die Firma DRK nicht wie ein Wirtschaftsunternehmen, sondern wie einen Taubenzüchter- oder Karnevalsverein. Durch die Einstufung als gemeinnütziger Verein genießt der Gigant einzigartige Steuervorteile."

Doch "Einsprüche von Fachleuten, öffentliche Kritik und selbst höchstrichterliche Entscheidungen können dem DRK nichts anhaben. Die Verflechtungen mit der Politik machen es unangreifbar", schreibt "Stern".

"Das Deutsche Rote Kreuz ist ein erfolgreiches, aber wenig transparentes Multimilliarden-Imperium mit größter politischer Macht und überquellenden Konten, das seine Manager fürstlich entlohnt, seine Interessen mit größter Härte durchsetzt und sich die Gesetze selbst macht", heißt es im Artikel weiter.

Blutkonserven sind eine heiß begehrte Ware.
Blutkonserven sind eine heiß begehrte Ware.  © Maja Hitij/dpa

Entsprechend sind die Verflechtungen: Für DRK-Präsident Rudolf Seiters hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (63, CDU) immer ein offenes Ohr.

Im Dezember wird ihn nach 14 Jahren im Amt Gerda Hasselfeldt ablösen. Für die CSU saß sie 30 Jahre im Bundestag.

DRK-Generalsekretär Christian Reuter hat sich am 2. November in einem Statement zu den Vorwürfen im "Stern" geäußert. Für ihn stellt der Bericht eine Verunglimpfung der Arbeit des DRK dar.

Reuter: "Der Bericht ist nicht nur stark tendenziös und einseitig, sondern erhält auch Unwahrheiten, weshalb gegen den 'Stern' rechtliche Schritte eingeleitet wurden."

Weiter heißt es in seiner Stellungnahme: "Das Deutsche Rote Kreuz und die Blutspendedienste erbringen seit Jahren mit der Veröffentlichung von Jahresberichten, Geschäftsberichten und anderen Publikationen größtmögliche Transparenz. Die Kontrolle der Finanzen wird durch externe Wirtschaftsprüfer, Finanzämter und interne Verbandsgremien sichergestellt."

Wer weiterhin spenden möchte, kann dies übrigens auch direkt in ausgewählten Krankenhäusern machen, die so ihren eigenen Bestand auffüllen.

Titelfoto: Sebastian Gollnow/dpa