Mit Video! VW-Boss Thomas Ulbrich im TAG24-Kreuzverhör

Chemnitz/Dresden/Zwickau - Sachsen hat einen neuen VW-Boss: Thomas Ulbrich (52) arbeitet seit 30 Jahren bei Volkswagen. Im TAG24-Gespräch stellt er sich den wichtigsten Fragen zur Zukunft der drei Standorte Zwickau, Chemnitz und Dresden.

Thomas Ulbrich, neuer VW-Chef in Sachsen im TAG24 Interview.
Thomas Ulbrich, neuer VW-Chef in Sachsen im TAG24 Interview.  © Screenshot/YouTube TAG24

Was wird aus dem Motorenwerk in Chemnitz?

Chemnitz ist aktuell nicht für eine Transformation von Verbrennermotoren weg angedacht. Weil der Standort für einen Nah- und Mittelfristzeitraum eins der höchsten Güter ist, die wir haben in der Marke Volkswagen - durch seine Kompetenz und Performance in dem Motorsektor im Verbrennerbereich. Und da wir über einen Umstiegszeitraum von Verbrenner auf E-Mobilität von zehn bis fünfzehn Jahren reden, hat der Standort Chemnitz eine hervorragende Auslastung für die nächsten Jahre. Wir werden erst zu geeigneter Zeit darüber nachdenken und reden müssen, wie es mit einer Transformation aussieht; aber lang, ganz, ganz langfristig erst.

Wie lange gibt es den E-Golf noch?

Der E-Golf ist ein unheimlich wichtiges Fahrzeug. Gerade für die Übergangsphase; so lange, bis wir mit den MEB-Fahrzeugen in einer ausreichenden Anzahl verfügbar sind im Markt. Solche Umstiegszeiträume sind üblich. Für den Start des MEB* ist nicht mit dem E-Golf Schluss. Auch in Dresden sollen künftig MEB-Fahrzeuge hergestellt werden. Aber wir sind dabei, für 2020 einen geeigneten Übergangszeitraum zu finden.

Wird bald, mit Blick auf die Kunden-Wartezeiten, eine dritte Schicht in Dresden eingeführt?

Es ist gut, dass es inzwischen eine Akzeptanz für das Fahrzeug gibt, die uns die zweite Schicht wegen Nachfrage beschert. Das war lange Zeit nicht, und auf Halde produzieren wäre unsinnig. Nun haben wir ein anziehendes Kundeninteresse. Nun haben wir eine Langfristplanung für Dresden und seinen E-Golf. Aber eine dritte Schicht wird es nicht geben. Wenn aber der Standort irgendwann mal ein paar Autos mehr schafft, ohne, dass wir jetzt hoch skalieren, dann nehme wir die gern mit.

Die Montagestrecke vom VW Golf und Passat im VW-Werk in Zwickau. (Archivbild)
Die Montagestrecke vom VW Golf und Passat im VW-Werk in Zwickau. (Archivbild)  © Uwe Meinhold

Wann wird die neue Generation von E-Autos, bei Ihnen I.D. auf MEB-Basis genannt, in Dresden starten?

Wir gehen davon aus, dass wir in 2020 umsteigen; haben aber noch keine genaue Ausplanung, ob das jetzt Anfang oder Mitte oder Ende des Jahres ist. Das ist eine Frage der Golf-Situation, dann, wie der MEB an sich (zunächst der I.D.-Modelle aus/in Zwickau ab Mitte 2020) anläuft. Welches der neuen E-Modelle in Dresden läuft, diese Entscheidung haben wir noch nicht getroffen.

Welches der sechs für Zwickau geplanten I.D.-Modelle wird auch in Dresden gefertigt werden?

Die Festlegung haben wir noch nicht getroffen. In Zwickau selbst werden sechs E-Modelle gefertigt werden. Es werden zwei Fahrzeuge aus dem Kompakt-Segment sein: zwei I.D.Crozz. Und es werden vier Fahrzeuge aus dem SUV-Coupé-Bereich sein.

Bleibt die Gläsernen Manufaktur ein Schaufenster E-Mobilität?

Auf jeden Fall. Gleichwohl: Ein Schaufenster muss man aktuell halten, man muss etwas zeigen können, was den Kunden lockt. Darum haben wir hier einen permanenten Wechsel an Exponaten. Und auch die Modularer-Querbaukasten-Technologie als Ganzes werden wir hier schon vorab abbilden.

Das Motorenwerk in Chemnitz.
Das Motorenwerk in Chemnitz.  © Klaus Jedlicka

Sind die sächsischen Zulieferer bereit für die künftigen Herausforderungen der E-Auto-Industrie?

Vorangestellt: Ich glaube, dass die sächsische Zuliefer-Industrie hervorragende Basiskompetenzen hat. Gerade im Umfeld von Zwickau haben wir einen hohen Zuspruch der lokalen Lieferanten, die wir jetzt auch ausbauen und fördern. Damit stärken wir die Region.

Aber machen wir uns nichts vor: Die Zulieferindustrie jetzt spezifisch auf Technologiekomponenten im Elektrik- Elektronik- oder auch Kommunikationsbereich bezogen, die gilt es noch auszubauen und zu fördern. Da ist noch einiges an Luft nach oben für die Zulieferindustrie hier in Sachsen …

Wie wird künftig mit Fällen wie Prevent umgegangen?

Es gilt für die Zukunft, solche Situationen zu vermeiden. Aber das hängt auch daran, wie man in der gegenseitigen Kooperation mit einander umgeht. Ich muss schlicht und ergreifend sagen: Wir haben uns zu jeder Zeit ordentlich verhalten. Unser starker Wille ist, dass so etwas nicht wieder vorkommt.

Ein VW Golf bei der Endprüfung in der Gläsernen Manufaktur.
Ein VW Golf bei der Endprüfung in der Gläsernen Manufaktur.  © Eric Münch

Eine private Frage: Ziehen Sie nach Sachsen?

Noch verbringe ich den überwiegenden Anteil in Wolfsburg. Weil dort jetzt die Projekte gepusht werden, damit wir in Zwickau die Umstellung erfolgreich gestalten. Das wird die nächsten Monate auch noch so sein. Aber schon jetzt arbeite ich zwei bis drei Tage die Woche pro Monat im Zwickau. Und das wird steigen. Ich bin jetzt seit 30 Jahren bei VW. Umso mehr freue ich mich über die Veränderungen, die wir jetzt in Zwickau machen: Beide Standorte haben in der Vergangenheit häufig gezeigt, welche Kraft und welche Stärke sie haben, Veränderungen durchzustehen und zu erzeugen. Gerade die Manufaktur hier in Dresden hat gezeigt, wie man mit Transformation umgeht. Das wollen wir jetzt auch in Zwickau tun.

Wie stehen Sie zu Elon Musk und sein Tesla?

Sie haben einen hervorragenden Job gemacht. Sie haben der E-Mobilität zu einem Stellenwert verholfen, dass sie salonfähig geworden ist. Aber wir haben es mit zweierlei zu tun: Das eine ist, Autos zu bauen. Und das andere: als Volumenhersteller einer Technologie zum Durchbruch zu verhelfen.

Ich bin mir sicher, dass wir als VW mit 70 Jahren Kompetenz in der Autoproduktion diejenigen sind, die die Technologie als auch die Stärke haben, dieser Technologie auch im Volumen zum Durchbruch zu verhelfen – und das weltweit.

Wie steht es um die Brennstoffzelle bei VW? Die Brennstoffzelle ist mit Sicherheit ein technologisches Gebiet, an dem man nicht vorbeikommt und um das man sich auch kümmern muss. Bei uns im Konzern hat Audi den Lead für das ganze Thema. Die sind da agil. Aber das ist eine Technologie, die kommt irgendwo gefühlt ein Zeitalter später. Dass wir uns gerade der E-Mobilität verschreiben, ist das Richtige und Notwendige. Alles in allem sind bei der Brennstoffzelle noch technologische Fortschritte notwendig. Da ist es noch lange nicht so weit, auch wenn erste damit anfangen, dass man da ins Volumen gehen kann. Doch wir sind als Volkswagen ein Volumenhersteller!

*MEB bedeutet Modularer Elektrifizierungsbaukasten (Anm. d. Redaktion)