Der mysteriöse Fall Drage: Mutter und Tochter verschwinden spurlos

Drage - Eine Familie aus dem kleinen Ort Drage an der Elbe verschwindet spurlos. Wenig später wird der Vater tot aus dem Fluss gezogen, seine Ehefrau und die zwölfjährige Tochter bleiben vermisst. Auch für erfahrene Ermittler ist der Fall etwas Besonderes, auch drei Jahre später.

Polizeibeamte suchen im November 2015 bei dichtem Nebel auf der Elbe bei Geesthacht nach der Mutter und ihrer Tochter. (Archivbild.)
Polizeibeamte suchen im November 2015 bei dichtem Nebel auf der Elbe bei Geesthacht nach der Mutter und ihrer Tochter. (Archivbild.)  © DPA

Seit dem 22. Juli 2015 gibt es keine Lebenszeichen mehr. Die zwölfjährige Miriam Schulze bleibt am letzten Schultag vor den Sommerferien in Niedersachsen wegen einer Erkrankung daheim, ihre Mutter Sylvia fährt an diesem Mittwoch zur Arbeit bei einem Discounter.

Am Abend stellt Familienvater Marco Schulze die Mülltonne vor die Tür, danach wird keiner der drei mehr lebend gesehen.

Miriam hatte mit einer Freundin aus der Siedlung nicht weit von Hamburg einen Reiturlaub geplant, erinnert sich die Mutter des Mädchens. "Unsere Tochter wollte am Samstag mit Miriam in die Reiterferien, sie war ihre beste Freundin", sagt die Frau. "Sylvia hatte schon einen Teil bezahlt."

Miriams Vater Marco habe auf dem Reiterhof ausgeholfen. "Die beiden haben sich noch am Mittwoch vor dem Haus über die Schule unterhalten und dabei gelacht", schildert sie die letzte Begegnung der Mädchen an dem warmen Sommertag. "Marco war ein liebevoller Vater", sagt sie noch.

Sylvia Schulze kommt nicht mehr zur Arbeit, die 43-Jährige gilt als sehr zuverlässig. Eine Kollegin und besorgte Nachbarn alarmieren die Polizei. Im Haus finden die Beamten nichts. Kurz darauf rücken Polizisten mit Spürhunden an, die Spurensicherung ist im Einsatz.

Dann, am 31. Juli, wird der Vater in Lauenburg unter einer Brücke ertrunken aus der Elbe gezogen, 25 Kilometer flussaufwärts. Der Tote ist mit einem Betonklotz beschwert, alles spricht für Suizid.

"Wir gehen davon aus, dass der Familienvater die beiden umgebracht hat", sagt Kriminalhauptkommissar Jan Krüger. "Gegen Tote wird nicht mehr ermittelt", erklärt er die rechtliche Lage. Deshalb habe die zuständige Staatsanwaltschaft das Verfahren kurz nach dem Fund der Leiche geschlossen.

Immer wieder wird im Fluss gesucht, auch Monate später noch. Im August 2015 meldet sich eine Zeugin. Sie will die Familie am 22. Juli an einem kleinen See in Holm-Seppensen gesehen haben. Suchhunde finden Geruchsspuren, nur die des Vaters führen wieder weg - gefunden wird nichts.

Die Sonderkommission "Schulze" ist lange aufgelöst, alle Spuren abgearbeitet. "Eine Zeugin hat ausgesagt, dass sich die Frau möglicherweise von ihrem Ehemann trennen wollte", hat der frühere Ermittlungsleiter später gesagt. Einen möglichen Auslöser gibt es, doch darüber darf er nicht reden.

"Hier ist die Besonderheit, dass der mutmaßliche Täter sich die Mühe gemacht hat, die beiden Opfer und seinen eigenen Körper verschwinden zu lassen", betont Krüger. "Hierdurch ist man ständig versucht, sich einen Hergang zu konstruieren, um Rückschlüsse zu ziehen, wo Mutter und Tochter versteckt sein könnten."

Am Ende ist es ganz einfach, der Auslöser der Tragödie vom Sommer 2015 gar nicht so wichtig. "Was immer das Motiv gewesen sein soll, auch nach drei Jahren: Man kann es nicht verstehen", sagt die Mutter von Miriams Freundin.

Mit diesem Plakat suchte die Polizei nach der Familie.
Mit diesem Plakat suchte die Polizei nach der Familie.  © Polizeiinspektion Harburg