Er drohte, mit seinem Sohn aus dem Fenster zu springen

Dresden - Ein Fall, drei Meinungen. Weil sich die Juristen über die strafrechtliche Einschätzung eines Vorfalls uneins sind, muss der mutmaßliche Täter mit nur maximal vier Jahren Haft rechnen.

Ahemd E. (27) sitzt seit dem Vorfall im August 2017 in U-Haft.
Ahemd E. (27) sitzt seit dem Vorfall im August 2017 in U-Haft.  © Ove Landgraf

Ahmed E. (27) hatte im August 2017 gedroht, seine Freundin und seinen einjährigen Sohn Amir zu töten. Er wollte mit dem Kind sogar aus dem Fenster springen (TAG24 berichtete).

Laut Anklage trat der Marokkaner (seit 2014 in Deutschland) am 13. August an der Haeckelstraße in Heidenau die Tür zur Dach-Wohnung von Daniela N. ein. Er verletzte die Mutter seines Kindes mit dem Messer.

"Du kriegst das Kind nicht. Ich steche Euch alle ab. Nach 15 Jahren komme ich eh wieder raus", soll der Informatiker getönt haben. An dem Punkt endet die jetzt im Amtsgericht Pirna verlesene Anklage gegen Ahmed E. wegen Bedrohung und Körperverletzung.

"Aber da war noch viel mehr", konstatierte der zuständige Richter Andreas Beeskow (54). Demnach stürmte die Polizei die Wohnung, zerrte mehrere Minuten an Ahmed, der auf dem Fenstersims stand. Er stach mit einer Schere in Richtung der Beamten und lockerte gar den Tragegurt des Kindes! Der Richter ging daher vom versuchten Totschlag aus, schickte die Akten ans Landgericht Dresden, wo derlei Fälle verhandelt werden müssen.

"Das Landgericht aber verneinte den Totschlagsvorsatz", so Beeskow. Heißt: Das Amtsgericht - welches maximal vier Jahre Haft ausurteilen darf - muss nun verhandeln.

Oberstaatsanwalt Andreas Feron (55), der die Anklage ohne die Fensterszene verfasste, erklärte: "Der Beschuldigte kam letztlich zurück in den Raum. Wir werteten das als strafbefreienden Rücktritt vom möglichen Tötungsvorsatz, der folglich nicht angeklagt wurde." Der Prozess wird fortgesetzt.