Alarm im Zwinger! Roter Sand zerfrisst die Schätze

Der Sand zerfällt in feinen scharfkantigen Staub, den nicht einmal Vitrinen aufhalten können.
Der Sand zerfällt in feinen scharfkantigen Staub, den nicht einmal Vitrinen aufhalten können.  © Petra Hornig

Dresden - Große Sorge im Zwinger: Die Museumsdirektoren fürchten um ihre Kunstwerke! Denn der markante rote Sand im Zwingerhof greift unsere Schätze an. Er ist besonders scharfkantig, setzt sich als Staub überall fest, verfärbt sogar Augusts Porzellan!

Keine Tür kann ihn aufhalten. Über die Schuhsohlen der Zwinger-Besucher (über 600.000 Gäste in 2016) wird der zertretene Sand direkt in die Museen zu den Kunstwerken getragen.

„Der rote Sand gefährdet unsere Schätze“, ärgern sich Peter Plaßmeyer (57) und Julia Weber (38). Die Direktoren des Mathematisch-Physikalischen Salons (MPS) und der Porzellansammlung kämpfen gegen mehrere Sand-Probleme. Und die Folgen treffen auch die Besucher!

So beherbergt der MPS einige der seltensten Uhren weltweit. „Ich würde sie für unsere Besucher gerne laufen lassen“, sagt Plaßmeyer. Doch das wäre das Ende der Kunstschätze! Das ergab ein Sand-Gutachten des Museums: „Der scharfkantige Staub verbindet sich mit den Schmierfetten der Werke zu einer effektiven Schleifpaste“, erklärt Plaßmeyer.

Setzt man die Uhren in Gang, würde der Staub die Kostbarkeiten von innen heraus zerfressen! Noch nicht mal Vitrinen halten den „stillen Zerstörer“ auf.

Nichts tickt mehr: Museumsdirektor Peter Plaßmeyer (57) ärgert sich über die Einschränkungen im Mathematisch-Physikalischen Salon.
Nichts tickt mehr: Museumsdirektor Peter Plaßmeyer (57) ärgert sich über die Einschränkungen im Mathematisch-Physikalischen Salon.  © Ove Landgraf

„Für Kaltbemalungen und Vergoldungen auf Porzellan stellt der scharfkantige rote Staub eine besondere Gefährdung dar“, sagt Direktorin Weber.

„Er legt sich im Laufe des Jahres auf die vielfach frei stehenden Porzellane, die sogar einen leicht rötlichen Ton bekommen.“ Fatal: Da die Räume nicht klimatisiert sind, müssen Fenster geöffnet werden, durch die noch mehr Staub eindringt.

Sogar in der klimatisierten Gemäldegalerie ist der Sand sichtbar: Eine Treppe, die in die Osthalle führt, lässt sich schon gar nicht mehr vom Rotstich befreien.

Solange der Sand im Zwingerhof bleibt, können die Museen nur eins tun: Den Staub immer wieder neu entfernen. Und das jede Woche! „Das ist schwierig, geht nur mit besonderer Vorsicht und speziellen Gerätschaften“, sagt Weber. Extra dafür müssen Restauratoren bezahlt werden. Auf den Kosten bleiben die Museen sitzen. Die Forderung der Direktoren: „Um die Gefährdungen zu vermeiden, muss dieser Sand zügig aus dem Zwinger entfernt werden.“

Das zuständige Sächsische Immobilien und Baumanagement (SIB): „Die Probleme der Museen mit Schmutz und Staub sind bekannt“, so eine Sprecherin. An einer Lösung werde gearbeitet.

Meine Meinung: "Sand im Getriebe"

TAG24-Redakteur Hermann Tydecks begutachtet die Ablagerungen am Eingang der Porzellansammlungen.
TAG24-Redakteur Hermann Tydecks begutachtet die Ablagerungen am Eingang der Porzellansammlungen.  © Ove Landgraf

Ich mag den roten Sand im Zwinger. Mir kommen immer die Luftbilder in den Sinn, auf denen der er schon fast rötlich schimmert. Tatsächlich wird dieser rote Sand seit Jahrzehnten ganz bewusst im Zwingerhof eingesetzt.

Damit muss jetzt schnellstmöglich Schluss sein! Denn die Zwinger-Museen beherbergen Sachsens wertvollste Schätze. Und die sind gefährdet! Ausgerechnet der verwendete Sand des Zwingerhofs zerfällt in feinen scharfkantigen Staub, dringt in die Schatzkammern ein, bedroht die technischen Wunderwerke, verfärbt sogar Augusts Vasen.

Zwar soll Raffaels Sixtinische Madonna in der Gemäldegalerie Alte Meister sicher sein, da der klimatisierte Semperbau sehr weitläufig ist. Doch wer will eine Gefährdung ausschließen, wenn schon die Treppe zur Osthalle so rötlich eingefärbt ist, dass man sie nicht mehr sauber bekommt!

Dieser gefährliche Sand sollte einfach nicht mehr genutzt werden. Lässt sich kein weicheres und geeignetes Material beschaffen, muss der Zwinger eben sandlos werden.

Davon hätten auch die Besucher etwas! Die Kosten für die aufwendigen Spezialreinigungen, die Woche für Woche von Restauratoren durchgeführt werden müssen, würden wegfallen oder sich zumindest stark verringern.

Und die Stille im Mathematisch-Physikalischen Salon wäre auch endlich verflogen: Die Uhren könnten endlich (wieder) ticken!

Die Direktorin der Porzellansammlung Julia Weber (38) inspiziert die gefährlichen Staub-Ablagerungen auf Augusts geschätzten Dragoner-Vasen.
Die Direktorin der Porzellansammlung Julia Weber (38) inspiziert die gefährlichen Staub-Ablagerungen auf Augusts geschätzten Dragoner-Vasen.  © Ove Landgraf
Wie sicher sind die Alten Meister? Raffaels Sixtinische Madonna ist tief im Semperbau beherbergt, soll laut Staatlichen Kunstsammlungen nicht gefährdet sein.
Wie sicher sind die Alten Meister? Raffaels Sixtinische Madonna ist tief im Semperbau beherbergt, soll laut Staatlichen Kunstsammlungen nicht gefährdet sein.  © Ove Landgraf