Der Übersteiger! Kletterpapst feiert sein Jubiläum

Der Herr der vertikalen Wände, Bernd, Arnold, wird 70 Jahre. Selbst an seiner Hauswand hat er Griffe geschraubt.
Der Herr der vertikalen Wände, Bernd, Arnold, wird 70 Jahre. Selbst an seiner Hauswand hat er Griffe geschraubt.  © Norbert Neumann

Dresden - Kletterpionier, Abenteurer, Ausnahmetalent: Bernd Arnold (noch 69) setzte jahrzehntelang Maßstäbe beim Klettern in der Sächsischen Schweiz. Über 900 Kletterwege hat er erstbegangen, er sprengte sogar die traditionelle sächsische Kletterskala.

Der Reiz nach dem Neuen, nach unberührten, nicht ausgetretenen Pfaden begleitet den Grenzgänger bis heute. Auch außerhalb des sächsischen Elbsandsteins eilt Arnold sein Ruf als Pionier des Sportkletterns voraus.

Was im Alter von 12 Jahren in Hohnstein mit einer Wäscheleine am Panoramafels begann, hat noch lang nicht sein Ende genommen.

"Klettern ist für mich wie Essen und Trinken, von der Kindheit an aufgebaut", sagt Arnold. Auch nach 58 Jahren am heimischen Fels zieht es ihn fast täglich hinaus in die Natur – zu seinem "täglich Brot".

Nicht nur die Gegend rund um die Bastei kennt "Kletterpapst" Bernd Arnold wie seine Westentasche. Die Sächsische Schweiz ist quasi sein zweites Zuhause.
Nicht nur die Gegend rund um die Bastei kennt "Kletterpapst" Bernd Arnold wie seine Westentasche. Die Sächsische Schweiz ist quasi sein zweites Zuhause.  © 123RF

Beweisen muss er sich nichts mehr, für ihn zählen heute andere Dimensionen:

"Ich klettere immer noch gern an meiner Leistungsgrenze, setze diese allerdings nicht mehr so hoch an", sagt Bernd Arnold und spielt doch ein wenig darauf an, dass er am Dienstag 70 Jahre alt wird.

In seiner Sturm- und Drangzeit setzte Arnold sich immer größere Ziele. Suchte nach schwierigeren Wegen, nach "Kletter-Routen, die Sinn ergeben". Nach schönen Linien im Fels. Er ging zielstrebig seinen eigenen Weg und riss damit nicht nur sich, sondern auch sein ganzes Umfeld mit. Pushte sich zu Höchstleistungen. Und zog den Blick auch der internationalen Kletter-Szene auf sich.

Nicht jeder der Traditionsbewussten Sächsischen Bergsteiger fand gut, was Arnold machte.

Verschob er doch ständig Grenzen. Herausgekommen sind dabei Kletterwege wie "Nordwand" am Schwager (Schrammsteine). 1970 der erste Weg mit der Schwierigkeit IXb. 16 Jahre später verschob er erneut die Skala nach oben, mit dem Weg "Barometer für Stimmungen“ am Heringsstein, eine Xc.

Auch Tochter Heike (39) hat Klettertalent. Ein Bild aus den 1990er Jahren beim gemeinsamen Klettern im Elbsandstein.
Auch Tochter Heike (39) hat Klettertalent. Ein Bild aus den 1990er Jahren beim gemeinsamen Klettern im Elbsandstein.  © Arnold/ Repro: Thomas Türpe

Bei allem legt er Wert auf seine Weggefährten, seine Seilschaft, mit der er an den Felsen steigt. Blindes Vertrauen ist notwendig, hängt das eigene Leben doch auch in den Händen der Kletterpartner.

"Mir war nie egal, mit wem ich unterwegs war. Die Chemie musste stimmen", sagt Arnold.

Auch die Familie ist für ihn wie eine Seilschaft:

"Ohne die Frauen an meiner Seite hätte ich das so nicht geschafft." Trotzdem wurde nach der Wende auch für ihn vieles anders. Er legte seine Arbeit als Buchdrucker nieder und eröffnete mit seiner Frau Christine zwei Bergsportläden. Startete mit Kletterkursen, "auch um den Gedanken an die Natur und die Liebe zum Fels weiterzugeben".

Auch die Reiseziele änderten sich. International eröffneten sich neue Horizonte. Unbekannte Routen im Himalaya, Mali, Sudan, Madagaskar, Venezuela und immer wieder Griechenland oder Patagonien in Chile. Arnold kam rum: „Ich sehe mich auch ein wenig als Botschafter für den Elbsandstein“. Trotz mehrerer Rückschläge ist er immer in sein Geburtshaus zurückgekehrt. Einige seiner engsten Weggefährten hatten nicht das Glück.

Für den sächsischen Bergsport ist Bernd Arnold eine lebende Legende. Ein Visionär mit Ecken und Kanten, streitbar, der sich seine Freiheit bis heute bewahrt.

Arnolds Markenzeichen sind Tabakspfeife, Nickelbrille und das Barfußklettern.
Arnolds Markenzeichen sind Tabakspfeife, Nickelbrille und das Barfußklettern.  © Norbert Neumann

Bergsport in Sachsen

Seit über 150 Jahren wird in Sachsen geklettert. Das Elbsandsteingebirge gilt als Wiege des modernen Freikletterns am Fels - mit ganz eigenen Regeln.

Die Besteigung des Falkensteins im Jahr 1864 durch einen Bad Schandauer gilt heute als Beginn des Freikletterns am Fels. Seitdem wurden in der kleinen 700 Quadratkilometer großen Sächsisch-Böhmischen Schweiz über 1 100 Gipfel bestiegen und mehr als 20 000 Kletterwege erstbegangen: ein Eldorado für Sportkletterer bis heute.

Kletterer wie Bernd Arnold setzten von hier aus internationale Maßstäbe.

Mehr Kletterwand-Quadratmeter pro Einwohner hat wohl keine andere Stadt. Dresden bietet Top-Bedingungen für Leistungssportler.
Mehr Kletterwand-Quadratmeter pro Einwohner hat wohl keine andere Stadt. Dresden bietet Top-Bedingungen für Leistungssportler.  © Lutz Hentschel

Dresden gilt heute als drittgrößte Klettermetropole Deutschlands und der Sächsische Bergsteigerbund (SBB) als einer der größten Sportvereine im Freistaat.

Dieser achtet auch auf die seit 1913 formulierten Kletter-Regeln in der Sächsischen Schweiz. In enger Abstimmung mit dem Nationalpark ist er zuständig für die Belange der Kletterer.

Wichtigste Regeln: Geklettert werden darf nur ohne Hilfsmittel, Sicherungshaken dürfen nur von Erstbesteigern eingeschlagen und keine künstlichen Griffe angelegt werden.

Traditionen wie der Gruß "Berg Heil" nach erfolgreicher Gipfelbesteigung und der Eintrag ins "Gipfelbuch", sowie eine eigene Schwierigkeitsskala, sind fester Bestandteil der Tradition.

Den legendären K2 (8611 Meter) im Himalaya wollte Arnold 1991 mit sechs Mitstreitern besteigen - als erster Deutscher überhaupt. Der Versuch scheiterte.
Den legendären K2 (8611 Meter) im Himalaya wollte Arnold 1991 mit sechs Mitstreitern besteigen - als erster Deutscher überhaupt. Der Versuch scheiterte.  © Picture Alliance /Minden Pictures

Der Jubilar in Zahlen

# 28. Februar 1947: geboren in Hohnstein

# Lehre als Schriftsetzer und Buchdrucker

# Verheiratet mit: Christine (66), eine Tochter, vier Enkel

# über 900 Erstbegehungen im Elbsandstein

# 1972: Aufnahme in die DDR-Nationalmannschaft Alpinistik

# 1988: Sturz in Gletscherspalte im Karakorum-Gebirge

# ab 1989: Klettertouren u.a. in USA, Mali, Sudan, Jemen, Algerien, Madagaskar, Jordanien, Chile, Nepal, Venezuela, Australien, Griechenland. Geplant: Sibirien

# 21.12.1989: Einer von sieben Mitgründern des neuen Sächsischen Bergsteiger Bundes (SBB)

# 1991: Eröffnung zweier Bergsportläden „Bergsport Arnold“

# 2008: Ehrenbürgerschaft von Hohnstein

Bekannt ist Arnold auch für seinen ästhetischen Kletterstil.
Bekannt ist Arnold auch für seinen ästhetischen Kletterstil.  © Thomas Türpe