Wohnwagen-Legenden kehren nach Dresden zurück

Dresden - Auf der Leipziger Messe 1958 feierte er Premiere: der legendäre Wohnwagen der Dresdner Karosseriebau-Firma Nagetusch.

Nagetusch-Wohnwagen galten zu DDR-Zeiten als luxuriös. Ihr Holzaufbau war mit einer Alu-Außenhaut umhüllt, die Fenster stylish von Zierleisten eingefasst.
Nagetusch-Wohnwagen galten zu DDR-Zeiten als luxuriös. Ihr Holzaufbau war mit einer Alu-Außenhaut umhüllt, die Fenster stylish von Zierleisten eingefasst.  © Nagetusch

60 Jahre später ist er noch immer "on tour" - meist aber als kultige Imbissbude. Zum Jubiläum aber rollen die Originale durch die Stadt - zum ersten Nagetusch-Treffen am 26. Mai haben sich 35 Wohnwagen-Fans angemeldet.

Ihre Schmuckstücke präsentieren sie bei einer Rundfahrt durch die Innenstadt (10-12 Uhr) und danach im Stallhof.

"Wir selbst haben leider keinen Wohnwagen mehr", bedauert Marco Nagetusch (48), Enkel von Firmengründer August Richard Nagetusch (1904-89). Zu turbulent war die Geschichte der 1931 im Alten Schlachthof gegründeten Firma: Marcos Vater Manfred (heute 80) flüchtete 1963 im Kofferraum eines Diplomatenautos aus der DDR.

1970 wurde Großvater August Richard aus politischen Gründen inhaftiert, ein Jahr später von der Bundesrepublik freigekauft. Seine Karosseriebaufirma wurde 1972 verstaatlicht.

Heute lebt die Familie Nagetusch in Wiesbaden, betreibt eine Immobilienfirma. "Aber wir kommen alle - vermutlich zu zehnt - zum Nagetusch-Treffen nach Dresden", versichert Marco. Sein Vater Manfred wird im Verkehrsmuseum Vorträge zur Geschichte des Wohnwagens halten. "Und meine Kinder sollen endlich sehen, woher unsere Familie stammt."

Firmengründer August Richard Nagetusch (r.) mit seinem Sohn Manfred, der 1963 aus der DDR flüchtete.
Firmengründer August Richard Nagetusch (r.) mit seinem Sohn Manfred, der 1963 aus der DDR flüchtete.  © Nagetusch

Vielleicht lecken die Nagetuschs ja auch Blut - "und wir kaufen gleich in Dresden einen neuen alten Wohnwagen.

Vaters Letzter stand nur ungenutzt in der Garage", erzählt Marco Nagetusch. "Deshalb hat er ihn vor vielen Jahren verkauft." Nach Dresden.

Frank Hartwig, Organisator des Treffens ist ebenfalls stolzer Besitzer eines Wohnwagens Baujahr 69. Für sein brandneues Buch:

"Nagetusch - Wohnanhänger aus Dresden" (134 Seiten, 29,95 Euro, verlagkraftakt) hat er recherchiert: "Es wurden rund 1.000 Wohnwagen hergestellt. 600 davon in Kaitz und 400 in Lizenz auf der Schiffswerft in Rechlin."

9.000 bis 15.000 Ostmark kosteten die Luxusanhänger. Erschwinglich nur für Promis - oder West-Künstler, die ihre Gage für Auftritte in der DDR in Porzellan anlegten - oder in einen Nagetusch.

Neben der Eingangstür des Wohnwagens befanden sich Esstisch und Küche.
Neben der Eingangstür des Wohnwagens befanden sich Esstisch und Küche.  © wikipedia
Heute arbeiten Manfred Nagetusch (l.) und sein Sohn Marco in Wiesbaden im Immobiliengeschäft.
Heute arbeiten Manfred Nagetusch (l.) und sein Sohn Marco in Wiesbaden im Immobiliengeschäft.  © Nagetusch
Seit 2018 im Buchhandel: "Nagetusch - Wohn-Anhänger aus Dresden" von Frank Hartwig und Christian Suhr.
Seit 2018 im Buchhandel: "Nagetusch - Wohn-Anhänger aus Dresden" von Frank Hartwig und Christian Suhr.  © Nagetusch