Sie setzen auf Verstärker: Straßenmusiker werden immer lauter

Dresden - Trompeter, Gitarrenzupfer, Opernsänger oder sogar Klavierspieler - Straßenmusik rund um die Frauenkirche gehört längst zur "Hörenswürdigkeit" der Dresdner Innenstadt.

Ein Könner auf der Gitarre - nur mit 60 Dezibel ein bisschen laut: Vince (42) ist weltweit unterwegs und beschallt auch den Neumarkt mit seinen Leonard-Cohen-Songs und anderen Klassikern.
Ein Könner auf der Gitarre - nur mit 60 Dezibel ein bisschen laut: Vince (42) ist weltweit unterwegs und beschallt auch den Neumarkt mit seinen Leonard-Cohen-Songs und anderen Klassikern.  © Steffen Füssel

Oft treten dort sogar echte Musik-Profis auf, die andernorts Anspruch auf Eintritt hätten. Doch ein unschöner Trend macht sich neuerdings breit: Immer häufiger bringen die Straßenmusiker einen Verstärker mit.

Martin Luther scheint auf seinem Sockel vor der Frauenkirche die Faust auf der Bibel noch fester zu ballen. Ob der Gitarrist "Leyliam" oder ein Opernduo aus Weißrussland - musiziert wird zu seinen Füßen inzwischen mit Verstärker.

Auch Vince (46) klampft seine Songs aus den 1970er Jahren mit akustischer Verstärkung vor dem Denkmal. Obwohl er "nur" auf 60 Dezibel aufdreht, schallt auch sein Spiel bis zum Kulturpalast. "Damit man mich hört", sagt Vince.

Dabei ist er noch relativ "leise". Auf dem Platz drehen manche Musiker den Regler auf bis zu 120 Dezibel - so laut wie ein startender Düsenjet.

Selbst unter Musikern wird das kritisiert: Nikolai Arsenev (50) aus St. Petersburg kommt seit über 20 Jahren mit seiner Trompete nach Dresden, in der spielfreien Zeit des St. Petersburger Sinfonieorchesters. "Die Bedingungen sind in Dresden schlechter geworden, die Musiker, die mit Verstärkern arbeiten, sind so laut, dass keiner dann mehr überhaupt Musik hören mag."

Jan Fila (37) aus Salzburg spielt E-Geige - der fehlende Resonanzkörper wird durch einen Tonverstärker ersetzt.
Jan Fila (37) aus Salzburg spielt E-Geige - der fehlende Resonanzkörper wird durch einen Tonverstärker ersetzt.  © Holm Helis

Auch Gitarrenkünstler Tommy (53), der ohne Verstärker spielt, bestätigt, dass Verstärker "massiv zugenommen" haben. Bedenken äußert man auch in der Dresden Information im QF: "Obwohl wir mit einem digitalen Führungssystem arbeiten, empfinden unsere Gäste die hohe Lautstärke als störend", so Leiter Sven Ruschau (40).

Straßenmusik darf der neuen Satzung zufolge von 9.30 Uhr bis 22 Uhr jeweils nur noch von der halben bis zur vollen Stunde ausgeübt werden. Für die Prager Straße, den Neumarkt (Lutherdenkmal) und den Neustädter Markt wurde zudem eine Mittagspause von 13 bis 15 Uhr beschlossen.

An eine Lärmbeschränkung indes wurde nicht gedacht: "Da die Satzung Straßenkunst diesbezüglich keine Regelungen enthält und Verstärkeranlagen und sowie intensive Instrumente uneingeschränkt erlaubt sind, erfolgt hier kein Eingriff durch das Ordnungsamt", so ein Stadtsprecher.

Bestraft aber wird, wer die Zeiten nicht einhält: Wer mehrfach gegen die Satzung verstößt, muss mit Auftrittsverbot rechnen. Es droht bis zu 500 Euro Bußgeld. Bis 2015 mussten Straßenkünstler eine kostenpflichtige Genehmigung beantragen.

Er macht's noch klassisch: Tommy (53) aus Dresden spielt Gitarre - ganz ohne Elektro-Schnickschnack.
Er macht's noch klassisch: Tommy (53) aus Dresden spielt Gitarre - ganz ohne Elektro-Schnickschnack.  © Holm Helis