Wer hier pinkelt, kann in den Knast kommen

Egal, wie groß die Not ist: In der Öffentlichkeit zu urinieren ist in Deutschland nicht erlaubt. Und überhaupt: Wo wäscht er sich jetzt eigentlich die Hände?
Egal, wie groß die Not ist: In der Öffentlichkeit zu urinieren ist in Deutschland nicht erlaubt. Und überhaupt: Wo wäscht er sich jetzt eigentlich die Hände?  © 123rf.com/fujisl

Erfurt - 1000 Euro Bußgeld wenn Ihr beim Wildpinkeln erwischt werdet, ist so 2016! Inzwischen haben die Kommunen das unerlaubte Pipimachen im Gebüsch als sprudelnde Einnahmequelle entdeckt: Die "Höchststrafe" wurde verfünffacht.

Eine leere Straße, ein langsamer Spaziergang im Wald, ein einsamer Feldweg - und weit und breit keine Menschenseele. Wer jetzt dringend muss, währt sich meistens in Sicherheit vor pikierten Gesichtern (oder hat kein Schamgefühl vor Zuschauern). Also schnell die Hose und ein paar Sekunden später fühlt man sich erleichtert.

Blöd nur, wenn es doch jemand mitbekommt. Dann wird laut Bußgeldkatalog 2017 ein Verwarn- oder Bußgeld bis zu 5000 Euro fällig. Der Startpreis liegt bei 35 Euro. In besonders schweren Fällen sieht das deutsche Strafgesetzbuch (StGB) sogar bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe vor.

Das ist vor allem dann der Fall, wenn Kinder dieses hemmungslose Verhalten beobachten können, also zum Beispiel in der Nähe einer Kindereinrichtung oder Schule. Oder wenn Kinder das Outdoor-Pinkeln für richtig halten. Dann kann das Wildpinkeln in der Rechtssprache sogar als "Erregung öffentlichen Ärgernisses" gelten. Der Paragraph 183a StGB sagt nämlich Folgendes zum Wildpinkeln:

Wer öffentlich sexuelle Handlungen vornimmt und dadurch absichtlich oder wissentlich ein Ärgernis erregt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in § 183 mit Strafe bedroht ist.

Das Benutzen einer öffentlichen Toiletten kann zur nervlichen Belastungsprobe werden.
Das Benutzen einer öffentlichen Toiletten kann zur nervlichen Belastungsprobe werden.  © 123rf.com/jochenschoenfeld

Ob lediglich ein Bußgeld droht, ist also reine Glückssache, wenn Eltern (oder andere Passanten) sich vom öffentlichen Urinieren gestört fühlen und das der Polizei melden.

Wer sich zum Urinieren in den Wald zurückzieht oder hinter einen Baum, dem droht in der Regel nur ein Verwarn- oder Bußgeld der unteren Preisklasse. Tipp: Wer sich einsichtig zeigt, kann den Preis noch etwas nach unten regulieren. Viele Beamte zeigen dann doch Verständnis für einen derartigen Notfall. Ein Problem sind schließlich auch zu wenige oder gar keine Toiletten im öffentlichen Raum.

Als besonders strenge Städte im Umgang mit Wild-Pinklern gelten übrigens Erfurt, Hannover und Stuttgart. Die besagten 5000-Euro-Strafen werden hier verlangt.

Bei Kindern kann Wildpinkeln nicht bestraft werden. Das Ordnungswidrigkeitsrecht greift nicht bei unter 14-Jährigen, da sie noch nicht strafmündig sind. Somit können sie auch nicht haftbar gemacht werden. Eine Ermahnung darf aber ausgesprochen werden. Rechtlich betrachtet ist Wildpinkeln für kleine und große Kinder also erlaubt.

Ob Eltern so ein Verhalten unterstützen, müssen sie selbst entscheiden. Schließlich kann auch irgendwann Kinderurin auf dem Spielplatz stinken.

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