Macht bald jede vierte Klinik in Deutschland dicht?

Frankfurt/Bonn - Professor Ferdinand M. Gerlach ist einer der "Gesundheitsweisen" Deutschlands. Der Sachverständigenrat begutachtet die Entwicklung im Gesundheitswesen und berät die Politik.

Der Vorsitzende der "Gesundheitsweisen", Ferdinand M. Gerlach, hält das Rhein-Main-Gebiet für ein Musterbeispiel der stationären Überversorgung.
Der Vorsitzende der "Gesundheitsweisen", Ferdinand M. Gerlach, hält das Rhein-Main-Gebiet für ein Musterbeispiel der stationären Überversorgung.  © DPA/Andreas Reeg

Gerlach ist der Vorsitzende des Gremiums. Als Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin an der Frankfurter Uni-Klinik weiß er, wovon er spricht. Zum Thema kleine Krankenhäuser hat er eine dezidierte Meinung.

Wenn ein kleines Krankenhaus geschlossen wird, finden die Menschen vor Ort das schlecht. Zu Recht?

Gerlach: "Sie müssen keine Angst haben: Es ist oft besser, etwas weiter in ein spezialisiertes Krankenhaus zu fahren als ins nächstbeste zu gehen. Das gilt nicht nur bei seltenen Krankheiten oder planbaren Operationen, sondern auch bei Akutfällen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall. Ihre Chancen sind in einem größeren Zentrum nachweislich wesentlich besser, da kommt es nicht auf die etwas längere Transportzeit an."

Das heißt, es gibt zu viele Krankenhäuer? Sie haben einmal gesagt, 25 Prozent könne man schließen, ohne dass jemand Nachteile habe...

Gerlach: "Die Zahl war bestimmt nicht zu hoch gegriffen. Das Problem ist besonders groß in Ballungszentren. Das Rhein-Main-Gebiet ist ein Musterbeispiel für stationäre Überversorgung. Anders ist es auf dem Land. Da gilt es, eine Balance zu finden zwischen Erreichbarkeit und Versorgungsqualität."

Wenn die kleinen Krankenhäuser schließen - was tritt an ihre Stelle?

Gerlach: "Ein ambulant-teilstationäres Gesundheitszentrum mit Haus- und Fachärzten, einer Tagesklinik und weiteren Angeboten ist oft sinnvoller als ein kleines Krankenhaus. Die Medizin wird zunehmend ambulanter und das ist gut so. Es müssten weit weniger Menschen als bisher ins Krankenhaus.

Ein Problem ist, das es eine Mauer gibt zwischen dem stationären und dem ambulanten System. Diese Mauer muss weg."