Darum sind Namen wie Kaffenberger und Bouffier echt hessisch

Der emeritierte Germanistik-Professor Hans Ramge untersucht die Nachnamen in Hessen.
Der emeritierte Germanistik-Professor Hans Ramge untersucht die Nachnamen in Hessen.  © dpa/Carolin Eckenfels

Gießen - Wer in Deutschland Cezanne oder Kaffenberger heißt, lebt wahrscheinlich in Hessen. Auch gibt es in dem Bundesland vergleichsweise viele Löbers, Vaupels, Besiers und Hofackers, weswegen sie nun in einem Buch über hessische Familiennamen auftauchen.

"Das Spannende an der Beschäftigung mit den Namen ist, dass man kriminalistisch vorgehen muss", sagt der Autor und emeritierte Germanistik-Professor Hans Ramge über seine Studien. "Es ist eine Spurensuche."

Ramge (77), der früher an der Universität Gießen gearbeitet hat, erforscht schon seit Jahren Namen. Die hessischen Familiennamen besitzen nach seinen Erkenntnissen eine Eigenart: Sie lassen sich nicht so klar einordnen.

"Es gibt Namentypen, die für bestimmte Regionen charakteristisch sind", erklärt der Sprachwissenschaftler. "Wenn jemand Christiansen heißt oder Johannsen, wird man nicht auf die Idee kommen, dass er aus Bayern ist, sondern weiß, dass er aus dem Norden stammt.

Viele Namen lassen sich geografisch ziemlich genau zuordnen - bei hessischen Namen funktioniert das aber nicht. Es gibt keine Namen, von denen man von der sprachlichen Form her sagen könnte: Die sind typisch hessisch."

Die Namen findet der Professor über Telefonbücher.
Die Namen findet der Professor über Telefonbücher.  © dpa/Stephan Jansen

Gleichwohl lässt sich eine Definition finden. Für Germanist Ramge gelten Namen dann als hessisch, wenn sie im bundesweiten Vergleich schwerpunktmäßig in diesem Bundesland vorkommen. Grundlage seiner Arbeit sind unter anderem Datensammlungen von Namen und deren regionalen Verbreitung.

Die Informationen dazu stammen nicht etwa von Standesämtern, sondern aus Telefonbüchern. "Es gibt unendlich viele Müllers in Hessen, an anderen Orten aber eben auch", erklärt der Forscher.

"Dagegen gibt es nur wenige Sandrocks oder Kaffenbergers außerhalb von Hessen." Eben weil der Name nur hier und nur ein einziges Mal entstanden sei. Während es den Beruf des Müllers überall gab.

In seinem Buch listet Ramge eine ganze Reihe Familiennamen auf: angefangen von den Achenbachs, die es besonders häufig im Kreis Marburg-Biedenkopf gibt, über die Kohlhepps aus dem Main-Kinzig-Kreis, den Herbolds aus dem Kreis Kassel und den Ofenlochs von der Bergstraße bis hin zu den Zulaufs, die häufiger im Vogelsbergkreis anzutreffen sind.

"Bouffier" ist ein für Hessen charakteristischer Name.
"Bouffier" ist ein für Hessen charakteristischer Name.  © DPA/Arne Dedert

Daneben gebe es noch "sensationelle kleine Namen", die selten vorkommen, aber dann wirklich fast nur in Hessen: "Castritius zum Beispiel, was Schweineverschneider bedeutet. Oder die Cezanne in Südhessen, die aber wahrscheinlich nichts mit dem berühmten Maler zu tun haben."

Die Entstehung der deutschen Familiennamen reicht nach Angaben von Namensforschern der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz bis ins Mittelalter zurück. Sie entwickelten sich aus Beinamen, die auf eine bestimmte Person bezogen waren. Familiennamen können sich demnach auf den Beruf einer Person beziehen, auf Charaktereigenschaften oder körperliche Merkmale, auf die Herkunft, auf einen Ort oder den Rufnamen.

Natürlich hat sich Sprachwissenschaftler Ramge auch die Namen bekannter Hessen angeschaut: Die Vorfahren von Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) etwa sind demnach vermutlich, wenn auch nicht zwangsläufig, mit den Hugenotten und Waldensern um das Jahr 1700 von Frankreich nach Hessen gelangt.

Heute gebe es hierzulande etwa 100 Bouffiers, davon lebten die meisten in Hessen. "Insofern ist 'Bouffier' heute durchaus als ein Name anzusprechen, der für Hessen charakteristisch ist", schreibt Ramge in seinem Buch.

Titelfoto: dpa/Carolin Eckenfels