Ärzte erkennen Autismus nicht und raten Mutter dazu, Tabletten zu geben

Schon im Kindergarten baute Jan (Name geändert) am liebsten für sich und baute Türme. (Symbolbild)
Schon im Kindergarten baute Jan (Name geändert) am liebsten für sich und baute Türme. (Symbolbild)  © 123RF

Gütersloh - Eltern, die ein autistisches Kind haben, werden die Probleme kennen, die die Entwicklungsstörung mit sich bringt.

Monika Heitmeyer aus Gütersloh hat einen zehnjährigen Sohn, der Autist ist. Während er sich auf eine einzelne Sache hervorragend konzentrieren kann, fällt es ihm schwer, mehrere Dinge gleichzeitig zu erledigen.

"Schon im Kindergarten hatte Jan (Name geändert) Probleme, sich zu integrieren. So richtig wurde er mit den anderen Kindern nicht warm. Er war meist in seine eigene kleine Welt versunken. Zum Spielen ist kaum jemand zu uns nach Hause gekommen", erzählt sie gegenüber der Neuen Westfälischen.

"Sein Schmerzempfinden ist durch die Krankheit herabgesetzt. Er kann auch nicht einschätzen, ob er hungrig oder durstig ist" erklärt die zweifache Mutter weiter. Als sie merkte, dass etwas mit ihrem Sohn nicht stimmt, ging sie zu verschiedenen Ärzten und Psychologen, um ihn durchchecken zu lassen. Richtige Hilfe bekam sie dort allerdings nicht.

"Es hieß immer, dass Jan irgendein Aufmerksamkeitsdefizit hat. Er sollte einfach mal eben Tabletten schlucken und dann wäre alles gut", erzählt sie immer noch fassungslos über diesen Behandlungsansatz.

Damit gab sie sich nicht zufrieden. Tabletten kamen nicht infrage. Erst ein Kinderpsychologe stellte die Diagnose "Autismus", nachdem er "mal ein paar Tests mehr mit Jan durchgeführt hat".

Tabletten lehnte die Mutter des heute Zehnjährigen ab. (Symbolbild)
Tabletten lehnte die Mutter des heute Zehnjährigen ab. (Symbolbild)  © 123RF

Seit Jan richtig behandelt wird, mache er Fortschritte. Mittlerweile ist er auf der weiterführenden Schule. Unterstützt wird er dabei von seiner Integrationshelferin Julia. Außerdem geht der Zehnjährige regelmäßig zur Therapie.

"Jan ist clever und saugt alle Informationen auf, die er bekommen kann. Aber er kann sie [...] eben nicht so gut filtern." Wenn es ihm zu viel wird, die Mitschüler beispielsweise zu laut sind, greift er zu einem Trick: Er setzt sich Kopfhörer auf.

"Autisten fällt es schwer, sich im Schulalltag zurechtzufinden. Sie müssen viele Eindrücke verarbeiten und werden ständig gefordert", weiß Melanie Esken, die als Sozialpädagogin beim Autismus-Therapie-Zentrum in Gütersloh arbeitet.

Wie gut sich Jan macht, zeigt die Tatsache, dass weder er noch seine Krankheit unter den anderen Schülern auffallen. Am glücklichsten ist er trotzdem, wenn er alleine sein kann, um Türme zu bauen oder anderen "Technikkrams" zu erledigen.

"Autisten spezialisieren sich auf ein Themengebiet, und darin kennen sie sich dann extrem gut aus. Das können Eisenbahnen, Traktoren oder eben auch Türme sein", erklärt Esken.

Obwohl er gerne alleine ist, hat der Zehnjährige mittlerweile sogar einen Freund gefunden, mit dem er sich hin und wieder trifft.

Titelfoto: 123RF