Höchstpreise für SS-Porzellan: "Menschen haben dafür gelitten"

München - In Allach bei München betrieb die SS eine Porzellanmanufaktur, in der auch KZ-Häftlinge Zwangsarbeit leisten mussten. Die Figuren, Vasen und Leuchter mit den SS-Runen als Marke sind heute weltweit als Sammelobjekte gefragt. Zwielichtige Sammler zahlen Höchstpreise.

Das Logo der Porzellanmanufaktur Allach: eine SS-Rune.
Das Logo der Porzellanmanufaktur Allach: eine SS-Rune.  © Matthias Balk/dpa

Münchner Kindl, 1400 Euro; Schäferhund liegend, farbig, 1500 Euro; Barock-Leuchter mit Jagdmotiven, fünfkerzig, 5800 Euro: Historisches Porzellan aus der Manufaktur München-Allach ist weltweit gefragt.

Der Internetshop von "Allacher Porzellan" bietet vieles - von "herzig" bis "politisch".

Nur Skrupel darf man nicht haben, wenn man sich "echt Allach" in die Vitrine stellt. Denn der Betrieb war so etwas wie der Hoflieferant der SS und ihres skrupellosen Chefs Heinrich Himmler.

Um zu sehen, was es mit der Marke Allach auf sich hat, muss man die Figuren, Vasen oder Leuchter umdrehen: Wo sich Meissen mit den berühmten blauen Schwertern zu erkennen gibt, Nymphenburg mit dem blau-weißen Bayernwappen und die Königlich Preußische Porzellanmanufaktur (KPM) mit einem Zepter, prangen bei Allach die SS-Runen.

Für diese Figuren aus Porzellan zahlen Sammler Höchstpreise.
Für diese Figuren aus Porzellan zahlen Sammler Höchstpreise.  © Matthias Balk/dpa

Der "Reichsführer SS" Himmler schenkte den Nazi-Nippes seinen Freunden und Kameraden vom Schwarzen Corps und gab ganze Sonderserien in Auftrag. Alles gefertigt mithilfe von Zwangsarbeitern des Konzentrationslagers Dachau.

Gefertigt wurden überwiegend Geschenke: für SS-Leute, Wehrmacht und Polizei sowie für ausländische Staats- und Stadtgäste. 1943 arbeiteten bis zu 100 KZ-Häftlinge in der Manufaktur, darunter zwei österreichische Spanienkämpfer als Porzellanbrenner.

Wie viele Stücke noch kursieren, ist nicht bekannt. Doch dem Archivar der KZ-Gedenkstätte Dachau, Albert Knoll, ist nicht wohl bei dem Gedanken, welch stattliche Preise manche Sammler für das SS-Porzellan zu zahlen bereit sind: "Wir kaufen selbst hin und wieder Stücke für unser Archiv, doch wir vermeiden es unter allen Umständen, die Preise noch weiter hochzutreiben."

Welche Motive die Sammler bewegen, darüber kann auch Knoll nur spekulieren. Ist es ein morbider Reiz, eine braune Gesinnung oder nur Geschäftssinn?

Besonders begehrt sind Figuren mit einschlägigem politischen Bezug. "Ich habe vor kurzem einen farbig gefassten SS-Reiter für 50.000 Euro verkauft", sagt Andreas Thiel, der in Dachau mit Allacher Porzellan handelt. Die Nachfrage sei groß, vor allem bei vermögenden Russen. "Die interessieren sich besonders für Bären und politische Motive."

Auch das Münchner Auktionshaus Hermann Historica hat keine Skrupel, SS-Porzellan in seinen opulenten Katalogen anzubieten. Selbst bei einem Dachauer Buchhändler und auf Ebay finden sich die NS-Devotionalien.

Wer mit Allacher Porzellan handele, müsse sich bewusst sein, sagt Knoll, "dass es im Zeichen einer menschenverachtenden Ideologie stand und dafür Menschen gelitten haben".

Möglicherweise wird man Allacher Porzellan bald auch im Münchner NS-Dokumentationszentrum begutachten können. "Wir haben auf jeden Fall vor, künftig Objekte auszustellen", sagt die neue Leiterin Mirjam Zadoff. Ob und in welchem Ausmaß NS-Nippes dabei sein werde, sei noch nicht entschieden.