Was decken die Sprachnachrichten im "Horror-Haus"-Prozess noch auf?

Wilfried W. (47) und Angelika W. (48) haben in Höxter-Bosseborn zwei Menschen zu Tode gefoltert.
Wilfried W. (47) und Angelika W. (48) haben in Höxter-Bosseborn zwei Menschen zu Tode gefoltert.  © DPA

Paderborn - Der "Horror-Haus"-Prozess geht in die nächste Runde. Am Dienstag werden erneut Sprachnachrichten gehört, um weitere Zusammenhänge zu verstehen.

Angelika W. (48) hat zu Beginn des Prozess eine umfassende Aussage gemacht, in der sie ihre Taten und Beteiligung erklärte. Ihre Ex-Mann Wilfried W. (47) hingegen hat sich bisher als zurückhaltend gezeigt.

Die Sprachnachrichten sollen nun weiter aufklären, welcher der Angeklagten federführend agiert hatte und welche grausamen Taten den Opfern angetan wurden.

Es sind keine Zeugen für die Verhandlung am Dienstag geplant. TAG24 berichtet wie immer im Live-Ticker.

11.20 Uhr: Der Prozess wird jetzt fortgesetzt. Der Vorsitzende Richter Emminghaus liest weiter vor aus Protokollen, denen Sprachnachrichten zwischen Angelika, Wilfried und zumeist Susanne zugrunde liegen.

Wilfried: "Ich liebe Dich ganz doll, Susanne. Reicht Dir das Trinken?"

Wilfried: "Sie macht nur Ärger. Die Alte krampft. Lass uns das Handy löschen."

Damit war der Verhandlungstag beendet.

11.05 Uhr: Zurzeit ist immer noch Pause. Eigentlich sollte die Verhandlung seit 15 Minuten wieder laufen.

10.16 Uhr: Angelika: "Wenn Du sterben willst, gib Bescheid. Es gibt viele Möglichkeiten, zu sterben. Ich kann im Internet schauen. Aber Du kannst doch nicht alle unschuldigen Leute mit reinziehen. Du bist hier nicht eingesperrt, Du kannst einkaufen gehen." Susanne: "Ja."

Angelika: "Überleg Dir das für Dich. Wenn Du alleine leben willst, musst Du entsprechend reagieren. Das nimmt hier doch irgendwann ein böses Ende. Doch darauf habe ich keinen Bock. Du kannst alles, hast heile Knochen, hast zwar ein paar blaue Flecken, haben Dir einen Verband angeboten, Creme angeboten. Doch Du stehst einfach nicht auf. Du musst Dich nicht wundern, dass Du vom vielen Liegen schon eine Druckstelle auf dem Rücken hast. Leg Dich auf den Bauch, oder auf die Seite. Aber das hast Du alles nicht nötig. Hat Wilfried Dich nicht eingeschmiert mit der weißen Heilsalbe? Leg Dich auf die Seite, stell Dich hin. Und wer macht es nicht?"

Susanne: "Ich mache es nicht."

10.10 Uhr: Auszüge vom 18. April 2016: Angelika: "Du hast Wilfried erzählt, Du kannst nicht laufen. Du kannst doch laufen, bist ein paar Schritte gegangen. Du sagst nur, Du kannst nicht laufen, weil Du in die Psychiatrie willst. Ich habe Dir doch Hilfe angeboten, wenn Du nicht hochkommst."

Susanne: "Hast Du ein trockenes Handtuch für mich, ich will duschen?" Angelika: "Wenn Du duscht, gucke ich nach einem Handtuch. Zieh Dich aus, oder willst Du mit Pullover duschen? Ich würde mich jetzt duschen, und dann warme Sachen anziehen."

20. April 2016 - zwei Tage vor Susannes Tod: Wilfried: "Susanne liegt schon seit zwei Tagen immer auf dem Boden. Willst Du, Angelika, nicht einen Krankenwagen rufen für Susanne." Wilfried: "Du würdest doch am liebsten jetzt durch meine Hand sterben, Susanne? Du wolltest doch sterben."

Susanne: "Ja, das habe ich gesagt. Irgendwann mal, wenn der liebe Gott mich haben will." Angelika: "Aber dazu bist Du zu feige. Sonst wärst Du schon längst unter der Erde. Jetzt müssen wir einen anderen suchen, den Du mit deiner Tour auf die Palme bringen kannst."

9.58 Uhr: Susanne: "Angelika hat mich körperlich angegangen. Ich habe überall Blutergüsse. Das macht Angelika immer, wenn Wilfried nicht da ist.

Angelika: "Was war in der Flasche auf dem Spültisch?" Susanne: "Spülmittel." Angelika: "Da war Urin drin, Susanne. Und das steht auf dem Spültisch? Vor acht Wochen haben wir Dich gebeten, nachts ruhig zu sein, nicht ständig auf Toilette zu rennen. Das hat nicht funktioniert. Dann muss ich Dich auf den kalten Flur legen. Nun mach hinne, sonst wird es gleich wieder dunkel. Musst nicht bis Ostern warten."

Angelika: "Du machst den ganzen Tag nur Mist. Du musst zugeben, dass es langsam nicht mehr mit Dir zum Aushalten ist. Wilfried hat noch nicht gegessen. Da kommst Du hier mit deiner sadistischen Veranlagung. Aber das lassen wir hier nicht durchgehen. Du bist jeden Tag volle Kanne auf das Leben von Wilfried am Trampeln."

9.50 Uhr: Aus März 2016: Angelika: "Mal willst Du weg, mal willst Du hier bleiben. Du kannst ins Frauenhaus gehen, Susanne. Du wolltest doch alles mit Wilfried zusammen machen. War wohl nichts. Er ist so gut zu Dir. Und ich muss mich jeden Tag stundenlang mit Dir unterhalten. Hätte ich mir doch damals die 20 Euro für die Bekanntschaftsanzeige sparen können, mit der wir Dich gefunden haben."

Wilfried: "Ich liebe Dich Susanne." Wilfried: "Schatzi, ich liebe Dich so stark. Haben wir alles im Auto, alles drinnen, Papiere? Schatzi, Du bist meine Liebste." Angelika: "Ich habe nichts gemacht." Susanne: "Du hast nichts gemacht." Wilfried: "Mein Schatzimaus, ich habe Dich so lieb. Ich bin traurig, wenn Du nicht mehr da bist."

9.43 Uhr: Es sind profane Unterhaltungen zwischen Wilfried, Angelika und Susanne F.. Warum die Unterhaltungen als Sprachnachricht aufgenommen wurden, ist unklar. Vielleicht sollte es dazu dienen, Wilfried später als Unschuldslamm darzustellen. Meistens geht es um die Schweigsamkeit von Susanne. Und immer wieder wird an Susanne die Frage gestellt: Haben wir Dich misshandelt? Und jedes Mal verneint dies Susanne.

Angelika W. gemeinsam mit ihrem Anwalt.
Angelika W. gemeinsam mit ihrem Anwalt.  © Jürgen Mahncke

9.40 Uhr: Protokoll aus dem Februar 2016: Angelika: "Drei Monate habe ich mich um Dich (gemeint ist Susanne) gekümmert. Dir Pampers geholt. Ist es draußen am schneien, sagst Du auch nichts drauf. Du sagst nie was. Was kann ich dafür, ich mache doch gar nichts." Susanne: "Ja, Du machst gar nichts". Wilfried: "Wenn Du wieder nach Hause zurückgehst, ist Andreas (ihr letzter Freund) wieder da."

Susanne: "Wenn ich nicht gehorche, darf mich Wilfried schlagen und mir auch einen Fuß in den Weg stellen. Ich will bei Wilfried bleiben, und dabei bleibe ich."

Angelika: "Was soll denn die ganze Quälerei hier? Ist das für Dich schön, oder für Wilfried? Ich das ein harmonisches Zusammenleben."

Wilfried: "Ich habe nie etwas gemacht. Habe ich Dir was getan, Susanne? Habe ich Dich geschlagen? Habe ich Dich misshandelt, habe ich Dich vergewaltigt?" Susanne: "Du hast überhaupt nie etwas getan."

Die beiden Angeklagten sitzen im Gericht.
Die beiden Angeklagten sitzen im Gericht.  © Jürgen Mahncke

9.30 Uhr: Heute sollen weitere Protokolle von Sprachnachrichten des Handys von Wilfried W. verlesen werden. Zuerst geht es um einen Chat vom 21. April 2016. Es sind die letzten Lebenstage von Susanne F.. Als sie von Wilfried W. und Angelika W. nach Hause gefahren wurde, gab es eine Autopanne. Ein Notarztwagen brachte sie in eine Klinik in Northeim, wo sie verstarb.

Die Sprachnachrichten sind immer wieder kurze Unterhaltungen zwischen Wilfried und Angelika.

Wilfried: "Krampft sie (Susanne) wieder?" Angelika: "Wir sollten sie nach Hause fahren". Wilfried: "Wie geht es Susanne und Dir?" Wilfried: "Ich bin noch unterwegs, hier stand doch wieder der Kamerawagen, ich war aber nicht zu schnell. Fahr Lippe gleich raus, gleich kommt Höxter. Elf Grad haben wir noch. Oh, wir haben Vollmond. Was machen wir mit Susanne? Willst Du sie heute Abend wegbringen?"

9.25 Uhr: Richter Bernd Emminghaus hat die Verhandlung eröffnet. Der Vorsitzende Richter gibt bekannt, dass in der nächsten Verhandlung am 14. November der Gutachter von Wilfried W. zu Wort kommen soll. Dann soll er sein psychiatrisches Gutachten zu Wilfried W. vorstellen.

Titelfoto: DPA