Jules Kalmbacher haucht der Musik von Cro, Mark Forster und Co. Leben ein

Erbach/Mannheim - Jules Kalmbacher ist 28 Jahre alt, kommt aus Erbach im Odenwald und ist einer der angesagtesten Musikproduzenten Deutschlands. Außerhalb der Branche kennt ihn kaum jemand. Und das, obwohl er den Songs von Xavier Naidoo, Mark Forster oder Cro seinen Stempel aufdrückt und sogar Kinofilme musikalisch untermalt. TAG24 hat sich mit Kalmbacher unterhalten und stellt den charismatischen Musiker vor.

Mann der Tat: Jules Kalmbacher packt lieber an als zu protzen.
Mann der Tat: Jules Kalmbacher packt lieber an als zu protzen.  © Maximilian Heinsch

Im Refrain einer Single des deutschen Pop-Aufsteigers Mark Forster heißt es: "Auch wenn's grad nicht so läuft, wie gewohnt. Egal, es wird gut, sowieso."

Lyrics, die wie maßgeschneidert auf die Erfahrungen von Julius Kalmbacher auf seinem Weg zu einem der erfolgreichsten Musikproduzenten der Republik zutreffen. Tausende Hörer lauschen täglich über Spotify, Radio und Co. seinen Kreationen - größtenteils unwissend, dass Kalmbacher hinter den Ohrwürmern steckt . Auch bei Forsters Radio-Hit "Sowieso" hatte er, natürlich, seine Finger im Spiel.

Dass es überhaupt so weit kommen konnte, hat der gebürtige Odenwälder verschiedenen Komponenten zu verdanken: Talent, Fleiß, Lockerheit, familiärer Rückhalt, namhafte Förderer - und auch der Zufall meinte es gut mit ihm.

"Ich war einfach immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort", zeigt sich Kalmbacher im Gespräch mit TAG24 dankbar für das bislang Erlebte.

Doch von Beginn an: Schon als Knirps klimperte der kleine Jules auf Instrumenten herum. Während der Schulzeit gründete er gemeinsam mit Kumpels Bands, trat abends in Kneipen lediglich vor einer Handvoll Zuschauern auf. Dennoch lebte sein Traum vom Profimusiker weiter. Auch, weil sich seine Familie von Beginn an als stabiles Rückgrat darstellte.

"Ich kenne Eltern von Kollegen, die haben die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen, als der Sohn gesagt hat: 'Ich will von der Musik leben'". Seine Eltern hingegen versprachen ihm lebenslang "eine warme Mahlzeit", "Mama und Papa besuchten fast jedes noch so kleine Konzert von mir."

ALS PRAKTIKANT PLÖTZLICH NUMMER-EINS-PRODUZENT

Zweites Zuhause: Im Tonstudio fühlt sich Kalmbacher pudelwohl.
Zweites Zuhause: Im Tonstudio fühlt sich Kalmbacher pudelwohl.  © Maximilian Heinsch

Seine erste Bewerbung an der Pop-Akademie in Mannheim nach dem Abitur wurde prompt abgeschmettert: "Ich war total am Boden zerstört." Ein herber Rückschlag, doch Kalmbacher ließ sich nicht unterkriegen und sammelte als Roadie und Konzert-Booker Erfahrungen.

Im zweiten Anlauf nahm ihn die renommierte Musik-Hochschule auf. Zu Beginn des Studiums absolvierte der damals 21-jährige Kalmbacher ein Praktikum im Tonstudio von Xavier Naidoo und Michael Herberger in Mannheim - in dem er auch heute noch arbeitet.

Schnell realisierte Kalmbacher, dass dieser Schritt eine große Chance mit sich brachte: "Wenn ich fleißig bin und stetig lerne, kann ich vielleicht mit 35 mal einen Pop-Hit mitschreiben", dachte er damals. Weit gefehlt.

Da seine Freundin (heute Ehefrau) zu dieser Zeit im Ausland studierte, nistete sich der Branchen-Frischling im Tonstudio ein. "Ich habe hier (Anm. d. Red. Tonstudio Mannheim) in der Gästewohnung gelebt wie ein kleiner Maulwurf", erinnert sich Kalmbacher mit einem Schmunzeln.

Die Hartnäckigkeit zahlte sich aus. Naidoo höchstpersönlich stellte das Können seines Praktikanten auf den Prüfstand. Kalmbacher überzeugte die Soul- und R&B-Ikone im Schnellverfahren: "Eine Zeit lang haben wir uns eingeschlossen und Musik zusammen gemacht, bis er eines Tages zu mir kam und meinte: 'Das wird mein neues Album.'"

"Bei meiner Seele" stürmte in Windeseile auf Platz eins der deutschen Album-Charts. Und Kalmbacher steuerte plötzlich auf die Überholspur: "Auf einmal war alles anders. Das ist die Magie der Musik-Branche."

STARS GEBEN SICH DIE KLINKE IN DIE HAND

Komponiert, inspiriert, musiziert: Der 28-Jährige ist ein echtes Multi-Talent.
Komponiert, inspiriert, musiziert: Der 28-Jährige ist ein echtes Multi-Talent.  © Maximilian Heinsch

Mitte Dezember 2018, rund sieben Jahre später, ist Kalmbacher fast schon ein alter Hase im Geschäft. "Die nächsten zwei Tage habe ich noch Wincent Weiss (Anm. d. Red.: Pop-Newcomer) hier im Studio, dann ist erstmal Urlaub angesagt", verkündet er routiniert.

Längst ist es für ihn keine Besonderheit mehr, großen Namen zu begegnen: Joris, Cro, Xavier Naidoo, Mark Forster und sogar die US-Rock-Band Imagine Dragons bauen auf die Dienste des gefragten Odenwälders.

"Mit den Künstlern setze ich mich zusammen und schreibe Songs - Melodien, Text, Akkorde", beschreibt Kalmbacher seinen vielseitigen und kreativen Alltag: "Ich versuche dabei teilweise auch auf die Gefühlswelt der Interpreten einzugehen - was beschäftigt den Musiker gerade?" Danach geht es an die Produktion.

Doch damit nicht genug. "Etwa ein Viertel meiner Zeit schreibe ich Filmmusik. Ein Regisseur übergibt mir den Film ganz nackt, ohne Musik. Im Ideenaustausch mit den Verantwortlichen bekommt jeder Film dann seine ganz eigene Note". So auch das Drama "Harms" von Heiner Lauterbach oder die Filmkomödie "Vaterfreude". Hier federführend: Matthias Schweighöfer.

Dass ihn kaum jemand mit all diesen Produktionen in Verbindung bringt, stört Kalmbacher nicht: "Ich kann sehr gut damit leben, in der zweiten Reihe zu stehen." Dennoch hat sich der 28-Jährige in diesem Jahr erstmals ins Rampenlicht gewagt: Er ist Host des Youtube-Formats "Hookline", bei dem Lieder unterschiedlicher Genres gekreuzt werden. Am Ende jeder Folge entsteht ein taufrischer Song. Kalmbacher moderiert, komponiert und mimt gelassen den "Erklärbären".

Der Wahl-Mannheimer hat sichtlich Spaß an den Aufzeichnungen: "Das ist der nächste Schritt. Am Anfang hatte ich aber großen Respekt davor, dass es eine Art Shitstorm geben könnte. Das geht ja dann ungefiltert auf die Brust".

Über mögliche Rückschläge sollte sich Kalmbacher allerdings nicht zu viele Gedanken machen. Denn am Ende, da wird alles gut. Sowieso.