So streng geht's zu im Luxusknast für jugendliche Kriminelle

Leipzig - Ein Haus am See statt Knast mit Gitterstäben: Am Hainer See bei Neukieritzsch haben jugendliche Kriminelle die Möglichkeit, ihre Haft im Vollzug in offenen Formen abzusitzen. Im Seehaus bietet sich jungen Männern die Gelegenheit, zurück ins Leben zu finden. Haft im Freien mit Blick auf den See - klingt erst einmal verlockend. Doch wer die Vorzüge genießen möchte, hat sich an einige Auflagen zu halten. Ein Drittel der Insassen scheitert an den strengen Regeln.

Knast mit Aussicht: Am Hainer See bei Neukieritzsch wohnen junge Kriminelle.
Knast mit Aussicht: Am Hainer See bei Neukieritzsch wohnen junge Kriminelle.  © Norbert Neumann

Das Seehaus ist idyllisch am Hainer See bei Neukieritzsch gelegen, sozusagen in erster Strandreihe. Ein luxuriöser Jugendknast ist das allerdings nicht. Im offenen Strafvollzug bekommen junge Straftäter zwischen 16 und 23 Jahren eine zweite Chance, den Weg zurück ins Leben zu finden. Während ihrer Haft leben sie in Wohngemeinschaften in Familien. Dort müssen sie sich durch einen anstrengenden, durchstrukturierten Schul- und Arbeitsalltag bewähren.

Im Seehaus wird das "Prinzip Familie" gelebt. Hausvater Franz Steinert (34) wohnt mit seiner Ehefrau und den drei Kindern in einer WG mit sieben Insassen. "Die Jungs lernen hier, einander wertzuschätzen", erzählt Franz Steinert.

Der Seehaus e.V. arbeitet eng mit der Jugendstrafvollzugsanstalt (JSA) Regis-Breitingen zusammen. Potenzielle Kandidaten sucht das Anstaltspersonal aus. Wer seine Haft im Seehaus absitzen möchte, muss mindestens neun Monate Reststrafe haben. "Wer ins Seehaus möchte, durchläuft vorerst ein Bewerbungsverfahren", sagt Steinert.

Wer hier durchkommen will, muss hart arbeiten.
Wer hier durchkommen will, muss hart arbeiten.  © Norbert Neumann

Ausgenommen seien Sexualstraftäter. Nicht jeder ist für das Seehaus geeignet. Und nicht jeder, der es bis ins Seehaus geschafft hat, hält bis zum Ende durch. "Ein Drittel aller Insassen bricht den Aufenthalt ab - teils freiwillig, oder weil sie gegen die Hausregeln verstoßen haben", erzählt Steinert.

Der Neubau am Hainer See ist das zweite Domizil des Seehaus e.V. Das 2011 bezogene Übergangshaus am Störmthaler See war zu klein, eine zweite Bleibe wurde in Borna gesucht. Doch dort stieß der Verein auf massiven Protest.

"Es bildeten sich Bürgerinitiativen gegen die Einrichtung, die Angst und Vorbehalte der Bevölkerung waren zu groß." Der Stadtrat Borna votierte schließlich gegen einen offenen Vollzug in der Stadt.

"Das Modell ist kein Allheilmittel", sagt Justizminister Sebastian Gemkow (39, CDU). "Aber es gibt Verurteilte, denen wir mit dem Vollzug in freien Formen eine wirklich gute, realistische, durchaus auch fordernde Chance auf gesellschaftliche Integration und ein zukünftig straffreies Leben geben."

Insgesamt ist Platz für 14 junge Männer im Seehaus, die WGs werden nach und nach aufgefüllt. Der Freistaat hat im aktuellen Doppelhaushalt für 2017 und 2018 jährlich eine Million Euro für den Betrieb der Einrichtung bereitgestellt.

Sie wohnen Tür an Tür mit den Häftlingen: Franz Steinert (34) mit Ehefrau Stefanie (33) und der einjährigen Tochter.
Sie wohnen Tür an Tür mit den Häftlingen: Franz Steinert (34) mit Ehefrau Stefanie (33) und der einjährigen Tochter.  © Norbert Neumann
Immer noch besser als eine Zelle: So wohnen die jungen Männer im Seehaus.
Immer noch besser als eine Zelle: So wohnen die jungen Männer im Seehaus.  © Norbert Neumann
Sachsens Justizminister Sebastian Gemkow (39, CDU)
Sachsens Justizminister Sebastian Gemkow (39, CDU)  © dpa/Oliver Killig