Schockierender Betrugsskandal bei Leipziger Volksbank

Die Leipziger Volksbank-Zentrale. Hier führte ein Mitarbeiter bis zu seiner Entlassung im März 2016 eine illegale "Parallel-Bank".
Die Leipziger Volksbank-Zentrale. Hier führte ein Mitarbeiter bis zu seiner Entlassung im März 2016 eine illegale "Parallel-Bank".  © Alexander Bischoff

Leipzig - Der Betrugsskandal bei der Volksbank Leipzig ist größer als bisher bekannt. Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ergaben, dass ein inzwischen gefeuerter Mitarbeiter innerhalb des Geldhauses eine Art Parallel-Bank führte und Hunderttausende Euro an Kundengeldern illegal transferierte. Gestern begann am Landgericht der erste Schadenersatz-Prozess gegen die Bank.

Seit über einem Jahr ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Denis L. (32) und ein Ende ist noch nicht in Sicht. Immer neue, schockierende Details kommen ans Licht.

Wie die Morgenpost aus Ermittlerkreisen erfuhr, soll der ehemalige Geschäftskundenbetreuer nicht nur Gelder von den Konten seiner Kunden abgezapft (TAG24 berichtete), sondern damit aufs heftigste spekuliert haben. So finanzierte L. eine Kletterhalle, ein Vegan-Restaurant und ein Fitness-Studio.

Die Betreiber dachten, die Finanzierung würde über die Volksbank laufen. Wie Dokumente jetzt aufdecken, finanzierte L. all die Engagements privat - mutmaßlich mit dem unterschlagenen Geld anderer Kunden. Auch fiktive Wertpapiergeschäfte, mit denen L. unter anderem einen Fuhrunternehmer um mehr als eine halbe Million Euro erleichterte, deckten die Kriminalisten auf.

Den Ermittlungen zufolge liefen alle Deals über ein Konto, das Volksbanker L. auf den Namen seines Vaters eröffnet hatte. Fast zwei Jahre lang wurden über dieses Konto Hunderttausende Euro transferiert - ohne jegliche Geldwäsche-Kontrolle. Selbst erfahrene Ermittler sind erstaunt, welche Kontrolllosigkeit in der Volksbank unter Vorstandschef Christoph Kothe herrschte.

Hatte Kothe seinen Sprecher im August 2016 noch öffentliche erklären lassen, dass betrogenen Kunden das Geld zurückerstattet werde, erweist sich das jetzt nur als Teilwahrheit. Während der Fuhrunternehmer laut Aktenlage entschädigt wurde, schauen „kleinere“ Kunden offenbar in die Röhre.

Wie Tankstellen-Pächter André Engelhardt (60), der die Bank nun auf Schadenersatz verklagt. „Herr L. bekam von mir 30.000 Euro, um ein Volksbank-Darlehen abzulösen - doch das Geld hat er einfach auf das Konto seines Vaters gebucht und der Kredit läuft weiter“, berichtet Engelhardt.

Vor Gericht stellt die Volksbank die Unterschlagung als „privates Anlagegeschäft“ ihres ehemaligen Mitarbeiters dar, für das sie jegliche Verantwortung ablehnt. „Mir scheint es, dass die Bank nur ihre Großkunden schadlos stellt, während private Kunden auf ihrem Schaden sitzen bleiben“, glaubt Engelhardts Anwalt Curt-Matthias Engel, der von ähnlich gelagerten Fällen weiß. Weil der Volksbank-Vorstand seinen betrügerischen Mitarbeiter so lange gewähren ließ, will Anwalt Engel nun gegen die Bank-Chefs Strafanzeige stellen.

Der Prozess wird fortgesetzt.

Der gefeuerte Volksbank-Geschäftskundenbetreuer Denis L. (32) - seit über einem Jahr wird gegen ihn wegen Betruges ermittelt.
Der gefeuerte Volksbank-Geschäftskundenbetreuer Denis L. (32) - seit über einem Jahr wird gegen ihn wegen Betruges ermittelt.
Um 30.000 Euro betrogen: Tankstellenpächter André Engelhardt (60) steht vorm Leipziger Landgericht. Er verklagt die Volksbank auf Schadensersatz.
Um 30.000 Euro betrogen: Tankstellenpächter André Engelhardt (60) steht vorm Leipziger Landgericht. Er verklagt die Volksbank auf Schadensersatz.  © Alexander Bischoff