Krebs bei Pferden! Hier wird einem Wallach das Leben gerettet

Linsengericht - Nach der Behandlung, die ihm das Leben retten soll, ist Rasputin noch etwas benommen. Mit nachlassender Narkose kommt der 28 Jahre alte Wallach wieder auf die Beine. Etwas staksig. Aber er steht und schüttelt sich.

Hier wird Wallach Rasputin gerade auf die bevorstehende Strahlenbehandlung vorbereitet.
Hier wird Wallach Rasputin gerade auf die bevorstehende Strahlenbehandlung vorbereitet.  © dpa/Frank Rumpenhorst

Tierärztin Janine Brunner (32) schaut zufrieden in die gepolsterte Aufwach-Box und sagt: "Er hat's gut überstanden. Ich bin überzeugt, wir konnten ihm helfen." Rasputin leidet unter einem Krebstumor am Schlauch (Penis). "Eine Strahlentherapie war die einzige Möglichkeit für ihn", erklärt Pferdebesitzerin Stefanie Lobbe (31) aus Drolshagen.

Die Bürokauffrau aus Nordrhein-Westfalen hat ihr geliebtes Freizeit-Pferd dafür ins hessische Linsengericht (Main-Kinzig-Kreis) gebracht.

Dort ist seit wenigen Monaten ein neues Onkologische Zentrum für Veterinärmedizin geöffnet. Es ist nach Betreiber-Angaben eine deutschlandweit einmalige Strahlenklinik für krebskranke Pferde. "Etwas Vergleichbares gibt es erst wieder in England und den USA", sagt Inhaber Tim Kowalewski (50), studierter Ingenieur und Inhaber der Equinox Healthcare GmbH. Die Pferdeklinik der Universität Gießen bestätigte das Alleinstellungsmerkmal.

Kowalewski hat früher Bestrahlungsgeräte verkauft und die "Marktlücke" erkannt - angesichts von 1,2 Millionen Pferden allein in Deutschland und einer "steigenden Krebsrate". Mit der Unterstützung von Investoren hat er für sieben Millionen Euro die Klinik nahe der Autobahn 66 östlich von Frankfurt bauen lassen.

Auf die Idee kam Kowalewski, als er nach einer Strahlentherapie für das krebskranke Pferd seiner Frau suchte - "aber es gab auf dem europäischen Festland nichts", was dem Tier wirklich helfen konnte. Nun behandelt Kowalewskis Team Tiere fast aller Größen: "Vom zwei Kilogramm leichten Kaninchen bis zum 950 Kilogramm schweren Kaltblut-Pferd können wir alles punktgenau und schonend bestrahlen."

Kurz nach der Betäubung sackt das Pferd in sich zusammen.
Kurz nach der Betäubung sackt das Pferd in sich zusammen.  © dpa/Frank Rumpenhorst

Doch nicht alle Veterinärmediziner sind so euphorisch. Der Münchner Tierarzt Ulrich Wendlberger etwa hält die Methode mit Vollnarkose und Linearbeschleuniger für überdimensioniert.

Behandlungen in Linsengericht haben überdies ihren Preis. Bei Kleintieren wie Hunden und Katzen betragen die Kosten je nach Aufwand zwischen 600 und 2000 Euro; bei Pferden kostet das Komplettpaket mit mehrtägiger Unterbringung zwischen 1500 und 4000 Euro.

Rasputin bekommt in seinem Behandlungszyklus sechs Bestrahlungen. Um den Norweger für die Radiotherapie vorzubereiten sind mehr als ein halbes Dutzend Helfer(innen) nötig. In seiner Box wird Rasputin zunächst mit einer Spritze sediert. Leicht benebelt wird er in die Behandlungshalle mit ihren meterdicken Betonwänden geführt. Nachdem er dort die Narkose bekommen hat, hält es ihn nicht mehr auf den Beinen.

Seine Vorder- und Hinterläufe werden zusammengebunden. Mit einem Lastenkran unter der Decke wird er auf den OP-Tisch transportiert - knapp 500 Kilogramm Pferd schweben durch die Halle. Die Therapie für krebskranke Tiere hat für Brunner auch Grenzen. "Es darf nicht nach der Devise gehen: Es wird behandelt, was der Geldbeutel hergibt. Es muss ethisch verantwortbar sein." Bei einer Katze mit Lungen-Metastasen und einem krebskranken Hund habe sie geraten, die Tiere besser einschläfern zu lassen.

Stefanie Lobbe, Besitzer von Rasputin, wird in etwa acht bis zehn Wochen wissen, wie die Strahlentherapie mit dem Linearbeschleuniger für ihr Pferd gewirkt hat. Dann habe sie aussagekräftige Ergebnisse.