Gynäkologin erkennt Brustkrebs nicht: Patientin stirbt an bösartigem Tumor

Bei der ersten Mammographie wurde kein bösartiger Tumor entdeckt. (Symbolbild)
Bei der ersten Mammographie wurde kein bösartiger Tumor entdeckt. (Symbolbild)  © DPA

Lübbecke - Olga B. wurde nur 46 Jahre alt: Ihre Gynäkologin aus Lübbecke erkannte nicht, dass sie an einem bösartigen Tumor in der rechten Brust litt.

Als die Patientin 41 Jahre alt war, ging sie im März 2009 mit Schmerzen in der Brust in die Praxis der Gynäkologin.

Beim Abtasten erkannte sie mehrere Knötchen und eine Verhärtung. Letztere stellte sich beim Ultraschall als "Tumor mit nicht eindeutigen Bösartigkeitskriterien" heraus, wie das Westfalen-Blatt berichtet.

Die Ärztin veranlasste die Mammographie. Beim Röntgen der Brust erkannte der zuständige Arzt, an den Olga B. überwiesen wurde, keinen bösartigen Tumor. Eine Kontrolle "in gut zwölf Monaten" solle ausreichen, hieß es damals.

Doch auch zwei Monate später ließen die Schmerzen bei der Patientin nicht nach. Sie wandte sich an einen anderen Frauenarzt. Obwohl auch er zunächst von einer Entzündung ausging, stellte er kurze Zeit später die Diagnose Brustkrebs.

Bei einer weiteren Mammographie fand er einen sechs mal drei Zentimeter großen Tumor. Eine Gewebeentnahme bewies: "Es war ein sehr schnell wachsender, sehr bösartiger Krebs", so Erika Leimkühler, Fachanwältin für Medizin- und Versicherungsrecht aus Herford.

Olga B. beauftragte die Rechtsanwältin, Klage gegen die Gynäkologin einzureichen. Die Patientin erlebte das jetzt gefallene Urteil nicht mehr: "Sie starb 2013 mit 46 Jahren an Krebs, und ihr Mann folgte ihr im Jahr darauf. Ich habe die Klage dann für die beiden erwachsenen Kinder weitergeführt."

Beim Abtasten erkannte die Gynäkologin zwar Knötchen und eine Verhärtung, am Ende suchte sie aufgrund der Röntgenaufnahmen allerdings nicht weiter nach der Ursache. (Symbolbild)
Beim Abtasten erkannte die Gynäkologin zwar Knötchen und eine Verhärtung, am Ende suchte sie aufgrund der Röntgenaufnahmen allerdings nicht weiter nach der Ursache. (Symbolbild)  © 123RF

Das Landgericht Bielefeld entschied, dass die Frauenärztin ihre Patientin nicht fachgerecht behandelt habe und für die "verkürzte Lebenserwartung und die Amputation der rechten Brust" verantwortlich sei.

Die Argumentation der Gynäkologin beruhte darauf, dass der Radiologe keinen Tumor erkannt und sie sich darauf verlassen habe. Die Richter folgten ihrer Verteidigung nicht.

Ein Gutachter der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), der vom Gericht beauftragt wurde, erklärte, dass es von der Dichte der Brust abhänge, ob eine Mammographie aussagekräftig ist.

Während ältere Frauen aufgrund des überwiegenden Fettgewebes die Röntgenstrahlen gut durchlassen, sieht das bei jüngeren Frauen anders aus. Bei ihnen überwiegt das Drüsengewebe.

Olga B. zählte mit ihren 41 Jahren zu den jüngeren Frauen. Die Aussagekraft der Mammographie sei daher eingeschränkt gewesen. Die Frauenärztin hätte ihre Patientin weiter untersuchen müssen, um die Ursache zu finden.

"Man muss eben so lange untersuchen, bis feststeht, ob ein Tumor gut- oder bösartig ist." Hätte die Ärztin eine Gewebeentnahme veranlasst, hätte man den bösartigen Tumor "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" früher entdeckt.

Chemotherapie und Bestrahlung hätten so eher beginnen können. Da das nicht geschah, verachtfachte sich der Tumor innerhalb von zwei Monaten.

Der Radiologe wurde übrigens vom Gutachten entlastet. Er hätte aufgrund der Dichte der Brust keine kleinen Tumore entdecken können. Als Dienstleister der Gynäkologin sei sie für eine weitere Klärung verantwortlich gewesen.

Die Ärztin wurde zu einem Schmerzensgeld von 30.000 Euro verurteilt.

Titelfoto: 123RF