Mit 30 Tonnen durchs Gelände: Sachse fährt jetzt Panzer

Jörn Bindig (45) oben und sein "Fahrschüler" Uwe Blümel von TAG24.
Jörn Bindig (45) oben und sein "Fahrschüler" Uwe Blümel von TAG24.  © Eric Münch

Heidenau - Der Panzer-Parcours liegt auf einem Firmengelände in Heidenau - zwischen Dresden und Pirna, 12.500 Quadratmeter groß, genau an der Mündung der Müglitz in die Elbe. Seit genau 20 Jahren bietet Gerüstbau-Unternehmer Jörn Bindig (45) hier Panzer-Fahrschullehrgänge an.

Im Jubiläumsjahr spiele ich, der TAG24-Reporter, den Panzerfahrschüler. Mein Übungsgerät: ein sowjetischer Schützenpanzerwagen BMP-1, 300 PS stark mit 13,3 Tonnen Gefechtsmasse.

Vor dem Start gibt‘s eine der typischen Panzerfahrer-Hauben gespickt mit Kopfhörern und Kehlkopfmikrofon aufgesetzt. Dann klettere ich durch die Einstiegsluke auf den Fahrersitz.

Der Schüler sitzt vorn. Bindig steht direkt dahinter auf dem Kommandantenplatz. Getrennt durch eine Luke kann er seine Schützlinge nur über den Bordfunk instruieren.

Er hat keine Notbremse, kann bei Gefahr auch nicht einfach ins Lenkrad fassen.

Kupplung, Bremse, Gas und Lenkrad: Die identische Anordnung der Bedienelemente wie in einem Pkw macht’s Panzer-Fahranfängern leicht. Nur eng ist es.
Kupplung, Bremse, Gas und Lenkrad: Die identische Anordnung der Bedienelemente wie in einem Pkw macht’s Panzer-Fahranfängern leicht. Nur eng ist es.  © Eric Münch

Beim Lärm des jetzt angelassenen Motors wirken Bindigs Anweisungen über die Haube wie Funkbefehle aus einem Flughafen-Tower: "Handbremse lösen. Zweiten Gang einlegen, Kupplung kommen lassen - Gas!“ Und rums, die 300 Pferdestärken der Panzer kommen spritzig wie ein Sportwagen in Gang. Aber auch genauso schnell wieder zum Stehen!

Erste Überraschung: Das Kettenfahrzeug hat keinen Bremsweg! Schon bei leichter Berührung des Bremspedals bleibt das Ungetüm sofort und an Ort und Stelle stehen.

Dabei versinkt die Spitze fast im Morast. Das Heck bäumt sich auf. Ungewohnt, wie sensibel ausgerechnet so ein Tonnenkoloss pariert. Na gut, dafür schluckt er im Gelände auf 100 Kilometer auch 115 Liter Sprit.

Der BMP-1 kann auch Pirouetten auf der Stelle drehen und einen aufgeweichten Steilhang hinaufklettern, als wäre es eine stabile Sprossenwand. Nur schießen kann er nicht mehr.

David zügelt Goliath: Die 300 PS unterm Hintern flößen zuerst gehörig Respekt ein. Doch dann gehorchen die 300 Pferdestärken plötzlich brav auf die kleinsten Lenkbewegungen.
David zügelt Goliath: Die 300 PS unterm Hintern flößen zuerst gehörig Respekt ein. Doch dann gehorchen die 300 Pferdestärken plötzlich brav auf die kleinsten Lenkbewegungen.  © Eric Münch

"Er ist laut Kriegswaffenkontrollgesetz entmilitarisiert“, versichert Bindig.

Die Kanone hat einen Riss - künstlich eingeschliffen. Die Lager sind verschweißt. Fingerdicker Stahl wurde durch verwundbare Blechplatten ersetzt. "Damit niemand den Panzer als fahrenden Bunker missbrauchen und nicht mehr gestoppt werden kann“, erklärt Bindig.

Meine Fahrt geht weiter, immer im zweiten von vier Gängen, immer steil bergauf und halsbrecherisch tief hinab durch Bindigs künstliche Prärie. Die Spitzengeschwindigkeit von 50 km/h will ich nicht ausreizen, bleibe mit den Ketten lieber erst mal spurtreu in den eingeschliffenen Furchen meiner Fahrvorgänger.

Bindigs Panzer raucht aber nicht nur für adrenalingeladene Spaßfahrten durchs Gelände. Bei der Flut 2002 wurde er von der örtlichen Feuerwehr angefordert, um ein versunkenes Fahrzeug aus dem Schlamm zu schleppen. Ansonsten sind seine Panzer Stars auf Messen oder rollen in Historienfilmen durchs Bild.

Erst beim Aussteigen am Ende der Schnuppertour wird einem bewusst, dass man hier mit einem gezähmten Waffensystem unterwegs war. Immerhin ist das Nachfolgemodell dieses Panzers derzeit in Syrien im Kriegseinsatz. Bindig kennt das Gefühl: "Panzer fahren macht nur Spaß, wenn keiner drauf schießt.“

www.panzer-arena.de

"Kann Steigungen bis 35 Grad meistern“: „Fahrlehrer“ (links) und "Fahrschüler" (rechts) kommen nach der Unterrichtseinheit an der Heckfront des BMP-1 ins Gespräch.
"Kann Steigungen bis 35 Grad meistern“: „Fahrlehrer“ (links) und "Fahrschüler" (rechts) kommen nach der Unterrichtseinheit an der Heckfront des BMP-1 ins Gespräch.  © Eric Münch
Zwei eigene Mitarbeiter (hier einer davon:-) sorgen mit viel Improvisationsvermögen dafür, dass alle Panzer (wie hier der T34/85) fahrbereit bleiben.
Zwei eigene Mitarbeiter (hier einer davon:-) sorgen mit viel Improvisationsvermögen dafür, dass alle Panzer (wie hier der T34/85) fahrbereit bleiben.  © Eric Münch
Der Innenraum lässt sich hermetisch abriegeln: Im Kampfeinsatz schließt der Panzerfahrer die Luke, schaut durch solche Prismen ins Gelände.
Der Innenraum lässt sich hermetisch abriegeln: Im Kampfeinsatz schließt der Panzerfahrer die Luke, schaut durch solche Prismen ins Gelände.  © Eric Münch