In fünf herzlosen Zeilen! Pflegedienst feuert Opa Richard (101)

Fassungslos hält Senior Richard 
Vogel das Kündigungsschreiben in der Hand.
Fassungslos hält Senior Richard Vogel das Kündigungsschreiben in der Hand.  © Norbert Neumann

Dresden - Innerhalb weniger Jahre verlor er seine Frau (†96), erlitt einen Schlaganfall. Seitdem sitzt Richard Vogel (101) im Rollstuhl, ist auf tägliche Pflege angewiesen. Diese übernahmen die Johanniter, brachten dem Dresdner ein wenig Lebensfreude zurück. Bis sie ihm jetzt die Pflege ohne Vorwarnung zum Monatsende kündigten.

Als der Senior den Brief der Johanniter-Unfall-Hilfe öffnete, lief er kreidebleich an. Die fünf Zeilen sind für den früheren Schlosser das Schlimmste, seit seine Johanne nach 71 Ehejahren 2012 starb. Sein Pflegevertrag wird zum 1. Juli gekündigt, steht im Schreiben. Kein Grund wird genannt, nicht einmal ein Wort des Bedauerns. „Ich konnte es gar nicht fassen. Es macht mich so unglücklich“, bedauert der Greis. „Papa konnte zwei Tage kaum ein Wort sagen“, sagt Sohn Ralf (66).

Senior Vogel war so froh, als er die Johanniter vor einem Jahr gefunden hatte. Mit zwei Anbietern, die ihn zuvor versorgten, war er unzufrieden, ständig wechselten die Pfleger. Mit den Johannitern, die morgens und abends fürs Essen und zum Waschen kommen, passt alles: „Sie sind gut zu mir, machen sogar mein Bett, nehmen sich Zeit für Gespräche“, sagt der zweifache Uropa.

Mit diesen fünf herzlosen Zeilen wurde dem 101-Jährigen sein Vertrag gekündigt.
Mit diesen fünf herzlosen Zeilen wurde dem 101-Jährigen sein Vertrag gekündigt.  © Norbert Neumann

„Wir gingen im Großen Garten spazieren, fuhren bis nach Pulsnitz. Für mich sind die Pfleger Freunde. Ich denke, ihren Chefs geht’s ums Geld. Das zeigt, in welcher Zeit wir leben.“

Die Johanniter zur Kündigung: „Wir handelten aufgrund der Entwicklung unserer Sozialstation im Leubnitz Treff Dresden. Durch die starke Zunahme von Pflegebedürftigen und somit der eingehenden Anfragen in unseren Kerngebieten haben wir uns primär auf Kunden und Patienten in diesem Gebiet konzentriert“, sagt Sprecher Danilo Schulz (34). „Dies bietet uns die Möglichkeit, unser Personal mit optimalen Tourenplänen ausstatten zu können, um so schneller beim Kunden zu sein.“

Richard Vogels „Pech“: Er wohnt in der Johannstadt, die nicht mehr versorgt wird (siehe Kasten). Jetzt muss er sich schleunigst einen neuen Pflegedienst suchen. Der Senior: „Ich weiß nicht, wie es weitergehen soll.“

Hier lebt Senior Vogel und wurde bisher gut von den Johannitern betreut.
Hier lebt Senior Vogel und wurde bisher gut von den Johannitern betreut.  © Norbert Neumann

Sechs Kunden wurde gekündigt

Die Johanniter pflegen in Dresden insgesamt 94 Patienten. Vor einem halben Jahr wurde entschieden, keine neuen Pflegekunden außerhalb der Kerngebiete mehr anzunehmen.

Die Pfleger versorgen noch in den Stadtteilen Prohlis, Leuben, Leubnitz-Neuostra, Reick, Strehlen, Niedersedlitz, Zschertnitz, Groß- und Kleinzschachwitz.

Neben Richard Vogel wurde fünf weiteren Kunden, die außerhalb der Kerngebiete wohnen, gekündigt. Laut den Johannitern wurde jedem, der das Gespräch gewünscht hat, geholfen.