Fiese Käferplage raubt Lausitzern den letzten Nerv

Von Jan Berger

Birgit Junge wird wohl auch diese Pflanzen nicht mehr retten können.
Birgit Junge wird wohl auch diese Pflanzen nicht mehr retten können.

Reichenbach/OL - „Das große Krabbeln“ lockte einst Millionen in die Kinos. Jetzt hat es Birgit Junge (59) ganz privat im Vorgarten. Ihre Begeisterung darüber hält sich allerdings in Grenzen: Das Krabbeln und Brummen ist nämlich eine Kartoffelkäfer-Plage von nahezu biblischen Ausmaß.

Die erste Kundschafter-Vorhut erreichte das Haus der Junges im Ortsteil Schöps bereits vor zwei Wochen. Am Tag darauf plötzlich rückte die Armee der Grünzeugfresser zu Tausenden an. Birgit Junge: „Das ist eine richtige Invasion. Und täglich werden es mehr.“

Die Tomaten sind als solche kaum zu erkennen. Die Blätter sind weggeputzt, am Stängel sitzen dutzende Käfer. „Jetzt machen sie sich auch noch über die Lauchzwiebeln und Rosen her – alles, was Grün ist“, schüttelt die Verkäuferin den Kopf.

Zu Dutzenden erklimmen die Käfer die Hauswand bis zum Giebel, dann lassen sie sich wieder fallen. „Plopp“, „Klack“ hört man in unregelmäßigen Abständen.

Die Käfer fressen das Grünzeug ratzekahl weg, der benachbarte Kartoffelacker hat einen Totalverlust.
Die Käfer fressen das Grünzeug ratzekahl weg, der benachbarte Kartoffelacker hat einen Totalverlust.

Die Laufenten und Hühner auf dem Hof interessieren sich für die Kartoffelkäfer nicht die Bohne – sie haben in Europa keine Fressfeinde. Man kann kaum ein paar Schritte gehen, ohne dass es knirscht und knackt.

Die Invasion nahm ihren Ausgang auf dem Kartoffelacker des benachbarten Bio-Bauern. Die Chemiekeule kommt für ihn nicht infrage. Das oberirdische Kraut hat er entfernt, die Ernte ist trotzdem im Eimer.

„Kartoffelkäfer kommen in Sachsen nicht mehr so häufig vor“, sagt Ariane Weiß vom Sächsischen Qualitätskartoffelverband.

„Und eine regional begrenzte Plage gibt es nur noch ganz selten.“ Daher sei ein Befall auch nicht meldepflichtig. Laut Bauernverband ist die Anbaufläche für Kartoffeln ohnehin zu vernachlässigen – in Sachsen werden nur noch auf 6000 Hektar Erdäpfel aus dem Acker geholt.

Schädling kam aus den USA nach Deutschland

Birgit Junge (59).
Birgit Junge (59).

Ursprünglich lebte der „Zehnstreifen-Leichtfuß“ ausschließlich in Colorado und futterte den „Stachel-Nachtschatten“.

Erst als das Nachtschattengewächs Kartoffel die Welt eroberte, breitete er sich aus. In Torgau feierte er 1877 seine Deutschland-Premiere und wurde immer mehr zur Plage. Sogar ein Kartoffelkäfer-Abwehrdienst wurde 1935 gegründet, noch in den 50er-Jahren mussten Tausende Kinder auf die Äcker und die Krautfresser einsammeln.

Fotos: Holm Helis