Premiere in Deutschland: Hier macht das Finanzamt Eure Steuererklärung

Von Andrea Löbbecke

Wiesbaden/Kassel - Sie ist für viele eine lästige Pflicht: die jährliche Steuererklärung. Wie wäre es, wenn das Finanzamt den ungeliebten Papierkram erledigt? Hessen testet ein neues Verfahren.

In Hessen wird mit einem Pilotprojekt getestet, ob es problemlos möglich ist, dass das Finanzamt für die Bürger die Steuer macht. (Symbolfoto)
In Hessen wird mit einem Pilotprojekt getestet, ob es problemlos möglich ist, dass das Finanzamt für die Bürger die Steuer macht. (Symbolfoto)  © Martin Schutt/dpa

Für eine ausgewählte Gruppe hessischer Steuerpflichtiger gilt testweise: "Die Steuer macht das Amt." Mit dem Pilotprojekt in Kassel sollen die Bürgerinnen und Bürger entlastet und die Verwaltung effizienter werden, wie Hessens Finanzminister Alexander Lorz (59, CDU) in Wiesbaden erläuterte.

Ist der Testlauf für die Einkommenssteuer 2024 erfolgreich, dann wolle das Land das Programm ausweiten.


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Wie sieht das neue Verfahren konkret in der Praxis aus?

Das Finanzamt schickt den Steuerpflichtigen, deren Steuerdaten der Behörde mutmaßlich bereits vorliegen, einen Vorschlag für die Festsetzung der Einkommenssteuer.

Dadurch kann die Abgabe einer Steuererklärung überflüssig werden. Der Steuerverwaltung liegen aufgrund von gesetzlich verankerten Meldepflichten bereits zahlreiche Informationen vor - etwa über Lohn, Rente und Versicherungen.

Die Bürgerinnen und Bürger müssten den Vorschlag nur noch prüfen, erläuterte das Ministerium. "Sind sie einverstanden, müssen sie nichts weiter unternehmen." Das Finanzamt wird nach Ablauf einer Frist von vier Wochen einen Einkommensteuerbescheid ohne weiteres Zutun der Bürgerinnen und Bürger erlassen.

Pilotprojekt zur Steuererklärung findet im Landkreis Kassel statt

Hessens Finanzminister Alexander Lorz (59, CDU) hat das Pilotprojekt in die Wege geleitet.
Hessens Finanzminister Alexander Lorz (59, CDU) hat das Pilotprojekt in die Wege geleitet.  © Arne Dedert/dpa

Und wenn jemand nicht einverstanden ist?

Sofern den Bürgerinnen und Bürgern weitere Aufwendungen entstanden sind, können sie diese innerhalb der Frist geltend machen. Das sei unkompliziert über die Elster-Software möglich, eine gesonderte Steuererklärung müsse man dazu nicht anfertigen, erläuterte das Ministerium.

Natürlich können die Bürgerinnen und Bürger auch weiterhin eine selbst erstellte Steuererklärung abgeben. Sollte der Vorschlag nicht alle Einnahmen enthalten, dann muss dies geschehen.

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Welche Gruppe wurde für den Testlauf ausgewählt?

Die ersten Vorschläge gehen an rund 6000 Steuerpflichtige in der Stadt und im Landkreis Kassel, die nicht steuerlich beraten werden und die die Frist zur Abgabe der Einkommenssteuererklärung 2024 bereits versäumt haben.

Nach dem bisherigen Verfahren würde diesen Bürgerinnen und Bürgern nun ein Erinnerungsschreiben oder dann eine Mahnung ins Haus flattern, sagte Minister Lorz. "Alles keine schönen Sachen." Mit dem Vorschlag für die Steuererklärung stimme die Finanzverwaltung "eine neue Tonlage" an und schicke ein Angebot.

Titelfoto: Martin Schutt/dpa

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