Ärger über E-Scooter: So gehen Städte gegen das Abstellchaos vor

Nürnberg - Vor allem morgens an den Wochenenden stehen und liegen sie wieder herum: E-Scooter, die Feiernde nach der Fahrt achtlos in die nächste Hecke fallen oder einfach mitten auf dem Gehweg und vor Hauseingängen stehen lassen haben. Viele Städte haben dem Abstellchaos inzwischen den Kampf angesagt, andere arbeiten gerade an einer Lösung.

Nach der Fahrt werden E-Scooter oft rücksichtslos abgestlellt. Dagegen gehen Städte und Anbieter vor.
Nach der Fahrt werden E-Scooter oft rücksichtslos abgestlellt. Dagegen gehen Städte und Anbieter vor.  © Daniel Löb/dpa

Einige Beispiele:

Etwa 6000 Elektro-Tretroller von fünf Anbietern sind in Nürnberg unterwegs - und können nach der Fahrt irgendwo am Ziel abgestellt werden. Dem schiebt Bayerns zweitgrößte Stadt nun einen Riegel vor, indem sie etwa 290 Sammelparkplätze einrichtet, in der Innenstadt das Parken anderswo verbietet und die Zahl der E-Scooter begrenzt.

München hatte dem Mobilitätsreferat zufolge bereits vergangenes Frühjahr 43 Abstellflächen für E-Tretroller geschaffen.

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Die Stadt Augsburg arbeitet eigenen Angaben nach an einem ähnlichen Konzept.

Nürnberg geht noch einen Schritt weiter: Die Verleihfirmen benötigen laut Verkehrsplanungsamt künftig eine Sondernutzungserlaubnis. Darin müssen sich diese zum Beispiel verpflichten, falsch geparkte Fahrzeuge innerhalb von sechs Stunden zu entfernen. Außerdem müssen sie Gebühren zahlen - und finanzieren so die Sammelparkplätze.

Auch Städte wie Leipzig, Frankfurt und Münster setzen auf eine Sondernutzungserlaubnis. So müssten in Münster die Anbieter für jeden Roller eine Gebühr zahlen und erhielten ein Knöllchen für falsch abgestellte Fahrzeuge, erläutert Ordnungsamtsleiter Norbert Vechtel. "Wir haben seit dem Frühjahr 2022 eine dramatische Verbesserung der Situation."

Auch die Stadt Frankfurt spricht von deutlichen Erfolgen, will aber noch technisch nachbessern lassen: Denn zu viele Roller landeten wegen des ungenauen Ortungssystems nicht auf, sondern nur in der Nähe der Parkplätze.

E-Scooter in deutschen Städten: Rechtliche und technische Fragen

Eine Abstellfläche für E-Scooter in Frankfurt: Die Stadt setzt seit einem Jahr auf kostenpflichtige Sondernutzungserlaubnisse für die Verleiher der Scooter.
Eine Abstellfläche für E-Scooter in Frankfurt: Die Stadt setzt seit einem Jahr auf kostenpflichtige Sondernutzungserlaubnisse für die Verleiher der Scooter.  © Arne Dedert/dpa

Der Deutsche Städtetag sieht Bund und Länder mehr gefordert. "Wir brauchen klare Spielregeln", sagt Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy.

Dafür müssten alle Länder den Städten die Möglichkeit geben, für E-Scooter im öffentlichen Raum eine Sondernutzungsgenehmigung zu verlangen. Ohne das bestehe für die Städte immer das Risiko, dass die Anbieter die Sondernutzung vor Gericht anfechten.

Außerdem müsse der Bund die Straßenverkehrsordnung und die Verordnung für Elektrokleinstfahrzeuge anpassen.

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Die Verleihfirmen müssen nach Ansicht von Dedy die Fahrerinnen und Fahrer besser kontrollieren. "Den Abstellort ihrer Scooter können die Verleiher meist sehr genau ermitteln", sagt er. Mit technischen Mitteln könnten diese verhindern, dass ein Scooter dort abgestellt wird, wo es verboten ist.

Die Anbieter könnten sogar deren Geschwindigkeit in Parks und Fußgängerzonen automatisch drosseln - und so zur Verkehrssicherheit beitragen.

Zahlreiche Suff-Unfälle mit E-Scootern: Anbieter verlangen Alkohol-Reaktionstest

So abgestellte Scooter werden leicht zur Stolperfalle - nicht nur für Blinde und Sehbehinderte.
So abgestellte Scooter werden leicht zur Stolperfalle - nicht nur für Blinde und Sehbehinderte.  © Zacharie Scheurer/dpa

Unfälle:

Zu einer gefährlichen Stolperfalle können die E-Scooter vor allem für blinde und sehbehinderte Menschen werden. Seit deren Zulassung 2019 habe es zahlreiche Unfälle gegeben, kritisiert der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband.

Doch auch während der Fahrt sind diese unfallträchtig. Im vergangenen Jahr kam es nach Angaben des Bundesamtes für Statistik von Januar bis November zu fast 7800 Unfällen mit E-Scootern, bei denen Menschen verletzt wurden. Neun starben dabei sogar.

Im Vergleich: Im gesamten Jahr 2021 gab es rund 5500 Unfälle mit Personenschaden. Die meisten der Verunglückten waren demnach eher jünger, häufig hatten sie Alkohol getrunken und waren falsch auf Straßen und Gehwegen gefahren.

Die Vorschriften:

Einen E-Scooter darf fahren, wer mindestens 14 Jahre alt ist. Ein Führerschein ist nicht nötig, da die Höchstgeschwindigkeit maximal 20 Kilometer pro Stunde beträgt. Benutzt werden müssen dabei vorrangig
Radwege. Wo keine sind, muss die Fahrbahn genutzt werden. Der Gehweg ist verboten. Auf einem E-Scooter darf immer nur eine Person fahren. Beim Alkohol gelten dieselben Promillegrenzen wie beim Autofahren.

Die Verleihfirmen:

Auch die Verleihfirmen wollen das Unfallrisiko minimieren. Über die App erinnern sie zum Beispiel an geltende Regeln, heißt es auf der Plattform Shared Mobility, zu der sich drei größere Anbieter zusammengeschlossen haben. In vielen Städten müssen die Fahrerinnen und Fahrer ab dem späten Abend einen Alkohol-Reaktionstest bestehen, bevor sie einen E-Scooter leihen können - und nach der Fahrt mit einem Foto beweisen, dass der Roller ordentlich geparkt ist.

Außerdem haben die Anbieter eine zentrale Anlaufstelle für Beschwerden geschaffen.

Titelfoto: Daniel Löb/dpa

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