Rausschmisss droht! Camper-Aufstand gegen die Räumung

Baden erlaubt, campen verboten: Wegen seiner
idyllischen Lage ist der Brettmühlenteich ein
beliebtes Erholungszentrum 25 km nördlich
von Dresden.
Baden erlaubt, campen verboten: Wegen seiner idyllischen Lage ist der Brettmühlenteich ein beliebtes Erholungszentrum 25 km nördlich von Dresden.  © Eric Münch

Radeburg - Letzte Gnadenfrist oder endgültige Räumung? Über Ostern bangen die Camper am idyllischen Brettmühlenteich (bei Radeburg) um die Existenz ihrer Parzellen.

Strom und Wasser sind abgestellt. Zum 30. April sollen die 160 Pächter das Areal verlassen. Doch die Camper wollen sich nicht aus ihrem Paradies vertreiben lassen.

Es war jahrzehntelang ihre grüne Lunge nach dem Arbeitsalltag, das kleine Glück im Rentnerdasein. Jetzt haben 180 Dauercamper die Kündigung ihrer Pachtverträge erhalten.

Das endgültige Aus schwebte schon lange über der Anlage (50.000 qm). Die immer wieder geplante Abwicklung hat bislang drei Bürgermeister und zwei Gemeinden beschäftigt.

Zuletzt war eine Projektwerkstatt GmbH als Betreiber gescheitert.

Nach der Eingemeindung gehört das Naherholungszentrum inzwischen zur Gemeinde Thiendorf.

Die Dauercamper
sind eine
eingeschworene
Gemeinschaft,
die unermüdlich
für ihr kleines
Paradies im
Grünen kämpft.
Die Dauercamper sind eine eingeschworene Gemeinschaft, die unermüdlich für ihr kleines Paradies im Grünen kämpft.  © Eric Münch

Und deren Bürgermeister Dirk Mocker will endlich klare Verhältnisse schaffen und sich von dem Objekt trennen, das er sonst „für mindestens 200.000 Euro sanieren müsste“:

„Es gab Streit mit den Campern. Parzellen wurden illegal erweitert, Stromkästen aufgebrochen.“

Anfang Februar stimmten die Thiendorfer Stadträte mehrheitlich einer Räumung zu. Begründung: fehlende Brand-Sirenen, zu enge Brandschutzschneisen.

„Wer soll die Verantwortung übernehmen, wenn etwas passiert?“, fragt Dirk Mocker. Camperin Katrin Baumgart (49) ist über die Kündigung „verärgert, weil sich die Gemeinde jetzt aus der Verantwortung stiehlt.

Alle, die mit gültigen Genehmigungen gebaut und sich regelgerecht verhalten haben, werden jetzt ebenfalls abgestraft“.

Roland (76) und seine Frau Thea Helfert (74) haben ihre 97 Quadratmeter große
Parzelle 1965 bebaut. „Mit Genehmigung der Gemeinde“, sagt Roland, der seit
1962 Rettungsschwimmer am See war. Er sah hier seine Kinder, Enkel und Urenkel
aufwachsen.
Roland (76) und seine Frau Thea Helfert (74) haben ihre 97 Quadratmeter große Parzelle 1965 bebaut. „Mit Genehmigung der Gemeinde“, sagt Roland, der seit 1962 Rettungsschwimmer am See war. Er sah hier seine Kinder, Enkel und Urenkel aufwachsen.  © Eric Münch

Der Platz habe zudem jährlich fünfstellige Verluste eingefahren. Mocker:

„Die Gemeinde müsste diese künftig durch die Streichung von Zuschüssen an Vereine, Senioren oder schlimmstenfalls über die Erhöhung der Grundsteuer finanzieren. Den Thiendorfern, die den Campingplatz gar nicht nutzen, ist nicht vermittelbar, dass sie den Urlaub anderer subventionieren sollen.“

Camperin Annelies Habich (73) glaubt stattdessen, „dass man den Campingplatz sehr wohl kostendeckend betreiben kann.“

Der Camperverein hat dafür ein Konzept erarbeitet. „Wir haben der Gemeinde ein Kaufangebot in Höhe von 115.000 Euro eingereicht, aber noch keine Rückmeldung erhalten“, sagt der amtierende Vereinsvorsitzende Roland Helfert (76). Außer seinem soll es derzeit weitere fünf Konzepte geben.

Zu Wendezeiten standen 255 Wohnwagen auf dem Platz, zuletzt waren es noch 160. Einige haben inzwischen entnervt resigniert. „Über die Osterfeiertage bauen viele ab, doch schätzungsweise mehr als 80 wollen bleiben“, sagte Helfert gestern.

Die eisern Verbleibenden warten nun auf ein Osterwunder: Am 30. April soll der Platz geschlossen werden. Oder doch nicht?

Parzelle Nr. 139 ist wie eine kleine Festung - trotzig gespickt mit einer Piratenflagge.
Kerstin Schubert (49) und Udo Moch (55) sind seit 2007 hier.
Parzelle Nr. 139 ist wie eine kleine Festung - trotzig gespickt mit einer Piratenflagge. Kerstin Schubert (49) und Udo Moch (55) sind seit 2007 hier.  © Eric Münch
Seit 1965 sind Christa (73) und Bernd Machui (76) aus Dresden auf dem Platz:
„Wenn andere in den FDGB-Urlaub fuhren, waren wir hier.“ Auch Sohn Steffen
wurde hier groß. „Wir konnten ihn immer im Schlauchboot auf dem See beim
Baden beobachten.“
Seit 1965 sind Christa (73) und Bernd Machui (76) aus Dresden auf dem Platz: „Wenn andere in den FDGB-Urlaub fuhren, waren wir hier.“ Auch Sohn Steffen wurde hier groß. „Wir konnten ihn immer im Schlauchboot auf dem See beim Baden beobachten.“  © Eric Münch
Annelies Habich (73) und ihr Mann Egon (71) aus Schönfeld wohnen seit 1991
auf dem Platz. „2014 sind wir sogar einmal innerhalb der Anlage umgezogen,
um uns vergrößern zu können.“ Vor zwei Jahren haben sie das Dach neu gedeckt.
Annelies Habich (73) und ihr Mann Egon (71) aus Schönfeld wohnen seit 1991 auf dem Platz. „2014 sind wir sogar einmal innerhalb der Anlage umgezogen, um uns vergrößern zu können.“ Vor zwei Jahren haben sie das Dach neu gedeckt.  © Eric Münch