Wird dieses Bundesland zum nächsten Silicon Valley?

Frankfurt am Main - Die hessische Landesregierung sieht sich im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnik auf dem richtigen Weg und hat sich ambitionierte Ziele gesetzt.

Digitalministerin Kristina Sinemus (59, CDU) machte sich am Montag im Gespräch mit Telehouse-Deutschland-Chef, Béla Waldhauser (59), selbst ein Bild von der aktuellen Lage.
Digitalministerin Kristina Sinemus (59, CDU) machte sich am Montag im Gespräch mit Telehouse-Deutschland-Chef, Béla Waldhauser (59), selbst ein Bild von der aktuellen Lage.  © DPA/Jana Glose

"Diese Branche bildet das Rückgrat der Digitalisierung der Wirtschaft, nicht nur in Hessen", sagte die Digitalministerin Kristina Sinemus (59, CDU) am Montag in Frankfurt am Main. Die Zukunft ist digital." Eine verantwortungsvolle und nachhaltige Digitalisierung sei der Schlüssel zum Umgang mit immer schnelleren Veränderungen.

"Unser Ziel ist es, Hessen zum Silicon Valley Europas weiterzuentwickeln", erklärte Sinemus bewusst. Das Silicon Valley in Kalifornien gilt als globales Zentrum für digitale Technologie und Innovation. Die Opposition im Landtag warnte derweil vor einer Überregulierung, etwa bei den Rechenzentren.

Wie das Ministerium auf Basis statistischer Daten mitteilte, war die Zahl der Mitarbeitenden in der hessischen Branche für Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) zuletzt deutlich gestiegen - und zwar von 93.000 im Jahr 2015 auf 120.000 im Jahr 2021.

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Zugleich sei der Gesamtumsatz der Branche zwischen 2015 und 2020 hessenweit um 50 Prozent auf knapp 34 Milliarden Euro angewachsen. Nach einer krisenbedingten Stagnation 2020 hätten die Zahlen dann wieder erneut zugelegt: "2022 wurde voraussichtlich ein Umsatz von 39 Milliarden Euro generiert", hieß es.

Laut einer von Sinemus vorgestellten Studie sind die meisten Mitarbeitenden (mehr als 100.000) im Bereich IKT-Dienstleistungen tätig, zu der etwa die IT-Beratung oder Web- und Datenbanklösungen zählen.

Digitalministerin Sinemus: "Ziel ist es, Hessen zum Silicon Valley Europas weiterzuentwickeln"

Grüne LEDs leuchten nach der Vorstellung einer Studie zur Situation der Informations- und Kommunikationstechnikbranche in Hessen in einem Rechenzentrum der Telehouse Deutschland GmbH in einem Serverraum.
Grüne LEDs leuchten nach der Vorstellung einer Studie zur Situation der Informations- und Kommunikationstechnikbranche in Hessen in einem Rechenzentrum der Telehouse Deutschland GmbH in einem Serverraum.  © dpa/Sebastian Gollnow

Dahinter folgt der Bereich Warenproduktion (Herstellung von elektronischen Bauteilen) mit mehr als 12.000 Beschäftigten. Insgesamt arbeitet demnach knapp ein Drittel aller Beschäftigten in Frankfurt, gefolgt von Darmstadt und dem Main-Taunus-Kreis.

Aber was zeichnet Hessen in Sachen Digitalisierung aus? Das Ministerium verweist darauf, dass etwa Darmstadt im letzten Jahr bei einem bundesweiten Ranking der besten Smart Cities den fünften Platz belegte. Dort habe sich mit dem nationalen Forschungszentrum für angewandte Cybersicherheit "Athene" ein Standort für Internetsicherheit entwickelt.

Den Angaben zufolge befindet sich in Hessen ein Drittel aller deutschen Rechenzentrumskapazitäten. Besonders Frankfurt nimmt hierbei eine führende Rolle ein: So ist mit dem DE-CIX einer der größten Internetknoten der Welt in der Mainmetropole ansässig.

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Dieser hatte 2022 den Angaben zufolge einen neuen Rekord beim Datendurchsatz aufgestellt und zum ersten Mal die Grenze von 14 Terabit pro Sekunde überschritten. Das entspreche über drei Millionen gleichzeitig gestreamter Live-Videos in HD-Qualität, hieß es.

Die Stadt hatte bereits im vergangenen Jahr angekündigt, die Nutzung der großen Mengen an Abwärme voranzutreiben, die von den Zentren ausgeht. Konkret entsteht derzeit gegenüber des Rechenzentrums Telehouse im Stadtteil Gallus das Westville-Quartier.

Die rund 1330 Wohneinheiten sollen bis Mitte 2025 größtenteils über Abwärme beheizt werden.

Ein Drittel aller deutschen Rechenzentrumskapazitäten befindet sich in Hessen

Ministerin Sinemus spricht im Rahmen der Vorstellung der Digitalstudie.
Ministerin Sinemus spricht im Rahmen der Vorstellung der Digitalstudie.  © dpa/Sebastian Gollnow

Auch die hessische Gründerszene sei stark von der IKT-Branche geprägt, betonte Sinemus. Demnach ordneten 39,1 Prozent aller Start-ups in Hessen ihr Kerngeschäft im Jahr 2020 der Informations- und Kommunikationstechnologie zu. Zum Vergleich: Bundesweit liegt der Wert laut der Studie bei 31,8 Prozent.

Kritik kam unterdessen von der Opposition im Landtag. Es stelle sich die Frage, warum die Ministerin vier Jahre benötigt, um Zahlen der statistischen Ämter auszuwerten und zu präsentieren, sagte der digitalpolitische Sprecher der SPD-Fraktion Bijan Kaffenberger (33).

"Es scheint fast so, als hätte die Ministerin die Branche erst jetzt entdeckt und möchte sich nun zum Ende der Legislaturperiode mit fremden Federn schmücken." Denn zur Ansiedelung der Rechenzentren im Rhein-Main-Gebiet habe die Landesregierung nichts beigetragen.

Es sei wichtig, die Rechenzentren zu unterstützen und ihnen die Arbeit möglichst leicht zu machen, statt sie durch Überregulierung zu vertreiben, betonte der digitalpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Oliver Stirböck (55).

"Tatsächlich droht der Exodus der Rechenzentren nach Skandinavien, weil sie dort bessere Bedingungen vorfinden."

Titelfoto: dpa/Sebastian Gollnow

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