Heftiger Wilke-Wurst-Hammer! Schimmel und übelste Zustände gab es schon jahrelang

Twistetal - Wursthersteller Wilke sorgte vergangenes Jahr für einen deutschlandweiten Skandal, nachdem 37 Menschen nach dem Verzehr der Produkte an Listerien erkrankten. Für drei Menschen ging diese Infektion sogar tödlich aus.

Der Betrieb wurde 2019 geschlossen.
Der Betrieb wurde 2019 geschlossen.  © Uwe Zucchi/dpa

Nun kam heraus: Bereits zwischen den Jahren 2015 und 2017 wurden die Missstände in dem Betrieb fotografisch dokumentiert! Verschimmelte Wurst, dreckige Fleischverarbeitungsmaschinen: Rund 830 Fotos belegen laut dem "HR" die gravierenden und widerlichen Hygienemängel in dieser Zeit.

Die erschreckenden Fotos sollen bei morgendlichen Hygienekontrollen entstanden sein und mehrfach Geräte, an denen vergammelte Fleischreste hängen, von Schimmel überzogene Würste oder auch auf dem Boden liegenden Müll deutlich zeigen.

Zugespielt wurden die Aufnahmen Andreas Kampmann von der Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG). Er zeigt sich bezüglich der Fotos erschüttert: "Sie (die Lebensmittelkontrolleure, Anm. d. Red.) haben davon offensichtlich keine Kenntnis gehabt, haben es nicht gesehen oder haben es nicht sehen wollen. Fakt ist, es hat über Jahre stattgefunden, und es hat keine Folgen gehabt."

Der Wilke-Skandal und seine Folgen

Wilke-Wurst landete auch in Kantinen und Schnellrestaurants.
Wilke-Wurst landete auch in Kantinen und Schnellrestaurants.  © Uwe Zucchi/dpa

Vor einem halben Jahr sorgte die Wilke Waldecker Fleisch- und Wurstwaren GmbH & Co. KG für einen Lebensmittelskandal: Am 2. Oktober 2019 teilte der für die Lebensmittelüberwachung zuständige Landkreis Waldeck-Frankenberg mit, dass man den Fleischhersteller mit 200 Mitarbeitern geschlossen habe. Auslöser waren die Zustände vor Ort.

In entsprechenden Waren seien mehrfach Listerien nachgewiesen worden. Todesfälle würden deshalb mit Wilke-Produkten in Verbindung gebracht. Die Keime können bei geschwächtem Immunsystem lebensgefährlich sein - und waren dies wohl auch.

Es folgte eine weltweite Rückrufaktion.

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Bei dieser wurde schnell die Nachvollziehbarkeit des Wegs der Wurstwaren in den Handel zum Streitpunkt. Hieß es anfangs, das Fleisch sei nur unter dem Firmennamen verkauft worden, wurde schnell klar: Wilke-Wurst landete auch in Kantinen, Schnellrestaurants, Handelsmarken.

Immer wieder forderte die Verbraucherorganisation Foodwatch die Offenlegung aller Informationen zu Verkaufsstellen.

Verdacht der fahrlässigen Tötung, der fahrlässigen Körperverletzung

In die Kritik gerieten auch die Lebensmittelkontrolleure: Verbraucherschutzministerin Priska Hinz (Grüne) und der Landkreis Waldeck-Frankenberg räumten Fehler auf allen Ebenen ein.

Unter anderem leitete das Ministerium eine Nachricht des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit über eine Verbindung von Wilke-Produkten zu Krankheitsfällen Tage zu spät an den Kreis weiter. Dieser hatte laut Ministerium deutlich zu wenig kontrolliert und unzureichend über Hygiene-Missstände bei Wilke berichtet.

Der Fleischskandal weitete sich aus. Prüfberichte schilderten Ekeldetails von unhaltbaren Zuständen im Betrieb. Wilke wurde zu einem Fall für die Justiz: 37 Krankheitsfälle, darunter drei Todesfälle, werden mit Produkten der Firma in Verbindung gebracht. Die Staatsanwaltschaft Kassel ermittelt gegen Geschäftsführer, stellvertretende Geschäftsführerin und Produktionsleiter.

"Neben dem Verdacht der fahrlässigen Tötung, der fahrlässigen Körperverletzung und des Verstoßes gegen das Lebensmittel- und Futtergesetzbuch besteht nunmehr auch der anfängliche Verdacht des gewerbsmäßigen Betruges gegen die Beschuldigten", sagt Justizsprecher Andreas Thöne. Ob und wann es zur Anklage kommt, ist unklar.

Titelfoto: Uwe Zucchi/dpa

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