Mit 81 steht Walther noch im Laden: Friseur-Meister liebt seinen Beruf seit mehr als 60 Jahren

Wolferstedt - Eigentlich ist Friseurmeister Walther Heineck (81) schon lange Rentner. Aber sein Beruf begeistert ihn noch immer und bei seinen Kunden in Wolferstedt (Sachsen-Anhalt) ist er gefragt. Dass er 81 Jahre alt ist, sieht man ihm nicht an. Offenbar hält ihn die Arbeit jung. "Wenn ich im Laden frisiere, fühle ich mich fit und mir fehlt nichts", sagt Heineck.

Mit Haarschnitten und Frisuren kennt sich Walther Heineck (81) aus, er ist seit fast 60 Jahren Friseurmeister.
Mit Haarschnitten und Frisuren kennt sich Walther Heineck (81) aus, er ist seit fast 60 Jahren Friseurmeister.  © Hendrik Schmidt/dpa

Seit 66 Jahren frisiert er Damen und Herren. Und das nicht einfach so, sondern mit viel Liebe zum Detail. Auch Hausbesuche für Stammkunden sind dabei.

"1964 legte ich meine Meisterprüfung ab und danach war ich 25 Jahre in der Kommission für Meisterprüfungen tätig", sagt Heineck. "Ich habe von den Prüflingen nichts verlangt, was ich nicht selber konnte. Das gehörte zu meiner Handwerkerehre."

Für den Meister bedeutet das Friseurhandwerk nicht einfach Haare schneiden. Frisuren auf den Köpfen entstehen zu lassen, das erfordert Erfahrung und in früheren Zeiten auch einen enormen Aufwand.

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"Bei einer nicht fachgerechten Dauerwelle konnte schon mal das Haar durch Hitze geschädigt werden. Heute ist das durch spezielle Haarlösungen einfacher", sagt Heineck.

Neben der Arbeit hält er in der Region des Mansfelder Landes auch anschauliche Vorträge zu den Frisuren im Wandel der Zeiten. Seinem Publikum zeigt er die Kreationen der letzten 100 Jahre anhand zahlreicher "Postichköpfe", das sind mit Perücken überzogene Übungsköpfe.

Dazu gehört die "Charleston-Frisur" von 1925 und die "Olympia-Welle" von 1936 aber auch "Entwarnung", eine Modefrisur, die nach dem Kriegsende aufkam und bei der die Haare von unten nach oben frisiert wurden. "Eine Anspielung, dass der Bombenkrieg vorbei ist und die Menschen aus Luftschutzkellern kommen können", sagt der Meister.

Friseurmeister Walther Heineck ist bis heute mit Leidenschaft dabei

Seine Kundin Doris Funke ist begeistert vom Friseur ihres Vertrauens.
Seine Kundin Doris Funke ist begeistert vom Friseur ihres Vertrauens.  © Hendrik Schmidt/dpa

Neben der Theorie gibt es bei seinen Vorträgen auch praktische Anschauung. Wer möchte, bekommt bei den Veranstaltungen kostenlos von Heineck einen neuen, modernen Haarschnitt. Das Angebot wird stets gern angenommen.

"Herr Heineck nutzt seine Arbeit, um Werbung für seinen Berufsstand zu machen, solche Berufsorientierungsmaßnahmen werden immer gebraucht", sagt der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Halle, Jens Schumann. "Das er mit soviel Leidenschaft arbeitet, ist hoch anzuerkennen."

"Ich bin nicht im Gestern verhaftet, aber ich möchte, dass die Tradition des Berufes nicht in Vergessenheit gerät", sagt der Meister. Er erinnerte daran, dass alles mit dem Formen von Haaren mit der Brennschere anfing. Die Ondulation wurde 1872 in Paris vom Friseur Marcel Grateau (1852–1930) erfunden.

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Später kamen "Wasserwellen", bei der die Haare mit speziellen Klemmen – sogenannte "Wellenreiter" – in Form gebracht wurden hinzu. Ebenso gab es die "Lockenwelle" und die "Dauerwelle".

Aber der Meister denkt nicht nur an die Vergangenheit. "Ich gehe auf die Wünsche der Menschen ein. Gefragt sind zum Beispiel moderne Frisuren bei jungen Leuten, die Jugendweihe feiern", sagt er.

Walther Heineck will arbeiten, "bis mir die Schere aus der Hand fällt"

Noch immer übt der Rentner seinen Beruf gern aus. Er sagt, wenn er arbeiten darf, geht es ihm gut.
Noch immer übt der Rentner seinen Beruf gern aus. Er sagt, wenn er arbeiten darf, geht es ihm gut.  © Hendrik Schmidt/dpa

Seine Kundschaft ist begeistert. "Das Alter sieht man ihm nicht an, aber im Salon steht er seinen Mann", sagt Doris Funke aus Mittelhausen. Und Heidi Brauchmüller aus Wolferstedt meint: "Freundlich und lachend ist Herr Heineck bekannt, das alles mit Kamm und Schere in der Hand."

Heineck wurde 1942 in Kroatien geboren und kam mit seiner Mutter nach dem Krieg in das Mansfelder Land. Seine Frau heiratete er im Jahr 1964. Sie hilft ihm heute im Laden.

"Natürlich möchte ich so lange wie möglich arbeiten, eben bis mir die Schere aus der Hand fällt und vielleicht werde ich 100 Jahre alt", sagt Heineck scherzhaft.

Andererseits fragen ihn einige Leute, warum er immer noch arbeitet. Sie wollen wissen, ob er es nötig hat. Aber Heineck ist der Meinung, dass der größte Feind des Alterns die Untätigkeit ist. "Es kommt nicht darauf an, alt zu werden, sondern wie man alt wird", sagt er.

Die Zahl der Menschen, die das Friseurhandwerk lernen, ist stark rückläufig. Nach Angaben des Statistischen Landesamtes (Halle) gab es im Jahr 2011 noch 702 Auszubildende, im Jahr 2021 waren es nur noch 231 junge Menschen, die landesweit eine Friseurlehre absolvierten.

Von Heinecks drei Söhne übernimmt keiner den Laden. "Sie wohnen in der Gegend und haben andere Berufe. Das Handwerk wurde ja früher nicht gefördert", sagt Heineck.

Titelfoto: Hendrik Schmidt/dpa

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